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Materialforschung

Beschichtung verrät unsichtbare Schäden an Seilen

Verfärbung zeigt Schäden und Überlastung von Fasern frühzeitig an

Seil
Sichere Seile sind beim Klettern, aber auch für Bergrettung, Feuerwehr und andere Zwecke überlebenswichtig. © extremephotographer/ iStock.com

Die Farbe verrät’s: Wenn Sicherheitsseile durch Überlastung oder Gebrauch beschädigt sind, ist das oft nicht zu erkennen – sie reißen dann scheinbar abrupt und grundlos. Deshalb haben Forscher nun eine spezielle Beschichtung entwickelt, die Schäden an solchen Hochleistungsfasern anzeigt. Die damit überzogenen Seile verfärben sich, wenn sie hohen Temperaturen durch Reibung oder Feuer ausgesetzt waren. Dann kann das Seil rechtzeitig ausgewechselt werden.

Ob beim Bergklettern, in Form von Sicherheitsseilen der Feuerwehr oder Tragseilen für schwere Lasten auf Baustellen – in vielen Bereichen werden heute Seile aus Hochleistungsmaterialien eingesetzt, die besonders reißfest und beständig sind. Doch viele dieser Fasern verlieren bei zu hohen Temperaturen oder Überlastung ihre Stabilität. Subtile Schäden und Veränderungen an den Fasern mindern ihre Tragfähigkeit.

Das Problem dabei: Diese Schäden und Überlastungsfolgen sind mit bloßem Auge meist nicht erkennbar. Sie treten oft erst bei mikroskopischer Untersuchung zutage. Dadurch kommt es im Alltagseinsatz immer wieder zu einem abrupten Versagen solcher zuvor scheinbar noch intakter Sicherheitsseile.

Farbumschlag
Der Farbwechsel zeigt an, dass diese beschichtete Polyester-Faser erhitzt wurde und nicht mehr sicher ist. © Empa

Schäden an Fasern sichtbar machen

Deshalb haben nun Forscher um Dirk Hegemann von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) und der ETH Zürich eine Beschichtung entwickelt, die sich verfärbt, sobald ein Seil wegen zu starker Vorbelastungen nicht mehr ausreichend Sicherheit bietet.

Basis der neuen Indikatormethode ist ein bereits 2018 von den Forschern entwickeltes, dreiteiliges Beschichtungssystem: Die erste Schicht besteht aus Silber und dient als metallische Basisschicht und Reflektor. Darauf folgt eine Zwischenschicht aus Titan-Stickoxid, die dafür sorgt, dass das Silber stabil bleibt. Als dritte Schicht wird 20 Nanometer dünnes Germanium-Antimon-Tellurium (GST) benötigt, das für die Farbveränderung sorgt.

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Wird diese dritte Schicht erhöhten Temperaturen ausgesetzt, kristallisiert sie. Dadurch verändert sich die Lichtbrechung und der Farbeindruck wechselt etwa von blau nach weißlich. Durch Anpassung der chemischen Zusammensetzung lässt sich einstellen, bei welcher Temperatur zwischen 100 und 400 Grad der Farbumschlag eintritt. Das ermöglicht eine Anpassung der Warn-Beschichtung an die individuellen Eigenschaften des Seilmaterials.

Vom Teilchendampf zur homogenen Schicht

Die konkrete Umsetzung dieser Beschichtung war allerdings nicht ganz einfach. Denn ursprünglich hatten die Forschenden diesen mehrteiligen Überzug für glatte, ebene Oberflächen konzipiert. Sie mussten ihre Beschichtung daher zunächst so anpassen, dass sie auch auf den rauen, gekrümmten Oberflächen der Seile haftet. „Das war ein Prozess mit mehreren Schritten“, erklärt Hegemann.

Dafür nutzte das Team unter anderem die sogenannte Sputtering-Methode: Bei dieser Technik werden Atome aus dem Beschichtungsmaterial durch Beschuss mit energiereichen Ionen herausgelöst und in die Gasform überführt. Dieser Teilchendampf schlägt sich auf den Fasern des Seils nieder und kondensiert schließlich als eine hauchdünne, fest haftende Schicht.

Forschung noch nicht abgeschlossen

Erste Untersuchungen zeigen, dass das Beschichtungs-Prinzip für die Sicherheitsseile funktioniert. Allerdings ist die Forschung damit noch längst nicht abgeschlossen, wie Hegemann einräumt. Denn die Fasern können zurzeit noch nicht über längere Zeiträume gelagert werden: „Leider oxidieren die Phase-Change-Materialien im Verlauf von einigen Monaten“, erklärt der Forscher.

Die Kristallisation der dritten Schicht findet dann selbst bei Hitze nicht mehr statt und das Seil verliert sein „Warnsignal“. Aber eine Verbesserung der Haltbarkeit sei durchaus möglich: „Sobald erste Partner aus der Industrie ihr Interesse für eigene Produkte anmelden, lassen sich die Fasern entsprechend ihrer Bedürfnissen weiter optimieren“, ergänzt Hegemann. Neben Sicherheitsausrüstung für Feuerwehrleute oder Bergsteiger könnten die beschichteten Fasern dann zukünftig auch beispielsweise für Lastseile auf Baustellen genutzt werden.

Quelle: Empa – Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt

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