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Physik

Elektronen im „Schneckentempo“

Exotische Eigenschaften am absoluten Nullpunkt

Ja, ich will – oder doch nicht? Nicht nur bei uns Menschen gibt es entscheidungsfreudigere oder weniger entscheidungsfreudige. Auch bei manchen Materialien – den so genannten „Schwere-Fermionen“ – haben Forscher entdeckt, dass sie sich nahe am absoluten Nullpunkt nicht entscheiden können, ob sie in einen Zustand magnetischer Ordnung übergehen möchten oder ungeordnet bleiben wollen.

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Das „Schneckentempo“ dieser Teilchen gibt Forschern beispielsweise die berechtigte Hoffnung, in Zukunft leistungsfähige Kühlelemente bauen zu können, die keine beweglichen Teile besitzen und sogar Wärme direkt in Elektrizität umwandeln, wie sie etwa bei der Abwärme in Fahrzeugen entsteht. Auf diese Teilchen setzen Physiker in aller Welt daher im wahrsten Sinne des Wortes schwerwiegende wissenschaftliche Hoffnungen. Sie werden vom 26. bis 30. Juli 2005 bei der International Conference on Strongly Correlated Electron Systems (SCES’05) an der TU Wien diskutiert.

Elektronen langsamer, weil schwerer

Der wichtigste mikroskopische Grund für das Auftreten der großen Vielfalt von Phänomenen in solchen Systemen liegt darin, dass die wechselwirkenden Elektronen eine wesentlich erhöhte Masse aufzuweisen scheinen. Sie kann bis zu 1.000-fach größer sein, als sie Elektronen in einfachen metallischen Systemen besitzen. In Bezug auf die Geschwindigkeit dieser Teilchen bedeutet das, dass ihre Geschwindigkeit substanziell reduziert ist. Die Elektronen als Ladungsträger legen sozusagen einen „Kriechgang“ ein und bewegen sich fast im sprichwörtlichen Schneckentempo.

Einen Durchbruch bei diesen Materialien, die auf Grund ihrer hohen effektiven Massen auch „Schwere-Fermionen“ genannt werden, stellt die Entdeckung dar, dass sich viele dieser Verbindungen nahe einer magnetischen „Instabiliät“ befinden. Sie können sich bis zu den tiefsten Temperaturen, das heißt nahe am absoluten Nullpunkt nicht entscheiden, ob sie in einen Zustand magnetischer Ordnung übergehen möchten oder ungeordnet bleiben wollen. Durch Anwendung externer Parameter wie Druck oder Magnetfeld kann die Temperatur, unterhalb der die Substanz magnetisch ordnet, variiert werden. Die Forscher interessiert hier insbesondere der Wert jenes Parameters, bei dem das System erst am absoluten Temperaturnullpunkt ordnet.

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Vielversprechende Quantenübergänge

Ein derartiger „Quanten“-Phasenübergang unterscheidet sich wesentlich von klassischen Phasenübergängen wie dem Schmelzen von Eis bei 0°C, da er nicht durch thermische Fluktuationen sondern durch Quanten- Fluktuationen getrieben wird. Viele exotische Eigenschaften der Schwere-Fermionen-Verbindungen werden nun auf den Einfluss dieser Quanten-Fluktuationen zurückgeführt.

Es gibt auch Anhaltspunkte dafür, dass in der überaus anwendungsträchtigen Klasse der Hochtemperatur-Supraleiter Quanten- Phasenübergänge eine wesentliche Rolle spielen könnten. Da in diesen Systemen eine sehr robuste Supraleitung die Erforschung vieler grundlegender Phänomene erschwert, dienen Schwere-Fermionen-Systeme hier als geeignete Modellsysteme.

(Technische Universität Wien, 21.07.2005 – NPO)

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