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Astronomie

„Bumerang“-Galaxie als Schlüssel zu kosmischen Filamenten

Verformung ermöglicht erstmals Messung der Materiedichte in intergalaktischem Filament

Bumerang-Galaxie © NASA / JPL-Caltech

Eine wie ein Bumerang verformte Galaxie hat Astronomen entscheidende Hinweise zu einem bisher schwer zu fassenden kosmischen Phänomen verschafft: Denn die mit Hilfe des Spitzer-Weltraumteleskops entdeckte Galaxie wandert mitten durch ein intergalaktisches Filament. Der Winkel, mit dem ihre beiden Materiejets nach hinten geschoben wurden, verrät daher erstmals, wie dicht die Materie in diesem heißen Gasfilament ist.

Galaxien sind nicht zufällig im Kosmos verteilt, sondern bilden Ansammlungen in der Leere des Weltraums, so genannte Galaxienhaufen. Auch diese gruppieren sich vorzugsweise in der Nähe anderer und formen damit so genannte Supercluster. Diese „klumpige“ Verteilung spiegelt die unregelmäßige Struktur der Materie zum Beginn des Universums, direkt nach dem Urknall wieder. Die dichteren Stellen kühlten ab und kondensierten zu Sternen und Galaxienhaufen, das übrigbleibende Gas blieb bis heute sehr heiß – bis zu einer Million Grad Celsius – und erstreckt sich als Filamente zwischen den Clustern und Galaxien.

„Diese Filamente sind essenziell sowohl für die Evolution von Galaxienhaufen – den größten durch Gravitation verbundenen Objekten im Universum – als auch für die Produktion neuer Generationen von Sternen“, erklärt Louise Edwards vom California Institute of Technology in Pasadena. Doch obwohl diese Filamente gewaltige Ausmaße erreichen, geben sie nur sehr diffuse und schwache Strahlung ab und sind daher schwer zu finden und noch schwerer zu untersuchen.

„Bumerang-Galaxie“ im Filament entdeckt

Vor zwei Jahren jedoch entdeckte das Spitzer-Weltraumteleskop der NASA einen solchen intergalaktischen Gasstrang zwischen den beiden Galaxienhaufen Abell 1763 und Abell 1770. Jetzt haben Astronomen eine durch dieses Filament hindurchwandernde Galaxie entdeckt, deren bizarre Form entscheidende Rückschlüsse auf die Struktur und Zusammensetzung der Filamentmaterie ermöglicht.

Wie sie in der Fachzeitschrift „Astrophysical Journal Letters” berichten, liegt die ungewöhnliche Galaxie elf Millionen Lichtjahre vom Zentrum des Clusters Abell 1763 entfernt und fiel durch ihr ungewöhnliches Verhältnis von ausgestrahlten Radiowellen zu Infrarotstrahlung auf. Ursache dafür ist ein supermassereiches Schwarzes Loch in ihrem Zentrum, das Materie und Strahlung aussendet, die zwei gigantische Blasen beiderseits der Galaxie bilden.

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Verformung von Galaxie und Jets als Gradmesser für Filamentdichte

Die eigentliche Besonderheit ist jedoch die Form der Galaxie und der Materieblasen: Denn beide sind durch die Interaktion mit der Materie im Filament bumerangartig verformt – die Teilchen im Filament erzeugen einen Widerstand, der Gas und Staub in den Blasen entgegen der Flugrichtung nach hinten schiebt. Aus dem Grad der Verformung konnten die Astronomen daher den Druck berechnen, den die Materie auf die Blasen ausübt und damit auf die Dichte des Filaments schließen.

Den Berechnungen nach liegt letztere rund hundert Mal höher als die durchschnittliche Dichte des Weltraums. Dieses Ergebnis bestätigt unter anderem auch vorhergehende theoretische Modelle und Simulationen und könnte sich zukünftig als neue, einfachere Methode etablieren, auch die Zusammensetzung anderer Filamente zu erkunden.

(NASA, 01.12.2010 – NPO)

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