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GeoUnion

Bodenbewertung reduziert Flächenverbrauch

Mit der Ressource Boden sparsam umgehen

Ressource Boden © Dr. Silvia Lazar

106 Hektar Fläche sind im Jahr 2006 in Deutschland für neue Straßen, Häuser oder Industriebetriebe verwendet worden – pro Tag. Durch die starke Bebauung und Versiegelung gehen aber Böden mit ihren vielfältigen Aufgaben als Lebensraum und Wasserspeicher verloren. Doch wie kann man diesen Flächen- bzw. Bodenverbrauch erfolgreich reduzieren? Für dieses Problem suchen Wissenschaftler und Politiker noch immer eine wirkungsvolle Lösung. Ein mögliches Mittel: Die Bodenfunktionsbewertung.

Dabei untersuchen und beurteilen Fachleute, die Qualitäten, natürlichen Eigenschaften, Funktionen und Leistungen der vorhandenen Böden. Auf dieser Grundlage werden dann Karten der Bodenfunktionen entwickelt, die ein wichtiges Instrument zur Steuerung der Siedlungsentwicklung sein können. Die Bodenbewertung bietet die Möglichkeit, Brachflächenrecycling und den Schutz naturnaher Flächen effektiv, transparent und nachhaltig in der Planung voranzubringen. Doch wie funktioniert das genau?

„Boden ist nicht gleich Boden. Böden sind sehr unterschiedlich und deshalb auch unterschiedlich leistungsfähig“, sagt Dr. Silvia Lazar von der ahu AG Wasser•Boden•Geomatik in Aachen. „Bei der Neuausweisung von Baugebieten und Planung von Straßen, etc. werden aber oftmals gerade Böden beansprucht, die für den Naturhaushalt von besonders hohem Wert sind.“

Fruchtbare und seltene Böden schützen

Das können zum Beispiel besonders fruchtbare und damit leistungsfähige Böden für die Landwirtschaft sein oder Böden mit einem hohen Wasserspeichervermögen, die wesentlich zum Hochwasserschutz beitragen. Wertvoll sind auch seltene Böden, wie Auenböden und grundwasserbeeinflusste Böden wie Nassgleye und Moore, die sich zu wichtigen Standorten für seltene Pflanzen und Tiere entwickelt haben.

Um diese besonders schutzwürdigen Böden zu erhalten, ist es im Sinne einer nachhaltigen Nutzung sinnvoll, den notwendigen Bodenverbrauch möglichst auf Flächen zu beschränken, die eine geringe Leistungsfähigkeit aufweisen – beispielsweise bereits vorgenutzte und damit menschlich beeinflusste Flächen und Brachen.

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Ziel einer solchen gezielten Lenkung der Siedlungsentwicklung ist es auf der einen Seite, besonders wertvolle Böden zu erhalten und auf der anderen Seite die funktionalen Aspekte für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung zu nutzen.

Bewertung von Bodenfunktionen

Böden haben viele Funktionen © Dr. Silvia Lazar

Doch welche Aufgaben übernehmen Böden in der Natur und für den Menschen? Und wie werden sie klassifiziert? Die Grundlage für die Bewertung und den Erhalt von schutzwürdigen Böden sind die Vorgaben des Bundes-Bodenschutzgesetzes sowie die Bodenschutzklausel im Baugesetzbuch. Laut dem Bundes-Bodenschutzgesetz erfüllt der Boden dabei folgende natürliche Funktionen:

– Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen,

– Bestandteil des Naturhaushalts mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen,

– Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen auf Grund der Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften – insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers.

– Archiv der Natur- und Kulturgeschichte.

Wichtige Anwendungsbereiche der Bodenbewertung

Die verschiedenen Funktionen der Böden können aber nun in unterschiedlichen Bereichen der Raum- und Landschaftsplanung genutzt werden.

Lebensraumfunktion

Die Lebensraumfunktion liefert Informationen über das Biotopentwicklungs- und Standortpotenzial der Böden, beispielsweise über Feucht- oder Trocken- und besonders wechselfeuchte Standorte. Sie ist damit unter anderem eine Entscheidungshilfe für Naturschutzaufgaben. Durch die Einbeziehung weiterer Informationen – unter anderem aus dem Biotopkataster und dem Landschaftsplan – können die Kartengrundlagen in ihrer Aussagefähigkeit verbessert werden.

Sie bieten unter anderem eine Grundlage zur Biotopvernetzung, zur angepassten Flächenauswahl für Ausgleichsmaßnahmen oder zur Erstellung eines so genannten Flächenkompensationspools. So ist es aus Sicht des Bodenschutzes sinnvoll, Magertrockenrasen auf flachgründigen Böden auf Kalkstein – so genannte Rendzinen – anzulegen. Auch die Einrichtung von Feuchtbiotopen auf grundwasserbeeinflussten so genannten Nassgleyen und Anmoorgleyen aus Bach- und Flussablagerungen ist zweckmäßig.

Archivfunktion

Die Archivfunktion von Böden dagegen stellt weitergehende Informationen über natur- und kulturhistorisch relevante sowie seltene Böden und Bodenformen wie Wölb-Äcker bereit. Die Wölb-Äcker weisen eine leichte Wellenform auf und sind als Zeugen der Ackerbautechnik aus dem Spätmittelalter oder über Bodendenkmäler wie Grabhügel erhalten geblieben.

Bei Bedarf ergänzen unter anderem Daten aus der Bodendenkmalpflege die Archivfunktion. Lazar: „Sie bietet die Grundlage zur Flächenauswahl für erhaltenswürdige Standorte oder Ausgleichsmaßnahmen und wird sowohl für Naturschutzaufgaben als auch in der Denkmalpflege eingesetzt.“

Filter- und Pufferfunktion

Die Filter- und Pufferfunktion liefert den nötigen Hintergrund über die Sensibilität von Böden gegenüber Fremd- und Schadstoffen. Auch sie kann, wenn nötig, durch weitere Informationen, beispielsweise aus dem Altlastenkataster, ergänzt werden. Anwendungsbereiche liegen in der Beurteilung der Ausbringung von Stoffen, so beispielsweise bei der Bewertung von Bauvorhaben mit erhöhten Emissionen.

Natürliche Bodenfruchtbarkeit

Die natürliche Bodenfruchtbarkeit besitzt gleich eine Doppelfunktion: Sie ist relevant für den Naturhaushalt und für eine angepasste landwirtschaftliche Nutzung. Informationen über besonders fruchtbare Böden nutzt man unter anderem im Rahmen des Flächenmanagements. Dabei sollen beispielsweise schutzwürdige Gebiete für die Landwirtschaft erhalten werden.

Werden auch Erosions- und Verschlämmungsgefährdungen der Böden berücksichtigt, sind zudem Handlungsempfehlungen für die Einhaltung der guten fachlichen Praxis möglich.

Regelungsfunktion im Wasserhaushalt © Dr. Silvia Lazar

Regelungsfunktion im Wasserhaushalt

Keineswegs einheitlich ist auch das Speichervermögen der Böden für Wasser und ihre Wasserdurchlässigkeit. Das Wissen darum beeinflusst Entscheidungen in der Landschafts- und Bauleitplanung. Es kann beispielsweise aber auch als Planungshilfe zur Niederschlagsversickerung und Entwässerungsplanung genutzt werden.

Bezieht man weitere Informationen wie Grundwasserflurabstand, Wasserschutzzonen, Überschwemmungsgebiete und Stauwasserhorizonte ein, können zudem Flächen identifiziert werden, die für den Hochwasserschutz von Bedeutung sind.

Große Bedeutung für den Flächenverbrauch

Biotopvernetzung, Denkmalpflege, Überschwemmungsschutz: Je genauer Wissenschaftler über Böden und ihre Leistungsfähigkeit Bescheid wissen, desto leichter fällt es ihnen, Empfehlungen für eine sinnvolle Nutzung im Rahmen der Raum- und Landschaftsplanung zu geben.

Aber wird durch die Bodenbewertung auch der Flächenverbrauch reduziert? „Die Antwort lautet ja. Insbesondere naturnahe Böden außerhalb der Städte und Ortschaften mit einem hohen Leistungspotenzial können dadurch geschützt werden“, sagt Lazar. Zudem würden so Anreize geschaffen, ehemals bebaute und eventuell sogar mit Schadstoffen belastete Flächen im Innenbereich für die Siedlungsentwicklung zu nutzen.

(Dr. Silvia Lazar, ahu AG Wasser•Boden•Geomatik, 02.05.2008 – DLO)

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