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Nanotechnologie

Ein winkender Nanoroboter aus DNA

Neuer "Werkzeugkasten" erleichtert den Bau beweglicher DNA-Nanomaschinen

DNA ist ein gut geeigneter Baustein für Nanoroboter und -maschinen. © C. Hohmann / NIM

Ein Roboter mit beweglichen Armen, ein Buch, das sich öffnet und schließt und ein schaltbares Zahnrad – auf den ersten Blick scheint dies nichts Besonderes. Doch diese Objekte sind winzig klein und bestehen aus DNA. Mit Hilfe einer neuen Methode haben deutsche Forscher diese auf neue Weise flexiblen Nanoroboter konstruiert – und bereiten so den Weg für anwendbare Nanomaschinen mit beweglichen Teilen.

Der Trend in der Nanotechnologie geht hin zu Bauteilen, die sich selbstorganisiert zusammensetzen und die sich zudem durch möglichst einfach steuern lassen. Neben Minimotoren oder sogar einem Nano-Düsenantrieb aus Metall nutzen Forscher dabei vor allem Biomoleküle wie die DNA als Baumaterial. Denn ihre fast schon automatische Paarung komplementärer Basenbausteine sorgt von allein dafür, dass sich die Erbgutstränge miteinander verbinden.

Neue „Klebstoff“ macht Nanomaschinen beweglicher

Allerdings: „Wenn man mit DNA-Basenpaaren baut, erhält man stabile Bindungen, die aber schwer wieder zu lösen sind“, erklärt Hendrik Dietz von der TU München. „Bisher musste man deshalb dynamische, also bewegliche Strukturen sehr einfach gestalten, um mit möglichst wenig Basenpaaren auszukommen.“ Dietz und sein Team haben nun jedoch einen neuen DNA-„Klebstoff“ gefunden, der komplexere und beweglichere Nanomaschinen möglich macht.

Dafür adaptierten die Forscher zwei Techniken aus dem biomolekularen Werkzeugkasten der Natur: Zum einen die Art und Weise, wie Proteine zueinander komplementäre Formen nutzen, um wie ein Puzzleteil an andere Moleküle anzudocken, und zum anderen ihre Fähigkeit, relativ schwache Kontaktwechselwirkungen auszuformen, die bei Bedarf schnell wieder aufgelöst werden können.

Um auf dieser Basis eine bewegliche DNA-Nanomaschine herzustellen, programmieren die Forscher zunächst die Selbstmontage der dreidimensionalen, zueinander passend geformten Bausteine. Dann aktivieren sie einen schwachen, nur im Nahbereich wirkenden Bindungsmechanismus – das Stapeln von Nukleinbasen –, um diese Einheiten korrekt einzurasten. „Damit steht uns jetzt ein Portfolio von Wechselwirkungen mit klar abgestuften Bindungsstärken zur Verfügung, um mehrere Komponenten präzise in gewünschter Weise relativ zueinander zu positionieren,“ erklärt Dietz.

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Der Nanoroboter aus DNA bewegt seine Arme, wenn sich die Ionenkonzentration ändert. Oben MOdell, unten TEM-Aufnahme. © H. Dietz / TU München

Gesteuert durch Ionen oder Temperatur

Um ihre Methode zu präsentieren und deren Grenzen auszuloten, haben die Forscher bereits eine ganze Reihe verschiedener DNA-Objekte hergestellt. Die Spanne reicht von mikrometergroßen Fäden, die eine Ahnung von technologischen Flagellen – beispielsweise für die Fortbewegung – vermitteln könnten, bis hin zu Nanomaschinen mit beweglichen Teilen wie beispielsweise einem winzigen Roboter, der seine Arme öffnen oder schließen kann.

Gesteuert werden können die Zustände dieser Nanomaschinen über drei verschiedene Faktoren. So reagiert der Nanoroboter auf die Konzentration positiver Ionen in der Lösung: Je nach deren Gehalt öffnet der Roboter seine Arme oder schließt sie wieder. Eine zweite Möglichkeit ist die Veränderung der Temperatur: So ließen die Fortscher einen scherenartigen Aktuator über einen Zeitraum von vier Tagen mehr als tausendmal auf- und wieder zugehen, allein indem sie die Umgebungs-Temperatur erhöhten oder senkten.

LEGO im Nanomaßstab

„Wenn es uns jetzt noch gelingt, das temperaturgesteuerte mechanische Auf- und Zuklappen unserer Objekte an einen sich kontinuierlich entwickelnden Prozess anzukoppeln – wie bei einer Ratsche zum Beispiel –, dann sollten wir in der Lage sein, Nanomaschinen zu bauen und sie auch anzutreiben.“ Die Forscher hoffen, dass der neue Ansatz die Weiterentwicklung von DNA-Origami in Richtung praktischer Anwendbarkeit deutlich vereinfacht – ganz so, wie das Aufkommen höherer Programmiersprachen die Software-Technologie vorangetrieben hat.

Es sei ein bisschen wie das Bauen mit LEGO, meint Dietz: „Man gestaltet die Komponenten komplementär zueinander, und das ist eigentlich schon alles. Der ganze Aufwand, der mit Basenpaar-Sequenzen getrieben werden muss, um die Komponenten zu verbinden, entfällt.“ (Science, 2015; doi: 10.1126/science.aaa5372)

(TU München, 30.03.2015 – NPO)

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