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Technik

Besserer Schutz durch neuartiges Unwetter-Warnsystem

Pilotprojekt warnt nicht nur, sondern leitet auch Maßnahmen ein

Gewitter werden häufiger © SXC

Seit Oktober 2008 ist im süddeutschen Ort Mering der Prototyp eines neuartigen Unwetter-Frühwarnsystems im Einsatz. Das System „SAFE“ sendet konkrete Warnungen, kann aber auch automatisch Schutzmaßnahmen in die Wege leiten. Einen ersten „Ernstfall“ hat das System bereits mit Bravour gemeistert.

Unwetter lassen sich nicht aufhalten, aber in vielen Fällen könnten Schäden vermieden oder zumindest eingedämmt werden, wenn die betroffenen Einwohner und Behörden rechtzeitig und gezielt vorgewarnt würden und angemessene Schutzmaßnahmen einleiten könnten. Viel zu häufig aber gehen Naturkatastrophen mit Informationskatastrophen einher. Prognosen sind ungenau oder werden zu spät erstellt und die Infrastrukturen, über die Unwetterwarnungen vermittelt werden, sind zu schwach ausgebaut. Die Folge: lange Reaktionszeiten und zu spät ergriffene Maßnahmen.

Pilotprojekt zur Gefahrenabwehr bei Unwettern

Das jetzt vorgestellte Pilotprojekt „SAFE“ unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Software- und Systemtechnik ISST kann zukünftig dazu beitragen, Unwetterschäden zu reduzieren indem es die Frühwarnung verbessert. „Die bloße Kenntnis von Gefahren schafft noch keinen Schutz“, erklärt Ulrich Meissen, Projektleiter von „SAFE“ am ISST und Fachmann für Location-based Services. „Der besondere Vorteil von SAFE liegt darin, dass das System nicht nur Gefahren erkennt, sondern auch gezielt Maßnahmen in die Wege leitet.“ Am 29. Oktober 2008 hat der Prototyp des Frühwarnsystems den Pilotbetrieb im süddeutschen Ort Mering aufgenommen.

Wetterdaten als Basis für konkrete, ortsbasierte Maßnahmen

Dafür greift „SAFE“ auf eine Vielzahl von Wetterdaten zurück: Einerseits werden die Daten durch ein dichtes Netzwerk aus Sensoren, das zum Beispiel rund um einen Ort oder eine Industrieanlage gelegt wird, erfasst. Andererseits ergänzen überregionale Wetterinformationen, beispielsweise von Satelliten oder Radareinrichtungen, den Datenbestand. Diese Daten werden an ein IT-System übertragen, dort ausgewertet und im Ernstfall über so genannte „ortsbasierte Dienste“ als Warnungen ortsgenau und individuell weitergeleitet.

Damit besonders gefährdete Einrichtungen wie Industrieanlagen sofort gesichert werden, kann das System außerdem automatische Gebäudeschutzmechanismen in Gang setzen, zum Beispiel das Schließen von Fenstern und das Steuern von Schleusen.

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"SAFE" warnt auf unterschiedlichen Kanälen, hier per Sirene oder Handy. © Fraunhofer ISST

Warnungen für Einwohner und Rettungskräfte

Neben dem automatischem Schutz sicherheitskritischer Anlagen bietet das System noch einen weiteren Vorteil: Es nutzt unterschiedliche Warnkanäle, um die Bedürfnisse und Situationen der betroffenen Personen zu berücksichtigen. So können über Set-Top-Boxen Warnungen in das laufende Fernsehprogramm eingeblendet werden, Warnsirenen informieren nachts in Privatgebäuden oder zum Beispiel in Schulen, Kindergärten und in Industrieanlagen die betroffenen Personen.

Zudem wird am Freizeitsee bei Mering kostengünstig eine Sturmwarnleuchte über SAFE angesteuert, die Surfer und Schwimmer rechtzeitig vor Gefahren warnt. Auch mobil über SMS oder im Büro über E-Mail sind Warnungen zugänglich. Einsatzkräfte können schließlich auf ein spezielles System zugreifen, das ihnen auch Lagebild, Positionsanzeige der Kollegen und Warnkarten auf dem Handy zeigt.

Erster Ernstfall erfolgreich überstanden

Einen ersten Test hat das System bereits mit Bravour überstanden: Am frühen Abend des 26. Mai 2009 zogen dichte Wolken mit zum Teil orkanartigen Böen über den Ort Mering – ein starkes Unwetter war im Anzug. Und prompt trat „SAFE“ in Aktion: Es informierte Bürger und Einsatzkräfte über drohenden „extremen Niederschlag und Hagel“. Außerdem generierte das System wenig später punktuelle Warnungen zum Beispiel zu Kanalüberläufen in einzelnen Straßenzügen.

Nach den positiven Ergebnissen der ersten Pilotphase in Mering ist ein weiterer Ausbau für andere Kommunen in den nächsten Jahren geplant. Neben Unwetterwarnungen lassen sich die Teile des Systems zudem für verbesserte Warnungen bei Katastrophen wie Sturmfluten und Großunfällen nutzen. Dies wird vom Fraunhofer ISST und dem Verband öffentlicher Versicherer zurzeit im Landkreis Aurich im Projekt KATWARN ausgearbeitet.

(Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik ISST, 18.08.2009 – NPO)

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