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Physik

„Elektronentanz“ mit neuartiger Choreographie

Erstmals Phasenübergang in Gruppe-5-Element beobachtet

Eine völlig neue Art des Elektronenverhaltens haben Wissenschaftler im Element Wismut entdeckt. Wie sie in der Fachzeitschrift „Science“ berichten, führten die Elementarteilchen eine Art Tanz auf, wenn sie einem starken Magnetfeld und ultrakalten Temperaturen ausgesetzt wurden. Die Entdeckung dieses Phasenübergangs könnte zukünftig zu neuen Arten elektronischer Anwendungen führen.

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Normalerweise kommen Elektronen im Element Wismut in drei deutlich von einander getrennten Zuständen vor. In einem neuen Experiment, durchgeführt von einem Forscherteam verschiedener amerikanischer Universitäten unter Leitung von N. Phuan Ong, Professor für Physik an der Princeton Universität, beobachteten Forscher nun erstmals eine Überlagerung aller drei Eigenschaften und abrupte Wechsel zwischen ihnen.

Für ihr Experiment balancierten die Wissenschaftler einen Kristall aus hochreinem Wismut auf der Spitze eines winzigen goldenen Auslegerarms. Das Ganze setzten sie einem extrem starken Magnetfeld von 45 Tesla aus – eine Million mal stärker als das Magnetfeld der Erde und kühlten es stark ab. Gemessen wurden dann winzige Veränderungen in der Biegung des Goldbalkens, wenn sich das Magnetfeld änderte. Aus den Messergebnissen schließen die Forscher, dass die Elektronen im Wismut ein sehr ungewöhnliches Verhaltensmuster an den Tag legten. Sie führten, wie es Ong ausdrückt, „eine Art Tanz“ auf verbunden mit plötzlichen Änderungen im Verhalten des Materials.

Abrupter Übergang zu anderem Verhalten

„Das ist ähnlich, als wenn wir Passagiere beobachten, wie sie durch die Grand Central Station in New York strömen und dabei jeder in seine Richtungen geht“, erklärt Ong. „Dann plötzlich ertönt eine Pfeife und wir sehen, wie sie plötzlich alle zum gleichen Zug rennen. Das ist ein Beispiel für so einen abrupten Übergang zu kollektivem Verhalten.“

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Die plötzliche Verhaltensänderung ist gleichzeitig der erste experimentelle Beleg für einen solchen Phasenübergang bei einem Element aus der fünften Gruppe des Periodensystems. „Das ist aufregend, weil es zwar vorhergesagt war, aber niemals zuvor belegt worden ist”, so Thomas Rieker, Leiter des Materialforschungsprogramms der National Science Foundation. „Es könnte zu neuen Paradigmen in Computertechnik und Elektronik führen.“

„Türöffner“ zu neuen elektronischen Anwendungen

Die Beobachtung dieses „kollektiven Zustands“ bei den Elektronen gleicht in Ongs Augen einem der Wunder der Natur. Ein solches Verhalten könne, so der Forscher, nur durch die Regeln der Quantenphysik erklärt werden. Es ist zwar schon länger bekannt, dass Elektronen in einem komplexen kristallinen Feststoff wie dem Wismut sich schneller bewegen als in konventionellen Materialien. Im Wismut macht diese „relativistische“ Eigenschaft sie zu guten Kandidaten für zukünftige Anwendungen wie Quantencomputer oder andere elektronische Bauteile auf quantenmechanischer Basis.

„Auf dem Weg zu immer kleineren und schnelleren Transistoren versuchen Physiker und Ingenieure das Quantenverhalten von Elektronen zu zähmen“, erklärt Ong. „Forschung an Wismut und Graphen, einem weiteren Material, könnten neue Ergebnisse liefern, die den Werkzeugkasten der Quantenforscher erweitert.“ Wenn es den Wissenschaftlern gelingt, das Verhalten der Elektronen im Wismut genau zu dokumentieren und damit auch ihren Weg durch das Material genau vorherzusagen, könnte sie diese Eigenschaften gezielt für elektronische Systeme manipulieren.

(Princeton University, 28.07.2008 – NPO)

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