Gibt es in der Natur Verkehrsprobleme oder hat die Evolution Wege gefunden, Staus zu vermeiden? Dieser Frage ist jetzt ein internationales Forscherteam nachgegangen. Die Physiker berichten über die Ergebnisse ihrer neuen Studie in der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“.
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Ameisen bilden ein Straßennetzwerk, das in vielerlei Hinsicht menschlichen Autobahnen gleicht. Dabei benutzen sie eine spezielle Form der Kommunikation, die so genannte Chemotaxis, bei der sie ihren Weg mit Hilfe von chemischen Substanzen (Pheromonen) markieren.
Ameisenverkehr untersucht
Im Rahmen seiner Doktorarbeit hat Alexander John von der Universität zu Köln mehrere Monate in Indien verbracht, um in einer Studie das Verkehrsverhalten einer speziellen Spezies zu untersuchen, bei der diese Ähnlichkeiten besonders groß sind. Anhand von Videoaufnahmen analysierte der Kölner Physiker zusammen mit Kollegen aus Indien und Japan den Ameisenverkehr mit Hilfe von Zählschleifen, einer Methode, die auch auf Autobahnen angewandt wird.
Ameisenstraßen kennen keine Staus
Dabei zeigten sich überraschende Aspekte. So wurden beispielsweise keinerlei Überholvorgänge beobachtet. Trifft eine schnellere Ameise auf eine langsamere, so nimmt sie vielmehr deren Geschwindigkeit an. Auf diese Weise entstehen Kolonnen, in denen sich die Ameisen quasi im Gleichschritt bewegen.
Diese Kolonnenbildung hat eine weitere wichtige Konsequenz: Auf Ameisenstraßen gibt es keine Staus. Die mittlere Geschwindigkeit der Tiere nimmt dort mit zunehmender Verkehrsdichte praktisch nicht ab. Dies kennen wir von unseren Autobahnen leider nicht: Je mehr Autos sich dort bewegen, umso langsamer kommt man voran.
Raser und Egoisten fehlen
Woran liegt nun dieses ungewöhnliche Verhalten? Zum Einen, so die Forscher, spielt die Tatsache eine wichtige Rolle, dass alle Ameisen identisches Verhalten zeigen. Es gibt keine Raser oder, zumindest in dem untersuchten Fall, auch keine schwerbeladenen LKWs.
Zum Anderen sind Ameisen, ganz im Gegensatz zu Autofahrern, nicht egoistisch. Im Vordergrund stehen nur die Interessen der gesamten Kolonie, nicht das eigene schnelle Vorankommen. Offensichtlich bringt diese Rücksichtnahme Vorteile für alle – eine Erkenntnis, von der nicht nur Autofahrer lernen können, so die Forscher um John und Professor Andreas Schadschneider vom Kölner Institut für Theoretische Physik.
(idw – Universität zu Köln, 24.04.2009 – DLO)