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Nanotechnologie

Erster Elektromotor aus DNA-Material

Molekulare Ratsche kann elektrische Energie in Drehbewegung umsetzen

DNA-Nanomotor
Der Nanomotor wird aus drei Bauteilen zusammengesetzt – die Struktur der Zwischenplatform ist dabei entscheidend für die Funktion. © Anna-Katharina Pumm / TU München

Erbgut als Motor: Wissenschaftler haben erstmals das Erbmolekül DNA zu einem Elektromotor im Nanomaßstab umfunktioniert. Dafür setzten sie mehrere DNA-Stränge so zusammen, dass sie ein Podest mit Rotor-Arm bildeten. Wird nun Spannung angelegt, beginnt sich der DNA-Rotor zu bewegen und in eine Richtung zu drehen, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten. Der neue Nano-Elektromotor eröffnet die Möglichkeit, Nanoprozesse und chemische Reaktionen auf neue Art anzutreiben.

Motoren nehmen der Menschheit seit mittlerweile einigen Jahrhunderten Arbeit ab. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, verschiedene Formen von Energie in Bewegung umzuwandeln – auch im kleinstem Maßstab. Mittlerweile gibt es Nanomotoren, die nur einen Nanometer groß sind, und solche, die aus dem Erbgut-Molekül DNA gebaut wurden. Letztere waren bisher allerdings nur in der Lage, Bewegung aus chemischer Energie zu erzeugen – nicht aus elektrischer.

Origami mit Erbgut-Molekülen

Ein Team um Erstautorin Anna-Katharina Pumm von der TU München hat nun einen funktionierenden Elektromotor in Nanogröße konstruiert, der aus DNA besteht. Um den molekularen Motor zusammenzusetzen, wandten die Wissenschaftler das sogenannte DNA-Origami an. Bei dieser Konstruktionsmethode dienen mehrere lange Erbgut-Einzelstränge als Grundgerüst, an denen sich dann weitere komplementäre DNA-Abschnitte anlagern. Die Sequenzen der Moleküle werden dabei so gewählt, dass durch die Anlagerungen und Faltungen die gewünschten Strukturen entstehen.

„Wir arbeiten bereits seit vielen Jahren mit dieser Methode und können inzwischen sehr präzise auch komplexe Objekte, wie zum Beispiel molekulare Schalter und Hohlkörper, die Viren einfangen können, entwickeln. Gibt man die DNA-Stränge mit den entsprechenden Sequenzen in Lösung, setzen sich die Objekte von selbst zusammen“, erklärt Seniorautor Hendrik Dietz von der TU München.

Sockel, Plattform, Rotor

Für ihren neuen DNA-Motor haben die Forscher mit der Origami-Technik drei Komponenten gebaut. Als Grundlage dient ihnen ein etwa 40 Nanometer hoher Sockel, der mithilfe von Polyethylenglycol auf einer Glasplatte verankert wird. Auf dem Fuß wird dann eine 13 Nanometer dicke DNA-Plattform montiert, die den Sockel mit einem 500 Nanometer langen Rotorarm aus DNA verbindet. Die Struktur des Zwischenelements ist dabei für die Funktion des Motors verantwortlich.

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Grundsätzlich funktioniert der DNA-Motor wie eine Art Ratsche. In der Zwischenplattform gibt es dafür Hindernisse, die den drehbar gelagerten Arm in seiner Rotation einschränken. Ohne gezielte Energiezufuhr bewegt sich der Rotor zufällig und ungesteuert, da er nur von den Kollisionen mit Molekülen des Lösungsmittels beeinflusst wird. Sobald jedoch über zwei Elektroden eine Wechselspannung angelegt wird, dreht sich der Arm gezielt und kontinuierlich in die gewünschte Richtung. Über die Feldrichtung und die Frequenz und Amplitude der Spannung können die Wissenschaftler schließlich die Geschwindigkeit und Richtung der Rotation beeinflussen.

„Technisch unerreichte Fähigkeiten“

„Der neue Motor hat technisch bisher unerreichte mechanische Fähigkeiten“, sagt Koautor Ramin Golestanian vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen. „Er kann Drehmomente im Bereich von 10 Piconewton-mal-Nanometer erzielen. Und er kann mehr Energie pro Sekunde erzeugen, als bei der Spaltung von zwei ATP-Molekülen freigesetzt wird.

Die Wissenschaftler hoffen, dass der von ihnen entwickelte Motor zukünftig konkrete technische Aufgaben, wie das Umwandeln von elektrischer in chemische Energie übernehmen wird. „Wir könnten damit eventuell chemische Reaktionen nach dem Vorbild der ATP-Erstellung antreiben. Man könnte beispielsweise Oberflächen dicht mit solchen Motoren beschichten“, erklärt Dietz. „Dann gibt man Ausgansstoffe hinzu, legt ein wenig Wechselspannung an und die Motoren produzieren die gewünschte chemische Verbindung.“ (Nature, 2022; doi: 10.1038/s41586-022-04910-y)

Quelle: Technische Universität München

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