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Chemie

Brauerei-Abfälle als Rohstoff

Forscher verwandeln Biertreber in Aktivkohle und Kohlenstoff-Nanoröhrchen

Bier
Beim Bierbrauen entstehen Abfälle, aus denen vielseitig nutzbarer Kohlenstoff gewonnen werden kann. © aaron007/ iStock.com

Wertvolle Reste: Aus Brauereiabfällen lässt sich vielseitig nutzbarer Kohlenstoff gewinnen, wie Forscher demonstrieren. Sie wandelten übriggebliebene Reste von Gerstenmalz auf einfache Weise in Aktivkohle und Kohlenstoff-Nanoröhrchen um. Diese Produkte eignen sich dann für eine Vielzahl von Anwendungen – vom Wasserfilter über Brennstoffe bis zum Elektronik-Bauteil.

Kein anderes alkoholisches Getränk hat für die Menschheit wohl eine so große Bedeutung wie das Bier: Schon vor 13.000 Jahren produzierten unsere Vorfahren im Nahen Osten Getränke aus fermentiertem Getreide und heute gehört Bier zu den weltweit beliebtesten promillehaltigen Getränken. Allein in Deutschland genehmigt sich jeder Bürger jährlich im Schnitt rund 100 Liter davon.

Um unseren Bierdurst zu befriedigen, verarbeiten Brauereien jedes Jahr tonnenweise Getreide in Pils, Weizen und Co. Dabei fallen jedoch auch jede Menge Reste wie Treber an. Diese Rückstände des Braumalzes sind aus Sicht der Braumeister Abfall. Sie können aber sinnvoll weiterverwendet werden – zum Beispiel als Viehfutter oder zur Herstellung von Biogas.

Upcycling von Gerstenresten

Ahmed Osman von der Queen’s University in Belfast und seine Kollegen berichten nun von einer weiteren Anwendungsmöglichkeit: Sie haben beim Brauen entstandene Gerstenreste in festen Kohlenstoff verwandelt. „Die weltweite Nachfrage nach Kohlenstoff ist groß. Denn er wird für die Produktion von Brennstoffen für den Haushalt, für Holzkohle zum Grillen und als Bestandteil von Wasserfiltern genutzt“, erklärt Osman.

Wie aber verwandelt man Biertreber in diesen stark nachgefragten Rohstoff? Das von den Forschern entwickelte Verfahren besteht aus nur wenigen Schritten. Zunächst werden die Getreidereste getrocknet und anschließend mit Hitze und Chemikalien behandelt. „Wir nutzen Phosphorsäure und Kaliumhydroxid, beides sind sehr preisgünstige Chemikalien“, sagt Osman.

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Nützliche Filtereigenschaften

Durch die spezielle Behandlung kann der in den Getreideresten enthaltene Kohlenstoff isoliert und nutzbar gemacht werden. Konkret erzeugten die Wissenschaftler auf diese Weise zunächst Aktivkohle, die sie dann durch die Zugabe von Eisenoxalat und Melamin sowie eine weitere Hitzebehandlung zu mehrwandigen Kohlenstoff-Nanoröhrchen weiterverarbeiteten.

Wofür sich beide Produkte eignen, demonstrierten Osman und seine Kollegen anhand eines Beispiels: der Wasseraufbereitung. Im Test hatte eine Variante ihrer Aktivkohle schon nach einer Stunde 77 Prozent des Schwermetalls Blei aus dem Testwasser absorbiert. Bei längerer Einwirkzeit von 72 Stunden lag die Filterleistung der Aktivkohle bei 96 Prozent, bei den Kohlenstoff-Nanoröhrchen bei 77 Prozent, wie die Forscher berichten. „Dies legt nahe, dass diese durch Upcycling hergestellten Materialien in der Abwasserbehandlung eingesetzt werden können“, erklärt das Forscherteam.

„Paradebeispiel für die Kreislaufwirtschaft“

Doch die aus den Brauerei-Abfällen hergestellten Kohlenstoff-Produkte sind auch für viele andere Anwendungen nutzbar. „Aktivkohle hat eine ganze Reihe von Eigenschaften, die sie für die moderne Chemie unglaublich interessant macht“, konstatieren Osman und sein Team. Das Spektrum der Einsatzmöglichkeiten reicht von Brennstoffen über Träger von Katalysatoren bis zur Kosmetik und Medizin. Kohlenstoff-Nanoröhrchen wiederum werden zur Herstellung neuer Materialien und in der Elektronik verwendet.

Mit ihrem Verfahren wollen die Wissenschaftler einen Beitrag zu dem weltweiten Bestreben leisten, industrielle Produktionsprozesse und die Energieerzeugung nachhaltiger zu gestalten. „Die Synthese hochwertiger Produkte von Gerstenabfall ist ein Paradebeispiel für die Kreislaufwirtschaft. Es nützt der Umwelt und eröffnet neue ökonomische und soziale Möglichkeiten“, konstatiert Osman.

Nicht nur in Brauereiabfällen steckt in diesem Zusammenhang großes Potenzial: Forscher haben etwa Wege gefunden, aus Joghurtresten Bio-Öl zu erzeugen oder Brennstoffzellen mit Urin zu betreiben – und das sind nur zwei von vielen Beispielen. (Journal of Chemical Technology and Biotechnology, 2019; doi: 10.1002/jctb.6220)

Quelle: Queen’s University

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