Anzeige
Raumfahrt

Abflug zum Satelliten-Friedhof

Ausgedienter Wettersatellit Meteosat-7 wird auf seine letzte Reise geschickt

Es wird eng im Orbit: Etwa 95 Prozent der in diesem Modell gezeigten Objekte sind Weltraumschrott. © NASA Orbital Debris Program Office

Sein letzter Weg: Nach zwanzig Jahren im Dienst wird der Wettersatellit Meteosat-7 heute in Rente geschickt. Dazu befördern ihn Ingenieure in eine höhere Umlaufbahn, den „Friedhofs-Orbit“. Dort verweilt er als Weltraumschrott – weit genug weg, um die intakten Satelliten im geostationären Orbit nicht zu gefährden. Auf lange Sicht aber ist auch das keine Lösung. Denn irgendwann wird es zu eng werden auf dem Satelliten-Friedhof.

Am zweiten September 1997 wurde der Wettersatellit Meteosat-7 in den geostationären Orbit geschossen. In 36.000 Kilometern Höhe umkreiste er fast 20 Jahre lang unseren Planeten und lieferte alle 30 Minuten wertvolle Daten, unter anderem für den Deutschen Wetterdienst. Da seine Lebenserwartung ursprünglich nur fünf Jahre betrug, ist der Ruhestand nun mehr als verdient. Doch ihn einfach abschalten und dem Universum überlassen, das geht nicht.

In verschiedenen Höhen fliegen heutzutage über eintausend Satelliten um die Erde. Und jährlich kommen neue dazu, wie die GRACE-Satelliten oder Sentinel-2B. Da wäre es fatal, wenn ausgediente, und damit nicht mehr steuerbarere Satelliten in ihrer ursprünglichen Umlaufbahn blieben. Es würde schnell voll werden – und Kollisionen mit aktiven Satelliten wären bald unvermeidlich. Die Zone der intakten Satelliten muss deshalb geschützt und von Weltraumschrott frei gehalten werden.

Modell eines Meteosat-Satelliten. © Ysangkok / gemeinfrei

Methode 1: Verglühen

Um dem Crash im All vorzubeugen, lassen Wissenschaftler ausgediente Satelliten wenn möglich in die Erdatmosphäre eintreten und verglühen. Dazu geben sie dem Flugkörper vor Ablauf seiner Einsatzzeit einen Schub in Richtung Erdoberfläche, sodass er einen tieferen Orbit erreicht. Nach spätestens 25 Jahren muss er dann so tief fliegen, dass er durch die Luftreibung in einem Feuerball verglüht. Dies wird aber nur für Satelliten in erdnahen Umlaufbahnen bis 2.000 Kilometer Höhe angewendet.

Für geostationäre Satelliten wie Meteosat-7, der in 36.000 Kilometern Entfernung die Erde umkreist, ist der Wiedereintritt in die Atmosphäre ein undenkbares Szenario. „Dafür müsste der Satellit zu viel Treibstoff mitnehmen – doch das würde ihn zu schwer machen“, sagt Ingenieur Milan Klinc von der Europäischen Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten EUMETSAT.

Anzeige
Mit bis zu neun Triebwerksschüben wird Meteosat-7 in den Friedhofs-Orbit manövriert. © EUMETSAT

Methode 2: Friedhof

Statt in die Erdatmosphäre schicken die Ingenieure Meteosat-7 mit seinen Treibstoffreserven in den „Friedhofs-Orbit.“ Dies ist eine Art Sicherheitszone, in der ausgediente Satelliten gelagert werden. Mindestens 200 Kilometer über dem geostationären Orbit ist der Weltraumschrott keine Gefahr für die intakten Satelliten dort.

Für die letzte Reise des Satelliten müssen ausreichend Treibstoffreserven eingeplant werden. Denn die Ingenieure bringen Meteosat-7 durch gezielte Triebwerkschübe in seine finale Umlaufbahn. „Wir haben es so entworfen, dass wir nach dem dritten Schub die zu schützende Region verlassen“, sagt Klinc. „Zur Sicherheit haben wir einen Puffer eingeplant und manövrieren weiter hinaus, mit bis zu neun Schubmanövern.“

Zusätzliche Sicherheit

Meteosat-7 wird nicht einfach nur auf den Friedhofs-Orbit geschickt. Auch weitere Sicherheitsmaßnahmen werden getroffen. So drehte sich Meteosat-7 während seiner Einsatzzeit 100 Mal pro Minute um die eigene Achse, um seine Flugbahn zu stabilisieren. Diese Drehung verlangsamen die Ingenieure für die Außerbetriebnahme. Denn wenn in den nächsten Jahrzehnten Bestandteile vom Satelliten durch Materialermüdung abbrechen, könnten sie durch die schnelle Drehbewegung zurück in Richtung Erde katapultiert werden.

Das Stoppen der Drehbewegung wird zusammen mit dem Manövrieren in den Friedhofsorbit erreicht, indem die Beschleunigungsschübe gezielt eingesetzt werden. Mit dieser Technik schafft es Klincs Team, die Eigendrehung des Satelliten ohne zusätzliche Treibstoffkosten deutlich zu senken.

Als weitere Sicherheitsvorkehrungen werden zudem überschüssige Treibstoffreste und Druckgase aus dem Tanksystem abgelassen. Zudem werden die Batterien entladen und von der Energieversorgung getrennt und der größte Teil des Equipments ausgeschaltet. So sollen unvorhergesehene Fehlfunktionen, Explosionen oder andere Zwischenfälle ausgeschlossen werden, berichten die Wissenschaftler.

Es wird eng auf dem Friedhof

Auch wenn der Friedhofs-Orbit in einer großzügigen Entfernung außerhalb des genutzten geostationären Orbits liegt, kann dieses Entsorgungsmodell aber nur eine temporäre Lösung sein. „Weltraumschrott ist ein großes Problem“, sagt Klinc.

Langfristig wird es auf dem Friedhofs-Orbit zu eng werden, sodass neue Wege gefunden werden müssen, um dem Weltraumschrott Herr zu werden. „Wir sind in dieser Beziehung noch in einem frühen, theoretischen Stadium, aber wir müssen dauerhafte Lösungen in Betracht ziehen. Dazu gehört auch das Entfernen oder Einsammeln alter Satelliten“, schließt Klinc.

(European Organisation for the Exploitation of Meteorological Satellites (EUMETSAT), 03.04.2017 – CLU)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Diaschauen zum Thema

keine Diaschauen verknüpft

Dossiers zum Thema

News des Tages

Bücher zum Thema

Unser Fenster zum Weltraum - 400 Jahre Entdeckungen mit Teleskopen von Lars Lindberg Christensen und Govert Schilling

Hubble - Deep Space

Erlebnis Space Shuttle - von Tony Reichhardt

Top-Clicks der Woche