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Technik

Drohnen: Keine Chance für Flugpiloten

Quadrocopter auf Kollisionskurs ist für Piloten im Landeanflug kaum zu sehen

FLugzeug im Landeanflug und Drohne
Drohnen sind für Flugzeuge vor allem bei Start und Landungn eine Gefahr – doch gerade dann werden sie von den Piloten nur selten gesehen. © olaser/ iStock.com

Unsichtbare Gefahr: Flugpiloten im Landeanflug haben kaum eine Chance, einer Drohne auf Kollisionskurs auszuweichen. Denn in zwei Drittel der Fälle übersehen sie einen nah neben der Landebahn fliegenden Quadrocopter, wie ein Experiment belegt. Schwebt die Drohne auf der Stelle, sinkt die Sichtbarkeit nur auf 13 Prozent. Doch selbst wenn die Gefahr erkannt wird, bleibt zu wenig Zeit für Gegenmaßnahmen, wie die Forscher berichten.

Drohnen sind nützliche Helfer: Sie überwachen Anbauflächen, spüren Schäden an Pipelines oder Zäunen auf oder transportieren Pakete und sondieren Katastrophengebiete. Gleichzeitig erfreuen sich die „fliegenden Augen“ auch im Freizeitbereich steigender Beliebtheit. Doch die massenhafte Zunahme von Quadrocoptern und Co birgt auch ein Risiko: Trotz strenger Flugverbote in der Nähe von Flughäfen und Einflugschneisen kommt es immer wieder zu gefährlichen Beinahe-Kollisionen mit Flugzeugen.

Drohne
Sehen Sie die Drohne? Kleiner Tipp: Sie ist weiß und fliegt eher niedrig. © Name /CC-by-sa 4.0

Absturz nicht ausgeschlossen

„Gefährliche Begegnungen zwischen Flugzeugen und Drohnen werden ein immer häufigeres Problem“, sagt Ryan Wallace von der Embry-Riddle-Aeronautical University. So wurden im Jahr 2018 in den USA schon mehr als 2.300 Sichtungen naher Drohnen durch Piloten gemeldet. „Noch besorgniserregender jedoch ist die Zahl der gemeldeten Begegnungen während der Endphase des Landeanflugs“, so Wallace. Allein am Flughafen von Los Angeles gab es im zweiten Halbjahr 2015 17 solcher Vorfälle.

Das Problem: Obwohl eine Drohne im Vergleich zu einem Flugzeug winzig ist, kann sie bei einer Kollision fatale Schäden verursachen – und das Flugzeug sogar zum Absturz bringen. Gerät ein Quadrocopter beispielweise ins Triebwerk, kann dieses ausfallen oder Feuer fangen. Trifft die Drohne die Tragfläche, kann der gesamte Flügel instabil werden, wie Kollisionstests im Windkanal belegen. Zwar blockiert die Firmware moderner Drohnen das Eindringen in die Flugverbotszone rund um Flughäfen, doch diese Software kann ausgehebelt werden.

Quadrocopter-Sichtung im Test

Und dann? Wallace und sein Team haben untersucht, ob Flugpiloten beim Landeanflug überhaupt eine Chance haben, eine herannahende Drohne rechtzeitig zu sehen. Für ihr Experiment ließen sie zehn erfahrene Piloten jeweils fünf Mal mit einer viersitzigen Cessna 172S auf einer für Forschungszwecke genutzten Landebahn landen.

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Während des Landeanflugs ließen die Forscher seitlich der Landebahn einen weißen Phantom DJI-Quadrocopter auf 150 Meter Höhe aufsteigen. Je nach Durchgang lag der Abstand zur Landebahn zwischen 60 und rund 800 Metern, die Drohne schwebte dabei entweder still in der Luft oder flog parallel zur Landebahn auf das Flugzeug zu. Im Cockpit beobachtete ein Wissenschaftler die Reaktion der Piloten und befragte sie nach der Landung.

Nur ein Drittel wird bemerkt – bestenfalls

Das Ergebnis: Nur in zwölf von 40 Anflügen sahen die Flugpiloten die nahe Drohne – das entspricht nicht einmal einem Drittel. Noch schlechter waren die Chancen, wenn die Drohne bewegungslos in der Luft stand: Dann wurde sie nur in drei von 22 Anflügen entdeckt, wie die Forscher berichten. Ist ein solches Fluggerät auf Kollisionskurs, haben die Piloten demnach kaum eine Chance, die Gefahr überhaupt zu erkennen.

Nach Ansicht der Forscher demonstriert dies, dass selbst die alarmierend gestiegene Zahl der Drohnensichtungen wahrscheinlich nur die Spitze eines Eisbergs ist. „Die meiste Zeit werden die unbemannten Fluggeräte von den Piloten nicht einmal bemerkt“, so Wallace. Hinzu kommt, dass die Piloten im Test wussten, dass irgendwo wahrscheinlich eine Drohne wartet – sie waren daher deutlich aufmerksamer als Verkehrspiloten im Routineanflug.

Kaum Chancen für Ausweichmanöver

Noch gravierender: Die Piloten erkannten die Drohnen teilweise erst, wenn sie nur noch 65 Meter vom Flugzeug entfernt waren. Doch selbst in den Fällen, in denen der Quadrocopter schon in knapp 700 Metern entdeckt wurde, würde den Piloten kaum Zeit für ein Gegenmanöver bleiben: Um eine Kollision zu vermeiden, blieben nur 21 Sekunden, wie Wallace und sein Team erklären.

„Das könnte vielleicht gerade genug Zeit sein, wenn die Drohne auf der Stelle schwebt“, sagt Koautor Matt Vance von der Oklahoma State University. „Aber wenn die Drohne auf das Flugzeug zufliegt, bleibt nicht einmal annähernd genug Zeit zu reagieren.“ Hinzu kommt, dass Flugzeuge in der Endphase des Landeanflugs kaum noch genügend Höhe und Geschwindigkeit haben, um stärkere Ausweichmanöver durchzuführen. Damit scheint klar, dass Piloten kaum eine Chance haben, im Ernstfall eine Kollision mit einer Drohne zu verhindern.

Pflicht zur Funkkennung als Abhilfe?

Erschwerend kommt hinzu, dass die kleinen Quadrocopter meist auch nicht über Radar oder andere Ortungsmethoden aufzuspüren sind. Eine mögliche Lösung könnte es daher sein, Drohnen künftig mit Funksignaturen auszurüsten, wie sie auch Flugzeuge tragen. Diese ADS-B-Technik übermittelt kontinuierlich Daten zu Identität und Position des Fluggeräts an die Flugkontrollen.

Wallace und sein Team wollen als nächstes Versuchsdrohnen mit solchen ADS-B-Sendern ausrüsten und testen, ob ihre Position damit von der Flugkontrolle und den Piloten präzise genug erfasst werden kann. (International Journal of Aviation, Aeronautics, and Aerospace, Vol 6, 2019)

Quelle: Embry-Riddle Aeronautical University

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