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Wissenschaft

Fachzeitschriften reagieren auf Trendthemen

Medien-Aufmerksamkeit beeinflusst, welche Themen Fachjournale bevorzugt publizieren

Fachjournale
Wie entscheiden die Editoren wissenschaftlicher Fachjournale, welche Themen relevant sind? © Mordolff/ Getty images

Populäres bevorzugt: Welche wissenschaftlichen Studien für die Publikation in einem Fachjournal angenommen werden, hängt offenbar nicht nur von der wissenschaftlichen Qualität ab. Stattdessen gibt es dabei thematische Trends und „Modeströmungen“, wie Forschende ermittelt haben. Ist ein Thema stark in den Massenmedien präsent, haben auch wissenschaftliche Arbeiten zu dem Thema bessere Chancen, veröffentlicht zu werden. Ein starkes Medienecho auf eine Studie erhöht zudem die Publikationschancen für Folgearbeiten zu dieser Thematik.

Wenn Journalisten entscheiden, über welche Themen sie berichten, orientieren sie sich üblicherweise an klassischen Nachrichtenfaktoren – darunter, ob ein Thema gesellschaftlich relevant ist, Neuigkeitswert besitzt und einen räumlichen Bezug zum Verbreitungsgebiet des Mediums hat. Nach welchen Kriterien dagegen wissenschaftliche Fachzeitschriften auswählen, welche der eingereichten Studien sie veröffentlichen, ist wenig transparent.

Wechselspiel von Medien und Wissenschaft

Ein Team um Melanie Leidecker-Sandmann vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat nun untersucht, inwieweit der wissenschaftliche Auswahlprozess mit der Berichterstattung in Massenmedien assoziiert ist. Dazu stellten Leidecker-Sandmann und ihr Team fast 1.000 wissenschaftliche Studien zusammen, die zwischen 2014 und 2018 breite Aufmerksamkeit in den internationalen Massenmedien erfahren hatten. Anschließend analysierten sie, wie viele thematisch ähnliche Studien vor und nach der medial erfolgreichen Studie in wissenschaftlichen Fachzeitschriften publiziert wurden.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass in 59 Prozent der Fälle mehr thematisch ähnliche Artikel in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden, nachdem eine wissenschaftliche Arbeit eine nennenswerte Berichterstattung in den Medien erhalten hatte“, berichten Leidecker-Sandmann und ihre Kollegen. Dabei spielte es keine Rolle, wie renommiert die Fachzeitschrift war, in der die massenmedial erfolgreiche Studie veröffentlicht wurde.

Reaktion auf relevante Ereignisse, aber auch das Medienecho

Als Beispiel nennen die Forschenden die Berichterstattung und Studienlage zum Zikavirus, das sich Anfang 2016 in Südamerika ausbreitete. Nachdem die Weltgesundheitsorganisation WHO diesen Ausbruch offiziell als Bedrohung für die öffentliche Gesundheit eingestuft hatte, griffen Medien weltweit das Thema auf. In den Folgejahren gab es eine Schwemme von Fachpublikationen zum Zikavirus. Umgekehrt hatten 18 der 20 besonders oft von den Medien aufgegriffenen Studien in dieser Zeit das Zikavirus zum Thema.

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„Dies ist ein gutes Beispiel dafür, dass sowohl Journalismus als auch die wissenschaftlichen Fachjournale sozial relevante Themen aufgreifen“, erklären die Forschenden. In anderen Fällen war es erst das Medienecho auf eine Studie, die weitere Publikationen zu diesem Thema förderte: „Unsere Analyse ergab, dass in den Fachjournalen gut 50 Prozent mehr Fachartikel zu einem Thema erschienen, wenn eine Studie dazu zuvor eine größere Medienaufmerksamkeit erregt hatte“, berichten Leidecker-Sandmann und ihr Team.

„Unsere Ergebnisse bestätigen die Hypothese, nach der es eine positive Korrelation zwischen der externen Popularität eines Forschungsergebnisses und seiner internen Popularität in der Wissenschaft gibt“, so das Team weiter.

Wer beeinflusst wen?

Dies illustriert, dass die Wissenschaft und im Speziellen die wissenschaftliche Publikationspraxis keineswegs isoliert im „Elfenbeinturm“ stattfindet. Ob sich die zuständigen Redakteure von Fachzeitschriften bei ihrer Auswahl der Studien tatsächlich von der potenziellen massenmedialen Aufmerksamkeit beeinflussen lassen, lässt sich anhand der Erhebung allerdings nicht feststellen.

Leidecker-Sandmann und ihre Kollegen halten es für wahrscheinlicher, dass sich die Assoziation in den meisten Fällen einfach dadurch erklärt, dass Journalisten und wissenschaftliche Fachjournale ähnliche Auswahlkriterien anlegen. „Auch wissenschaftliche Zeitschriften konzentrieren sich auf Themen, die gesellschaftlich relevant sind – was zugleich der Grund dafür ist, dass sich die Medien mit diesen Themen beschäftigen“, erklären sie.

Klar ist aber: Gesellschaftlich unpopuläre Themen haben sowohl in den Massenmedien als auch in der Wissenschaft geringere Chancen darauf, veröffentlicht zu werden. (PLOS ONE, 2023, doi: 10.1371/journal.pone.0280016)

Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

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