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Chemie

Besser als Graphen? Forscher entwickeln neues 2D-Material

Gitter aus Silizium, Bor und Stickstoff ist extrem stabil und wird leicht zum Halbleiter

Das neue Material besteht aus Silizium-, Bor- und Stickstoffatomen in einem hexagonalen, zweidimensionalen Gitter. © Madhu Menon

Nur eine Atomlage dick: Forscher haben ein Material entdeckt, das so flach ist wie Graphen, sich aber besser mit herkömmlicher Elektronik verbinden lässt. Denn das einschichtige Gitter besteht aus Bor, Stickstoff und Silizium und lässt sich leicht zu einem Halbleiter machen, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „Physical Review B“ berichten. Ein weiterer Vorteil: Das Gitter bleibt selbst unter Druck und bei hohen Temperaturen stabil.

Graphen gilt als das Material der Zukunft. Denn das zweidimensionale Gitter aus Kohlenstoffatomen ist leitfähig, flexibel und gleichzeitig extrem stabil. Unter bestimmten Umständen leitet Graphen elektrischen Strom sogar ohne Widerstand, wie Forscher 2014 herausfanden. Erste Anwendungen mit dem „Wundermaterial“, darunter das erste flexible Graphen-Display, sind bereits in der Entwicklung.

Suche nach Graphen-Analoga

Angefacht von den positiven Eigenschaften des Graphens suchen Forscher weltweit nach Materialien, die ebenfalls zweidimensionale Gitter bilden, aber möglicherweise noch günstigere Eigenschaften besitzen. Denn Graphen ist beispielsweise kein Halbleiter, was einige elektronische Anwendungen ausschließt. Doch bisher gibt es nur wenige Alternativen, die meisten sind zudem nicht sehr stabil.

Das könnte sich jetzt geändert haben. Denn Antonis Andriotis vom Institut für Elektronikstruktur und Laser (IESL) in Heraklion und Kollegen aus den USA und aus Deutschland haben nun mit Hilfe aufwändiger Computersimulationen ein neues zweidimensionales Material entdeckt, das sich noch besser als Graphen mit existierender Silizium-Technologie kombinieren lässt – denn Silizium ist einer der Bestandteile dieses Gitters.

Extrem stabiles hexagonales Gitter

Das neue Gittermaterial besteht aus den drei verschiedenen Atomsorten Silizium, Stickstoff und Bor, die sich miteinander abwechseln. Ähnlich wie beim Graphen sind die Atome dabei in einer hexagonalen Anordnung miteinander verknüpft – wenn auch wegen der unterschiedlichen Atomgrößen leicht verzogen, wie die Forscher berichten.

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Der große Vorteil: Im Gegensatz zu bisherigen Graphen-Alternativen sind die Grundstoffe für dieses Gittermaterial leicht, günstig und kommen auf der Erde sehr häufig vor. Zudem ist das von diesen Atomen gebildete Gitter extrem stabil: „Wir haben Simulationen genutzt, um zu sehen, ob die Bindungen brechen oder desintegrieren – aber das passierte nicht“, berichtet Koautor Madhu Menon von der University of Kentucky. „Dann haben wir das Material auf bis zu tausend Grad aufgeheizt und noch immer blieb es stabil.“

Leicht zum Halbleiter gemacht

Für künftige Anwendungen ist aber noch eine andere Eigenschaft wichtig: Das neue Material ist im Normalzustand metallisch, kann aber durch Bindung anderer Elemente mit seinen Silizium-Atomen sehr einfach zu einem Halbleiter gemacht werden. Denn diese Bindungen erzeugen jeweils maßgeschneiderte Bandlücken im Kristall und damit genau die Konfiguration von Elektronenlücken und -überschüssen, die den Halbleitern ihre spezifischen Eigenschaften verleihen.

Die Präsenz von Silizium im Gitter ermöglicht zudem eine fast nahtlose Integration dieses Materials in bestehende siliziumbasierte Technologie, wie die Forscher erklären. „Wir wissen, dass die siliziumbasierte Technologie an ihre Grenzen stößt, weil wir die elektronischen Bauteile immer kompakter machen“, sagt Menon. „Und wir wissen auch, dass wir nicht unendlich so weitermachen können, wir benötigen smartere Materialien.“ Und eines davon könnte das neue Gittermaterial sein, ist er überzeugt.

„Diese Entdeckung eröffnet ein neues Kapitel der Materialforschung, denn es gibt uns die Chance, gezielt neue Eigenschaften für neue Anwendungen zu erforschen und zu entwickeln“, sagt Menon. „Da werden wir künftig noch einige Überraschungen erleben.“ Inzwischen arbeiten die Forscher daran, ihr bisher nur in physikalisch-chemischen Modellen konstruierte Material auch im Labor zu synthetisieren. (Physical Review B, 2016; doi: 10.1103/PhysRevB.93.081413)

(University of Kentucky, 01.03.2016 – NPO)

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