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Physik

Erster Supraleiter aus Nickeloxid

Exotische Nickelverbindung könnte auf ganz neue Klasse von Supraleitern hindeuten

NIckelat-Supraleiter
Durch gezielte Umwandlung eines Perowskit-Nickeloxids in eine neue, strontiumhaltige Kristallstruktur erzeugten die Forscher eine neue Art von Supralreiter. © Danfeng Li/ SLAC National Accelerator Laboratory, Stanford University

Exotischer Kristall: Forscher haben erstmals supraleitende Eigenschaften bei einem Nickeloxid nachgewiesen. Bei tiefen Temperaturen verlor dieses strontiumhaltige Nickelat seinen elektrischen Widerstand und leitete Elektronen verlustfrei. Damit könnte dieser Typ von Nickelverbindungen eine ganz neue Klasse von Supraleitern bilden – und wertvolle Einblicke in die Mechanismen hinter dieser exotischen Eigenschaft liefern, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.

In Supraleitern können sich Elektronen fast ohne Energieverlust bewegen, diese Materialien leiten daher Strom nahezu widerstandsfrei. Typischerweise tritt dieser Zustand erst bei Temperaturen nahe am absoluten Nullpunkt auf. Es gibt aber einige Materialien, die schon bei deutlich höheren Temperaturen supraleitend werden, darunter Graphen, Metallhydride, Schwefelwasserstoff und bestimmte Kupferverbindungen, die sogenannten Cuprate.

Nickel im Visier

Doch noch haben die Forscher den „heiligen Gral“ unter den Supraleitern nicht gefunden – ein Material, das bei Raumtemperatur und normalem Druck Elektronen verlustfrei leiten kann. Unter anderem deshalb fahnden sie im Periodensystem nach weiteren Elementen, deren Verbindungen diese Eigenschaft zeigen könnten. Das Problem allerdings: Warum diese Materialien supraleitend werden, ist bis heute nur teilweise verstanden.

Einen besonders vielversprechenden Kandidaten haben nun Danfeng Li vom SLAC National Accelerator Laboratory in Menlo Park und seine Kollegen untersucht: Nickel, das Element, das im Periodensystem direkt neben Kupfer steht. Dieses Element kann Oxide bilden, sogenannte Nickelate, die unter bestimmten Bedingungen eine den Cupraten sehr ähnliche Kristallstruktur besitzen. Das könnte auch sie zu guten Hochtemperatur-Supraleitern machen, so die Hoffnung.

Umschichtung im Nickeloxid-Kristall

Das Problem jedoch: Bisher scheiterten Forscher dabei, die Nickelate in die gewünschte Struktur zu bringen. „Bei den hohen Temperaturen, unter denen diese Materialien normalerweise entstehen, rund 600 Grad, ist dieses Nickelat nicht stabil“, erklärt Li. „Daher mussten wir mit einer Verbindung beginnen, die wir stabil bei dieser Hitze erzeugen konnten und dann diese bei niedrigeren Temperaturen in die gewünschte Form umwandeln.“

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Dafür begannen die Forscher mit einem neodymhaltigen Nickeloxid (NdNiO3), von dem sie ultradünne Kristallschichten auf einer Unterlage aus Strontium-Titanoxid (SrTiO3) züchteten. In mehreren Schritten wandelten sie dann diese Ausgangsstruktur in ein strontiumhaltiges Nickelat um. Dabei veränderte sich die Struktur dieses Materials so, dass eine „Infinite-Layer“-Phase entstand – eine Kristallstruktur, die die Supraleitung begünstigt.

Supraleitend, aber anders als Cuprate

Und tatsächlich: Als die Wissenschaftler dieses Nickelat immer weiter herunterkühlten und unter Strom setzen, brach der elektrische Widerstand plötzlich zusammen. Unterhalb von 14,5 Kelvin – minus 258,6 Grad Celsius – wurde das mit Strontium dotierte Nickelat supraleitend. Damit ist klar: Nicht nur Cuprate, sondern auch bestimmte Nickelate können zu Supraleitern werden.

Das Spannende daran: Die Nickelate unterscheiden sich in einigen elektrochemischen Merkmalen von den Cuprat-Supraleitern, so sind sie beispielsweise nicht magnetisch. Dies deutet darauf hin, dass die physikalische Basis für ihren Widerstandsverlust möglicherweise eine andere ist als bei den Cuptraten, wie Li und seine Kollegen erklären.

Neue Klasse von Supraleitern?

„Das ist eine wichtige Entdeckung, denn sie zwingt uns dazu, die Details der Elektronenstruktur und der Supraleitungs-Mechanismen bei diesen Materialien zu überdenken“, schreibt George Sawatzky von der University of British Columbia in einem begleitenden Kommentar in „Nature“. Sowohl er als auch das Forscherteam halten es für durchaus wahrscheinlich, dass sich hinter diesem Nickelat eine ganz neue Art und Klasse von Supraleitern verbergen könnte.

Noch ist die Sprungtemperatur des Nickelats – der Übergang zum Supraleiter – sehr niedrig. Doch die Wissenschaftler gehen davon aus, dass es wie bei den Cupraten auch bei diesen Nickeloxiden Formen geben könnte, die Hochtemperatur-Supraleiter bilden. „Wir stehen hier noch ganz am Anfang“, betont Seniorautor Harold Hwang vom SLAC. „Es liegt noch einiges an Arbeit und Experimenten vor uns.“ (Nature, 2019; doi: 10.1038/s41586-019-1496-5)

Quelle: DOE/SLAC National Accelerator Laboratory

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