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Physik

Diamanten werden zu Kompassnadeln

Forscher machen Nanodiamanten diamagnetisch

Diamant
Normalerweise ist ein Diamant nicht magnetisch. Das kann sich aber ändern, wenn er Gitterfehlstellen aufweist. © BlackJack3D/ Getty images

Magnetisierte Edelsteine: Obwohl Diamanten aus nichtmagnetischem Kohlenstoff bestehen, lassen sie sich magnetisieren, wie ein Experiment belegt. Darin gelang es Forschern, kleine Diamanten in einem Magnetfeld schweben zu lassen und sie wie Kompassnadeln nach dem Feld auszurichten. Möglich wird dies, weil spezielle Fehlstellen im Diamantgitter auf Anregung durch Laser und Magnetfelder reagieren. Dies eröffnet neue Chancen, Diamanten als Quantensensoren einzusetzen, wie das Team berichtet.

Diamanten sind nicht nur begehrte Edelsteine, sie sind auch ein echtes Hightech-Material. Denn die spezielle Struktur ihres Kristallgitters verleiht ihnen einzigartige mechanische, thermische und elektronische Eigenschaften. Selbst für die Quantenphysik sind die Kohlenstoffkristalle zunehmend interessant: Wenn sie sogenannte NV-Fehlstellen aus Stickstoffatomen und benachbarten Lücken enthalten, können sie Quantenbits speichern oder als ultrasensitive Sensoren fungieren.

NV-Fehlstelle
NV-Fehlstelle aus einem Stickstoffatom und einer benachbarten Leerstelle im Kohlenstoffgitter des Diamants . © NIST

Instabile Ausrichtung

Bisher allerdings gab es dabei ein Problem: Für viele Quantenanwendungen müssen sich die Diamanten frei bewegen können, aber dennoch in ihrer Ausrichtung kontrollierbar bleiben. Meist versucht man dies, in dem man sie auf einer Flüssigkeit schwimmen lässt oder sie in einem elektrischen Feld zum Schweben bringt. Doch Störeffekte sorgen dafür, dass die Mini-Edelsteine dabei nicht in der gewünschten Richtung bleiben.

„Es gibt unzählige Situationen, in denen die Diamanten nicht von Natur aus in die Richtung zeigen, in die man sie gerne hätte“, erklärt Seniorautor Gabriel Hétet von der Sorbonne Universität in Paris. Er und sein Team haben daher nach einer Möglichkeit gesucht, Diamanten magnetisch zu machen, um sie dann wie kleine Kompassnadeln ausrichten zu können.

Mikrodiamanten im Magnetfeld

Für ihr Experiment brachten die Forscher zunächst Mikrodiamanten mit NV-Fehlstellen in einem elektrischen Feld zum Schweben. Dann nutzten sie grüne Laserpulse und ein allmählich stärker werdendes Magnetfeld, um den Quantenzustand der Stickstoff-Fehlstellen im Diamantgitter gezielt zu manipulieren. Wie sich zeigte, wird dadurch der Spin der Elektronen an der Fehlstelle verändert – die Spins richten sich aus.

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Diese Veränderungen des Quantenzustands hat messbare Folgen: Liegt das äußere Magnetfeld unter 100 Millitesla, reagiert der Diamant wie ein Paramagnet – er wird angezogen und richtet sich grob nach den Feldlinien aus. Im Test schwankte der Winkel dieser Ausrichtung zwischen gut 25 und knapp zehn Grad, wie die Physiker feststellten.

Abrupter Wechsel zum Diamagnetismus

Erhöht man jedoch die Magnetfeldstärke auf mehr als 105 Millitesla, kommt es zu einem abrupten Wechsel im Verhalten des Diamanten: Er richtet sich so aus, dass seine NV-Fehlstellen den Feldlinien wie eine Kompassnadel folgen. Wird der Diamant ausgelenkt, pendelt er sich immer wieder von selbst in die richtige Richtung ein. Die Abweichung von der Feldrichtung lag bei nur zwei Grad. „Die NV-Ausrichtung bleibt über eine breite Spanne von Feldstärken hinweg stabil auf diesem Wert“, berichten Hétet und seine Kollegen.

Nach Angaben der Forscher ist dieses Verhalten des Diamanten durch einen Wechsel seiner spin-induzierten Magneteigenschaften zu erklären: Nachdem er im schwachem Magnetfeld zunächst paramagnetisch wurde, wechselte er ab etwa 103 Millitesla in den diamagnetischen Zustand. Die Spins der NV-Fehlstellen im Kristallgitter ordnen sich dabei so an, dass sie genau entgegengesetzt zu den magnetischen Feldlinien zeigen.

Lasertuning eröffnet neue Anwendungsmöglichkeiten

„Eine der eindrucksvollsten Merkmale dieses Diamagnetismus ist jedoch seine optische Einstellbarkeit“, konstatieren die Wissenschaftler. Denn der Winkel des magnetisierten Diamanten lässt sich durch Laserbestrahlung beeinflussen: Der Laser polarisiert die Quantenzustände der Fehlstellen und bestimmt so, wie die Spins der NV-Elektronen auf das externe Magnetfeld reagieren. „Das ist ein guter Startpunkt, um alle möglichen Manipulationen der NV-Spins durchzuführen“, sagt Hétet.

Wie das Team erklärt, könnten solcherart magnetisierte Diamanten beispielsweise als Nano-Magnetsensoren in lebendem Gewebe eingesetzt werden oder für hochsensitive Tests der Quantengravitation. Auch für eine Verbesserung des Kontrasts bei der Magnetresonanztomografie ließen sich solche Nanomagneten nutzen. (Physical Review Letters, 2022; doi: 10.1103/PhysRevLett.128.117203)

Quelle: American Physical Society (APS)

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