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Geowissen

Erdbeben durch schmelzendes Eis

Ursache für Erdbebenserie auf der Tetonstörung am Ende der letzten Eiszeit entdeckt

Die über 4000 Meter hohen Teton-Berge in Wyoming, USA © Ralf Hetzel

Abschmelzende Eisschilde führen nicht nur zu einer schnellen Hebung und Aufwölbung der Erdoberfläche als Folge der Entlastung, sondern auch zu starken Veränderungen des Spannungsfeldes in der Erdkruste. So hat das Tauen des gewaltigen Eispanzers, der während der letzten Eiszeit über dem Yellowstone Nationalpark lag, Erdbeben in der Region begünstigt und damit zur Entstehung der Teton Mountains mit ihren über 4.000 Meter hohen Gipfel beigetragen. Das hat jetzt ein internationales Geowissenschaftlerteam herausgefunden.

Die Forscher ließen die Aktivitäten der Erdkruste unter Einfluss der Eisdecke im Computer ablaufen und wiesen so den starken Einfluss des Abschmelzens der Gletscher auf die Erdbebenhäufigkeit nach. Bisher hatte man diesen Effekt in der Forschung vernachlässigt, so die Wissenschaftler um Andrea Hampel aus Bochum, Münster und Durham (UK) in der Fachzeitschrift Geology.

Berühmt für ihre hohen Gipfel: die Teton Mountains

Die Bergkette der Teton Mountains in der nordöstlichen Basin-and-Range-Provinz der USA ist berühmt für ihr eindrucksvolles Relief – die höchsten Gipfel sind über 4.000 Meter hoch – und eine spektakuläre eiszeitlich geprägte Morphologie mit tiefen U-förmigen Tälern. Die schnelle Hebung der Bergkette um mehrere 1.000 Meter in den letzten Millionen Jahren ist auf wiederholte Erdbeben auf der Teton-Störung zurückzuführen, die an der Basis der Teton Mountains in Nord-Süd-Richtung verläuft.

Die Ostflanke der Teton Mountains in der nordöstlichen Basin-and-Range-Provinz, Wyoming, USA. Der höchste Gipfel dieser Bergkette (4197 Meter, rechts im Bild) ragt 2400 Meter über das Tal von Jackson Hole. Die seismisch aktive Teton-Störung verläuft an der Basis der Ostflanke der Teton Mountains. © Andrea Hampel

„Zurzeit ist die Teton-Störung seismisch ruhig, aber bis zu 50 Meter hohe Bruchstufen an der Ostflanke der Teton Mountains sowie paläoseismologische Daten belegen ein gehäuftes Auftreten von Erdbeben am Ende der letzen Eiszeit vor etwa 14.000 Jahren“, erklärt Andrea Hampel vom Institut für Geologie, Mineralogie und Geophysik der RUB.

Gewicht des Eises lastet auf der Erdkruste

Warum es während dieser Periode so viele Erdbeben gab, haben sie und ihre Kollegen Professor Ralf Hetzel, Universität Münster, und Alexander L. Densmore, Universität Durham, England, nun berechnet.

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Im Computer rekonstruierten sie die Situation der betreffenden Region während der letzten Eiszeit. Dabei zeigte sich, dass die bis zu 1.100 Meter dicke Eisschicht, die eine Fläche von rund 16.500 Quadratkilometern bedeckte, mögliche Erdbeben während der Kaltzeit verhinderte.

Erdkruste bog sich durch

„Die dicke Eisschicht lastete so schwer auf der Erdoberfläche, dass sie die Erdkruste bis zu 90 Meter durchbog“, erläutert Hampel. Das wiederum hatte Einfluss auf die Spannungsverhältnisse. Beim Schmelzen der Eisdecke und der Gletscher in den Teton Mountains kehrte die Erdkruste in ihre ursprüngliche Lage zurück. Die damit zusammenhängenden Spannungsänderungen begünstigten das Auftreten von Erdbeben.

„Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Seismizität der Erdkruste durch das Abschmelzen großer Gletscher und Eisschilde entscheidend beeinflusst werden kann“, fasst Hampel die neuen Erkenntnisse zusammen. Sie werfen aber auch die Frage auf, ob das derzeitige Abschmelzen von Inlandeis – zum Beispiel in Grönland – in Zukunft Erdbeben auslösen könnte.

(idw – Ruhr-Universität Bochum/Universität Münster, 22.11.2007 – DLO)

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