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Medizin

Deutschland: Tausende Tote pro Jahr durch Stickoxide

Umweltbundesamt: Luftschadstoff ist jährlich für 6.000 Herz-Kreislauf-Todesfälle verantwortlich

Stickoxide - unter anderem aus Dieselabgasen - sind jährlich für tausende Todesfälle in Deutschland verantwortlich © Stefan Redel/iStock.com

Tödliche Belastung: In Deutschland sterben pro Jahr 6.000 bis 8.000 Menschen an einer von Stickoxiden verursachten Herz-Kreislauf-Erkrankung – mindestens. Auch hunderttausende von Diabetes- und Asthmafällen sind auf die Luftbelastung mit Stickoxiden zurückzuführen, wie eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamts (UBA) zeigt. Weil die extrem belasteten Innenstädte dabei ausgeklammert wurden, seien diese Fallzahlen noch deutlich unterschätzt, betonen die Forscher.

Feinstaub und Stickoxide aus Autoabgasen schaden der Gesundheit – das ist nichts Neues. Studien zeigen, dass diese Luftschadstoffe Asthma, Lungenkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern. Auch das Gehirn und sogar ungeborene Kinder können durch die Schadstoffe geschädigt werden. Schätzungen zufolge sind allein die Stickoxid-Emissionen weltweit für mehr als 100.000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr verantwortlich.

Wie krank machen Stickoxide in Deutschland?

Doch wie sieht das in Deutschland aus? Das haben nun Forscher im Auftrag des Umweltbundesamts (UBA) untersucht. Für ihre Studie werteten sie Karten der Stickstoffdioxid (NO2)-Belastung von 2007 bis 2014 aus und ermittelten so Belastungsklassen für die Bevölkerungen der verschiedenen ländlichen und städtischen Regionen. Die Belastungs-Hotspots mit besonders hohen NO2-Werten wurden in die Gesamtauswertung nicht einbezogen, aber exemplarisch für zwei Innenstädte gesondert ermittelt.

Welche Folgen die jeweiligen Stickoxid-Werte für die Gesundheit und Mortalität haben, ermittelten die Forscher auf Basis von bisher erschienenen Studien zu diesem Zusammenhang. Sie berücksichtigten dafür nur Krankheiten, die mit hoher Sicherheit durch Stickoxide gefördert werden – dazu gehören neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen auch Asthma und Diabetes.

Vorzeitige Todesfälle aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Stickstoffdioxid © Umweltbundesamt (UBA) 2017

6.000 bis 8.000 Herztote mehr pro Jahr

Das Ergebnis: Zwischen 6.000 und 8.000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr sind in Deutschland auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch eine erhöhte Stickoxid-Belastung zurückzuführen. Allein im Jahr 2014 gingen dadurch insgesamt fast 50.000 Lebensjahre verloren, wie die Forscher berichten. Auch gut 613.000 Fälle von Bluthochdruck in diesem Jahr ordnen sie der Luftbelastung zu.

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Bei Asthma und Diabetes ermittelten die Wissenschaftler ebenfalls eine Beteiligung erhöhter Stickoxid-Werte. Demnach waren sie im Jahr 2012 für rund 439.000 Asthmafälle verantwortlich – dies entspricht rund 14 Prozent der Fälle in diesem Jahr. Beim Diabetes führen sie 439.000 Diabetes-Fälle im Jahr 2014 auf die verstärkte Luftbelastung zurück – dies entspricht rund acht Prozent.

„Noch deutlich unterschätzt“

Und dies sei wahrscheinlich stark unterschätzt, betonen die Forscher. Denn gerade in den Innenstädten mit extrem hoher Abgasbelastung seien die Gesundheitsfolgen deutlich gravierender. Das schließen sie aus den Auswertungen zu Belastungs-Hotspots unter anderem in München und Berlin. Dort lagen die Zahlen für Krankheits- und Todesfälle aufgrund der Stickoxid-Belastung um bis zu 50 Prozent höher.

Auch Bert Brunekreef von der Universität Utrecht hält die aktuellen Zahlen eher für zu niedrig: „Das Endergebnis stellt daher wahrscheinlich eine Unterschätzung der Krankheitslast dar“, kommentiert der Umwelt-Epidemiologe. Denn die Forscher haben nicht nur die Hotspots ausgeklammert, sie berücksichtigten auch erst Stickoxidwerte oberhalb von zehn Mikrogramm pro Kubikmeter – weil für die niedrigen Konzentrationen zu wenig über die Gesundheitsfolgen bekannt ist.

„Es besteht Handlungsbedarf“

„Die Studie zeigt, wie sehr Stickstoffdioxid der Gesundheit in Deutschland schadet“, sagt UBA-Präsidentin Maria Krautzberger. „Wir sollten alles unternehmen, damit unsere Luft sauber und gesund ist. Gerade in den verkehrsreichen Städten besteht Handlungsbedarf.“ Zwar sinkt die Belastung mit Stickstoffdioxid insgesamt seit einigen Jahren leicht. Doch in vielen Innenstädten liegen die Werte weiter deutlich über den EU-Grenzwerten.

„Eine bedeutende Ursache für schädliche Stickoxide in der Atemluft sind eindeutig Diesel-Pkw – auch außerhalb der hochbelasteten Straßen“, sagt Krautzberger. Unter anderem deshalb hat vor Kurzem das Bundesverwaltungsgericht Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge grundsätzlich für rechtens erklärt, wenn die Grenzwerte in einer Stadt überschritten werden. Auch die Hardware-Nachrüstung von Dieselautos könnte die Belastung senken, wie kürzlich ein Test des ADAC demonstriert hat.

Die Studie steht auf der UBA-Webseite zum Download bereit.

(Umweltbundesamt (UBA), 08.03.2018 – NPO)

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