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Energie

Biosprit aus dem Ziegenbauch

Darmpilze von Pflanzenfressern besitzen hunderte von Enzymen zur Bio-Treibstoff-Produktion

Die Darmpilze von Ziege und Co besitzen ein erstaunlich großes Arsenal an Enzymen zum Abbau von Pflanzenmaterial. © University of California, Santa Barbara

Neue Chance für Bio-Treibstoffe? US-Forscher haben im Kot von Ziegen, Schafen und anderen Pflanzenfressern unerwartet effektive Helfer für die Biosprit-Produktion entdeckt. Denn die mikroskopisch kleinen Darmpilze dieser Tiere besitzen ein erstaunlich großes Arsenal an Enzymen, mit denen sie selbst harte, holzige Pflanzenabfälle effektiv zersetzen und umwandeln können, wie die Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten.

Treibstoffe und Chemie-Grundbausteine aus nachwachsenden Pflanzen-Rohstoffen wären eine umweltfreundliche Alternative zum Erdöl als Basisstoff – theoretisch. Doch in der Praxis hapert es damit. Denn ökologisch sinnvoll wäre dies nur bei Verwendung von Pflanzenabfällen und holzigen Pflanzenteilen.

Fund im Kot von Ziege und Co

Doch diese sind bisher zu stabil, um in Fermentern enzymatisch zu Biodiesel und CO umgewandelt zu werden. Als Folge werden stattdessen eigens angebaute Energiepflanzen wie Raps genutzt, die dem Nahrungsanbau Konkurrenz machen und zudem eine Überdüngung der Flächen fördern. Kevin Solomon von der University of California in Santa Barbara und seine Kollegen könnten nun jedoch eine Lösung für dieses Dilemma gefunden haben.

Als die Forscher den Kot von Ziegen, Schafen und Pferden auf potenziell nützliche Mikroben hin untersuchten, stießen sie auf drei vielversprechende Vertreter von winzigen, im Darm der Tiere lebenden Pilzen. „Diese Pilze machen nur rund acht Prozent der Darmflora aus, zersetzen aber bis zu 50 Prozent der aufgenommenen Pflanzennahrung“, erklären Solomon und seine Kollegen.

Die Darmpilze bilden fäfige Fortsätze, an deren Enden sie die abbauenden Enzyme abgeben. © University of California, Santa Barbara

Ein ganzes Arsenal an Enzymen

Die nähere Untersuchung dieser Darmpilze ergab, dass sie hunderte von Enzymen produzieren, mit denen sie selbst Lignozellulose und andere sehr widerstandsfähige Pflanzenkomponenten abbauen können. „Die Natur hat diese Pilze so optimiert, dass sie offenbar das weltweit größte Repertoire an Enzymen zum Abbau von Biomasse besitzen“, berichtet Studienleiterin Michelle O’Malley von der University of California.

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Der große Vorteil: Die Pilze können mit diesen Enzymen nicht nur Gras, holzige Teile und andere robuste Pflanzenabfälle abbauen, sie sind auch enorm anpassungsfähig. Egal was die Forscher den Pilzkulturen als Nahrung gaben, Zellulose, Hemizellulose, Lignin, Glukose oder den Holzinhaltsstoff Xylan: Die Pilze stellten einfach ihre Enzymproduktion entsprechend um – und das innerhalb kürzester Zeit.

Effektivere Produktion von Bio-Treibstoff

Für die Produktion von Bio-Treibstoffen und Chemie-Rohstoffen aus Pflanzenabfällen könnte sich das Enzym-Arsenal dieser Pilze als echte Schatztruhe erweisen. Denn industrielle Verfahren können bisher holzige Pflanzenteile oder Gras nur dann zersetzen und zu Zuckern oder Biodiesel umwandeln, wenn diese zuvor aufwändig unter hohen Temperaturen und Zusatz von Chemikalien vorbehandelt wurden.

Bisher werden vor allem sogenannte Energiepflanzen wie Raps, Zuckerrohr oder Ölpalmen für Biodiesel und Co angebaut. © Myrabella/ CC-by-sa 4.0

Und selbst dann erweisen sich einige Komponenten als nicht verwertbar für die bisher kommerziell eingesetzten und meist aufwändig gentechnisch modifizierten Enzyme. Im Gegensatz dazu schaffen die Darmpilze von Ziege und Co dies dank ihrer enormen Enzym-Palette problemlos ohne größere Umbauten. Sie könnten daher die Produktion von Biodiesel und Co erheblich effektiver und umweltfreundlicher machen.

„Weil diese Darmpilze mehr Werkzeuge zum Umbau von Biomasse in Treibstoffe besitzen, könnten sie schneller und bei einer größeren Vielfalt von Pflanzenmaterialien arbeiten“, sagt O’Malley. „Das eröffnet viele Chancen für die Bio-Treibstoff-Industrie.“ (Science, 2016; doi: 10.1126/science.aad1431)

(DOE/ Pacific Northwest National Laboratory, 22.02.2016 – NPO)

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