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Bernstein als Fenster in die Vergangenheit

Fossile Harze geben Einblicke in Millionen Jahre alte Lebenswelten

Insekten aus dem Mexikanischen Bernstein. A. Ameise (Formicidae), B. Zikade (Nododinidae), C. Pseudoscorpionidae, D. Bremse (Tabanidae), E. Trauermucke (Sciaridae) © Institut für Paläontologie / Uni Bonn

Er gilt als Gold des Nordens, als Träne der Götter oder einfach als wertvolles Schmuckstück: Der Bernstein hat die Menschen überall auf der Welt schon seit jeher fasziniert. Für Wissenschaftler jedoch ist der Bernstein ein Fenster, das tiefe Einblicke in die Erdgeschichte erlaubt. Denn in ihm eingeschlossen sind häufig Jahrmillionen alte fossile Überreste von Tieren und Pflanzen – meist perfekt in dreidimensionaler Form erhalten.

Forscher am Institut für Paläontologie der Universität Bonn untersuchen zurzeit Arthropoden, hauptsächlich Insekten aus verschiedenen Bernsteinvorkommen weltweit. Ziel ist es, anhand von ökologisch und biogeographisch aussagekräftigen Tiergruppen den ehemaligen Lebensraum und die biogeographischen Beziehungen der Organismen auch im Vergleich mit ihren heutigen Verwandten zu analysieren. Die Paläontologen wollen aber auch besser verstehen, wie die Lebewesen in die damals flüssigen Harze eingebettet wurden und wie die Fossilienbildung im Bernstein genau abgelaufen ist.

Woher kommt der Bernstein?

Außer in der Antarktis haben Forscher mittlerweile auf allen Kontinenten Bernsteinvorkommen entdeckt. Viele davon sind von großer wissenschaftlicher Bedeutung. „Erst kürzlich ist circa 52 Millionen Jahre alter Bernstein mit Einschlüssen in Kohleabbaugebieten von Indien aufgespürt worden. Diese Funde bieten die Möglichkeit, anhand von fossilen Arthropoden die Geschichte der kontinentalen Ökosysteme und den Ursprung der reichen Biodiversität Indiens eingehend zu untersuchen“, erläutert Professor Jes Rust vom Institut für Paläontologie.

Eingang zu einer Bernsteinmine im Gebiet von Simojovel, Chiapas, Mexico © Institut für Paläontologie / Uni Bonn

Bernstein kann man nicht nur am Strand finden, wie im Falle des berühmten Baltischen Bernsteins, sondern auch in Minen, wie beim Mexikanischen oder Dominikanischen Bernstein. „Die ältesten fossilreichen Bernsteine sind etwa 130 Millionen Jahre alt. Das heißt, die darin eingeschlossenen Organismen haben zur Zeit der heute so populären Saurier gelebt. Doch während wir von diesen nur die Knochen kennen, treten uns die Pflanzen und Tiere im Bernstein als dreidimensionale Gebilde mit allen Einzelheiten und oft in großer Schönheit entgegen.“, so Rust weiter.

Allein aus den großen Lagerstätten des circa 40 bis 50 Millionen Jahre alten Baltischen und des rund 15 bis 20 Millionen Jahre alten Dominikanischen Bernsteins sind insgesamt weit über 100.000 Fossilfunde bekannt, die zu den herausragenden Sammlungsbeständen vieler großer Museen gehören. „Der Bernstein stammt aus den unterschiedlichsten Quellen. Manchmal sind es Nacktsamer wie Nadelbäume, sehr oft aber auch Blütenpflanzen, die das ehemalige Harz geliefert haben.“, erklärt Mónica M. Solórzano Kraemer, die ebenfalls am Institut für Paläontologie forscht.

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Insekten, Spinnen und noch viel mehr

Eingeschlossen im Bernstein sind in erster Linie Insekten. Aber auch Spinnen, Skorpione, Milben und Tausendfüßer werden als so genannte Inklusen gefunden. Manchmal entdecken Paläontologen im Bernstein sogar gut erhaltene Eidechsen oder Überreste von Wirbeltieren wie Haare oder Federn. Auch Faden- und Ringelwürmer, Krebse oder vielfältige Pflanzenreste sind keine Seltenheit. „Durch Vergleiche der Ökologie von fossilen und möglichst nah verwandten rezenten Organismen, so genannte aktualistische Studien, ist es möglich, den ehemaligen Lebensraum weitgehend zu rekonstruieren. So ist beispielsweise bekannt, dass der Baltische Bernsteinwald ein subtropisches Ökosystem war, das sich einst vom heutigen Südschweden bis in den Ural erstreckte.“, erläutert Solórzano Kraemer wichtige Ergebnisse der aktuellen Bernsteinforschung. Kürzlich konnte sie mithilfe solcher Analysen zudem bestätigen, dass der Mexikanische Bernsteinwald aus einem tropisch-trockenen Tieflandwald hervor gegangen ist. Dieser war vermutlich zusammen mit Mangrovenwäldern in Küstennähe zu finden.

Wissenschaftler haben aber auch festgestellt, dass die Tierwelt des Mexikanischen Bernsteins mit jener des berühmten Dominikanischen Bernsteins von der Insel Hispaniola in vielerlei Hinsicht übereinstimmt. Sie schließen daraus, dass die geographische Lage der Insel vor 15 bis 20 Millionen Jahren im Erdzeitalter des Unter- und Mittelmiozäns den Faunenaustausch zwischen Südmexiko und Hispaniola über Landbrücken offensichtlich sehr begünstigt hat. Eine biostratigraphische Neuinterpretation der Daten für den Mexikanischen Bernstein hat zudem eine Altersgleichheit – rund 20 Millionen Jahre- mit dem Dominikanischen Bernstein ergeben.

Neue Erkenntnisse durch bessere Methoden

Indischer Bernstein und seine Insekten. A. Gallmücke (Cecidomyiidae), B. Pilzmücke (Mycetophilidae), C. Indischer Bernstein, D. Springschwanz (Collembola), E. Ameise (Formicidae). Alle Insekten sind kleiner als zwei Millimeter. © Institut für Paläontologie / Uni Bonn

Doch neben aktualistischen Studien und der Biostratigraphie gibt es noch viele weitere Möglichkeiten, um dem Bernstein und seinen Einschlüssen die Geheimnisse zu entlocken: „In der Bernsteinforschung werden in den letzen Jahren zunehmend neue und innovative Methoden eingesetzt. Sie schaffen die Möglichkeit, die Einschlüsse bis hin zu ihren feinsten Merkmalen zu untersuchen, die Chemie der fossilen Harze besser zu verstehen oder die Ursprungspflanze von Bernsteinfunde zu entschlüsseln“, erklärt Rust. „Hierzu gehören etwa die Laser Scanning Mikroskopie oder Mikro-CT-Scanner, die sogar hochauflösende, dreidimensionale Dokumentationen der Einschlüsse ermöglichen.“

(Mónica M. Solórzano Kraemer, Jes Rust, Institut für Paläontologie der Uni Bonn, 16.11.2007 – DLO)

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