Die Situation im Krisengebiet Myanmar wird nach dem verheerenden Zyklon „Nargis“ immer dramatischer. Denn die Auswirkungen des Wirbelsturms sind weitaus schlimmer als zunächst angenommen. Nach offiziellen Regierungsangaben starben mindestens 80.000 Menschen bei der Naturkatstrophe, mehrere zehntausend weitere werden zurzeit noch vermisst. Andere Schätzungen gehen sogar von 100.000 oder mehr Toten aus.
Nargis war am Wochenende mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 240 Kilometer pro Stunde über Myanmar (das ehemalige Birma) hinweg gezogen und hatte dabei eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Besonders schlimm betroffen ist nach Angaben von Militärsprechern die Region um die Stadt Labutta im Irrawaddy-Delta. Dort sind nach bisher vorliegenden offiziellen Angaben 63 Dörfer nahezu vollständig vom Wirbelsturm und der begleitenden Flutwelle zerstört worden.
Hier und in vielen anderen Bereichen des Deltas werden die Überlebenden in großen behelfsmäßigen Camps notdürftig untergebracht, so Mitarbeiter von Hilfsorganisationen. In den Lagern fehle es jedoch nahezu an allem Notwendigen – Trinkwasser, Medikamente, Zelte, Lebensmittel.
Einreise internationaler Helfer wird verzögert
Unterdessen ist aber die internationale Hilfe für die Zyklonopfer durch Organisationen wie Caritas International oder DRK sowie freiwillige lokale Helfer angelaufen. Zurzeit werden beispielsweise in den Regionen Rangun, Mawlamyine und Pathein Erhebungen durchführt und teilweise im Katastrophengebiet auch Hilfsgüter verteilt.
Erschwert wird die Hilfe durch eine nach wie vor restriktive Visa-Politik der Regierung von Myanmar, die die Einreise vieler internationaler Helfer aus Asien und Europa verzögert. „Es gilt jetzt, schnell zu sein. Jede Stunde zählt. Jeder Helfer wird gebraucht. Die Haltung der Regierung von Birma ist deshalb aus humanitärer Sicht nicht nachvollziehbar“, beklagt beispielsweise Oliver Müller, Leiter von Caritas international.
Die Bundesregierung rief gestern die Militärregierung dazu auf, einen besseren Zugang für Hilfsorganisationen zu schaffen. „Jeden Tag wird das wahre Ausmaß der Verwüstungen deutlicher“, hob Regierungssprecher Ulrich Wilhelm bei der Bundespressekonferenz in Berlin hervor. Immerhin hat die Militärregierung jetzt erste internationale Hilfsflüge gestattet. Das Auswärtige Amt stellt deutschen Hilfsorganisationen eine Million Euro für die Menschen in Myanmar zur Verfügung.
Kaum Informationen aus ländlichen Gebieten?
Sorgen machen den Rettern vor Ort vor allem die ländlichen Gebiete, aus denen bislang kaum Informationen vorliegen. Es ist nicht auszuschließen, dass die schon jetzt hohen Opferzahlen weiter ansteigen, wenn ungehindert Informationen aus den abgelegenen Gebieten eingeholt werden können. Bislang ist es internationalen Helfern nicht erlaubt, sich außerhalb der Hauptstadt ein Bild von der Lage zu verschaffen.
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Als dringlichste Aufgabe sehen Caritas international und seine Partner an, den Ausbruch von Krankheiten zu verhindern. Nach wie vor ist es für die internationalen Helfer aufgrund von Stromengpässen und einer restriktiven Informationspolitik der Regierung jedoch schwierig, exakte Informationen über das Ausmaß der Katastrophe zu erhalten.
CARE gibt erste Hilfe
„Wir sind froh, dass wir mit den ersten notwendigen Schritten beginnen konnten“, sagte gestern CARE-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Jamann in Bonn. In den Bezirken South Dagon und Thaketa von Rangun verteilt CARE Lebensmittel, Plastikplanen und Kochgeschirr. Auch in Patone, in dem vom Zyklon massiv getroffenenen Irrawaddi-Delta, erhalten die Opfer der Katastrophe Unterstützung.
Dabei arbeitet CARE mit dem Welternährungs-Programm der UNO (WFP) zusammen. Durch die jahrelange Präsenz von CARE in Myanmar ist es möglich, für diese ersten Schritte auf Mitarbeiter von außerhalb zu verzichten. Jamann: „So müssen wir nicht auf die Erteilung von Visa warten, sondern können jetzt beginnen.“
Angesichts des Ausmaßes der Notlage und der katastrophalen Wassersituation hat CARE auch mit der Verteilung von Wasserreinigungs-Tabletten – so genannten „safe water systems“ – begonnen. Gleichzeitig erhalten die Opfer Kanister, in denen sie das saubere Wasser aufbewahren können.
Monatelanger Einsatz nötig?
Helfer rechnen aufgrund der vorliegenden Informationen damit, dass das Engagement nach dem Zyklon mehrere Monate, wenn nicht Jahre andauern wird. Das am stärksten betroffene Irrawaddy-Delta gilt traditionell als Reiskammer Myanmars, dem Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Reis weltweit. Die Hilfsorganisationen befürchten deshalb schwerwiegende langfristige Auswirkungen auf die Versorgungslage in Myanmar.
(Caritas international/Bundesregierung online/CARE/ASB, 08.05.2008 – DLO)