Anzeige
Materialforschung

Damaszener Stahl aus dem 3D-Drucker

Forscher erzeugen Metalle aus wechselnden Schichten durch additive Fertigung

Geschichteter Stahl
Wie beim klassischen Damaszener Stahl wechseln sich bei diesem 3D-gedruckten Stahl harte, dunkle mit weicheren hellen Schichten ab. © Frank Vinken

Gemasert wie ein altes Schwert: Forscher haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sich geschichteter Stahl im 3D-Drucker herstellen lässt. Wie der klassische Damaszener Stahl alter Waffen kombiniert dieses Material harte und weiche Lagen und wird dadurch besonders zäh und belastbar. Möglich wird dies durch eine geschickte Kombination aus Abkühlung und Erhitzen, die die Kristallstruktur des Metalls verändert.

Aus der Not geboren: Schmiede des Altertums konnten die Eigenschaften von Eisenlegierungen nur über deren Kohlenstoffgehalt beeinflussen – indem sie beispielsweise Asche untermischten. So erhielten sie entweder einen weichen und zähen oder einen harten, aber spröden Stahl. Vor allem für Schwerter war jedoch ein zähes und hartes Material gefragt, damit die Klingen in einer Schlacht nicht brachen oder verbogen.

Schon keltische Schmiede kombinierten daher verschiedene Eisenlegierungen, später entwickelten europäische Schmiede die Kunst, solche Legierungen zu vielen dünnen Schichten zu falten und zu vereinen. Dieser schichtartige Aufbau des Damaszener Stahls oder Damasts ist an seinem charakteristischen Streifenmuster zu erkennen. Der Aufwand, um solche Verbundmetalle herzustellen, ist allerdings relativ hoch.

Additive Fertigung mit Laser und Metallpulver

Jetzt haben Philipp Kürnsteiner vom Max-Planck-Institut für Eisenforschung und seine Kollegen eine Methode entwickelt, wie solche schichtweisen Legierungen einfacher hergestellt werden können – mittels 3D-Druck. Ähnlich wie bei der herkömmlichen additiven Fertigung von Metallbauteilen kommt dabei ein Laser zum Einsatz, der das als Pulver zugeführte Rohmaterial schmilzt und in Form bringt.

Doch beim neuen Verfahren nutzen die Forscher den Laser während des Druckprozesses, um in bestimmten Schichten der Metalllegierung gezielt die Kristallstruktur des Stahls zu verändern – und so die mechanischen Eigenschaften zu beeinflussen. Dafür entwickelten sie eigens eine Legierung, die aus Eisen, Nickel und Titan besteht und zunächst eher weich ist. Sie wird mittels 3D-Druck geschmolzen und in einer dünnen Schicht auf das Bauteil aufgetragen.

Anzeige

Pause macht Stahlschicht härter

Dann jedoch unterbrechen die Wissenschaftler den Prozess und lassen das Metall auf unter 195 Grad Celsius abkühlen. „Unterhalb dieser Temperatur setzt im Stahl eine Umwandlung der Kristallstruktur ein“, erklärt Kürnsteiners Kollege Eric Jägle. „Es entsteht die sogenannte Martensit-Phase.“ Wird nun diese abgekühlte Stahlschicht beim Auftragen der nächsten Schicht wieder durch den Laser erwärmt, bilden sich darin Nickel-Titan-Mikrostrukturen.

Die Abfolge von Abkühlen und Wiedererhitzen bewirkt demnach zwei Umwandlungsschritte in der Metallschicht: Im ersten wechselt der Stahl von einer Austenit- in eine Martensit-Kristallstruktur. Im zweiten Schritt entstehen im Martensit die Mikrostrukturen. Sie behindern Verschiebungen innerhalb des Kristallgitters und machen diese Stahlschicht daher besonders hart. Lagen, die ohne Pause direkt mit der nächsten Schicht überzogen werden, bleiben hingegen weicher.

Hart und dehnbar zugleich

Das Ergebnis dieses 3D-Drucks ist ein Metall, das abwechselnd aus harten und weichen Schichten aufgebaut ist – wie der Damaszener Stahl. Die „gedruckte“ Variante zeigt aber nicht nur das charakteristische Damastmuster, auch seine mechanischen Eigenschaften erwiesen sich in Tests als ähnlich gut. Demnach besitzt die 3D-gedruckte Legierung eine Druckfestigkeit von 1.300 Megapascal und trotzdem eine Dehnbarkeit von zehn Prozent.

„Das ist den mechanischen Eigenschaften des alten Damaszener Stahls überlegen“, so die Forscher. Beeinflussen lassen sich die Eigenschaften und Struktur der verschiedenen Schichten durch die Dauer der Abkühlpause, aber auch die Laserenergie, der Laserfokus oder die Druckgeschwindigkeit. Denkbar sei es zudem, mit der Technik künftig nicht nur die Härte, sondern auch weitere Eigenschaften wie etwa die Korrosionsbeständigkeit des Metalls lokal gezielt einzustellen, so die Forscher.

Auch andere Formen möglich

Der Damaszener-artige Stahl mit den periodisch wechselnden Schichten ist zudem nur eine der mit dem 3D-Druckverfahren möglichen Varianten, wie die Wissenschaftler erklären. Auch Werkzeug-Bauteile mit einem durchgehend weichen Kern und einer harten, abriebfesten äußeren Hülle lassen sich damit produzieren. „Dank unseres Konzepts der lokalen Kontrolle ließe sich das in einem einzigen Fertigungsschritt realisieren – ganz ohne die bisher für eine Oberflächenhärtung nötigen weiteren Verfahrensschritte“, sagt Jägle.

Allerdings: Bisher sind viele klassische Stahllegierungen für die additive Fertigung nicht optimal geeignet. „Unser Ansatz ist es nun, Legierungen gerade so zu entwickeln, dass sich mit ihnen das volle Potential des 3D-Drucks ausschöpfen lässt“, sagt Kürnsteiner. (Nature, 2020; doi: 10.1038/s41586-020-2409-3)

Quelle: Max-Planck-Institut für Eisenforschung

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

3D-Druck - Eine Trendtechnologie verändert die Produktion

News des Tages

Feldhase

Genom des "Osterhasen" entschlüsselt

Erstes Bild der Magnetfelder ums Schwarze Loch

Ägypten: Wandbilder aus der Totenstadt

Wie das Klima den antarktischen Zirkumpolarstrom beeinflusst

Bücher zum Thema

Top-Clicks der Woche