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Technik

Bakterien: Jetzt auf Blu-ray

Wissenschaftler nutzen normale Blu-ray Discs und Player, um Bakterien und Toxine nachzuweisen

Probentröpfchen auf einer Blu-ray Disc. In jedem Tropfen sind 64 Punkte (8 x 8) mit einem Durchmesser von jeweils 125 Mikrometern. © Universitat Politècnica de València

Eine Blu-ray voll Bakterien? Was sich wie die Ankündigung zu einem Seuchenfilm anhört, ist in Wahrheit eine neue Analysetechnik. Spanische Wissenschaftler haben Blu-ray Discs als Träger benutzt, um pathogene Bakterien und deren Toxine nachzuweisen. Der Laser eines normalen Blu-ray Players reicht dafür als Analyseinstrument aus. Im Fachmagazin „Biosensors and Bioelectronics“ beschreiben die Forscher die Möglichkeiten und Vorteile ihrer neuen Methode.

Bakterien und deren Toxine nachzuweisen und zu identifizieren ist kein simpler Vorgang. Üblicherweise verwenden Wissenschaftler dazu besondere Moleküle, meistens Antikörper, die an spezifische Strukturen oder Bestandteile der Bakterien binden. Auch die isolierte DNA der Bakterien kann zum Nachweis dienen: Sondenmoleküle für spezifische Gene erlauben es, eine Art zweifelsfrei zu identifizieren. In Punkten und Reihen auf Chips angeordnet bilden die Sonden sogenannte Mikroarrays und beginnen zu fluoreszieren, wenn sie an ihrem Zielmolekül andocken. Unter dem Mikroskop oder mit speziellen Instrumenten lässt sich so feststellen, wo und wie häufig das Zielmolekül vorkommt. Diese etablierten Methoden sind jedoch oft langwierig und setzen teure Instrumente voraus.

Wissenschaftler der Polytechnischen Universität Valencia schlagen eine schnelle und günstige Alternative vor: „Wir verwenden die Oberfläche von handelsüblichen Discs als Analyse-Plattform, um unsere Tests durchzuführen“, erklärt Sergi Morais, einer der Autoren des Artikels. Wegen der besonderen Oberflächeneigenschaften der Discs geht das ohne jede chemische Vorbehandlung: Auf dem glatten, wasserabweisenden Kunststoff bleiben die Sonden ohne weiteres fest haften.

Blu-ray-Auflösung für Nachweis von Pathogenen

Blu-rays bieten nicht nur für Filme eine hohe Auflösung: Bis zu 138.000 winzige Sonden-Punkte mit nur 125 Mikrometern Durchmesser finden Platz auf einer Disc, jeweils 64 solcher Punkte bilden ein Mikroarray. Darauf wird ein einzelner Tropfen von fünf bis zehn Mikrolitern einer biologischen Probe aufgesetzt. Die Probe reagiert so mit vielen verschiedenen Sonden nebeneinander, die gleichzeitige Analyse spart viel Zeit.

Nach abgeschlossener Reaktion kommt die Blu-ray Disc in den Player, der die Ergebnisse ausliest: Sondenmoleküle, die auf die Bakterien reagiert haben, haben ihre optische Dichte verändert. Der Laser erkennt dies und interpretiert dies ähnlich wie einen Datenpunkt auf einer normalen DVD. Das von ihm ausgegebene Signal zeigt den Forschern daher an, ob sich die gesuchten Bakterien in der Proben befinden oder nicht.

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Das Team hat auf diese Weise bereits Salmonellen und Cronobacterien erfolgreich anhand ihrer DNA identifiziert. „Mit dieser Methode könnten diese und ähnliche Mikroorganismen in Muttermilch oder anderer Nahrung nachgewiesen werden“, sagt Morais. Außerdem konnten die Chemiker mit der Blu-ray-Technologie die Konzentration von Mikrocystinen in Wasser bestimmen. Diese Toxine werden von Cyanobakterien produziert und können Darmkrankheiten und allergische Reaktionen auslösen. „Mit dieser Art von Test ließen sich auch Tumormarker, Allergene in Lebensmitteln oder Medikamenten sowie Pestizide nachweisen“, führt Chemiker Morai aus. Die Methode sei empfindlich genug, um solche Schadstoffe auch unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte zu messen.

Günstige Alternative zu etablierten Methoden

Die Wissenschaftler geben an, dass ihre Technik in Genauigkeit und Empfindlichkeit mit etablierten Labormethoden vergleichbar ist. Zwar ist die Analyse auf der Blu-ray Disc noch keine „offizielle“ Methode. Weil sie so einfach und schnell und außerdem noch relativ günstig ist, sehen die Entwickler jedoch großes Potenzial für Voruntersuchungen. „Proben, die mit dieser Technik positive Ergebnisse zeigen, werden auch mit anderen Methoden positiv sein“, erklärt Morais. Nachdem aus einer großen Probenmenge die negativen ausgeschlossen seien, könne man den Rest mit tiefergehenden etablierten Analysen untersuchen.

Gerade die einfachen Eigenschaften der Blu-ray-Technologie beschreiben die Wissenschaftler als vielversprechend. Weil die Discs stabil und leicht verfügbar sind und sich so einfach mit passenden Sonden präparieren lassen, ließen sie sich auch in klinischer Diagnostik oder bei industriellen Analysen vor Ort einsetzen. Außerdem könnten sie zu einer weiteren Verbreitung gut ausgestatteter Analyselabore beitragen: Modernste Instrumente zur Laboranalytik sind teuer, günstige Alternativen gibt es kaum. Gerade Labors mit weniger Geld könnten von dieser Technik profitieren.

(Biosensors and Bioelectronics, 2014; doi: 10.1016/j.bios.2013.07.045)

(Plataforma SINC, 19.02.2014 – AKR)

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