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Physik

Physiker konstruieren neuartige Lichtfalle

Erster Nachweis einer Anderson-Lokalisierung für Wellen außerhalb des "Fallen"-Spektrums

Lichtleiter
Mithilfe von optischen Fasern haben Physiker Lichtwellen auf neue Weise eingefangen und festgehalten. © A. Szameit/ Universität Rostock

Gefesseltes Licht: Physiker haben Licht mithilfe einer neuartigen Falle festgehalten – und dabei einen noch nie experimentell nachgewiesenen physikalischen Effekt demonstriert. Bei diesem hemmt eine spezielle Struktur die Wellenausbreitung, obwohl das Spektrum des Lichts außerhalb der spektralen Größenordnung des Störmusters liegt. Ob eine Lichtfessel durch die sogenannte Anderson-Lokalisierung bei einer solchen Kombination überhaupt möglich ist, war bisher unklar – jetzt ist es nachgewiesen.

Phänomene wie die Lichtbrechung und -beugung demonstrieren, dass sich Licht und andere Strahlung durch bestimmte Materialien beeinflussen lassen. Durch solche Interaktionen können Richtung, Phase, Polarisation oder auch Wellenlänge des Lichts verändert werden. In speziellen Metamaterialien und photonischen Kristallen ist es Physikern sogar schon gelungen, das Licht zu stoppen oder seine Phasengeschwindigkeit ins Unendliche zu beschleunigen.

Anderson-Lokalisierung: festgehaltene Wellen

Eine weitere Möglichkeit, Licht und andere Wellen zu manipulieren, ist die sogenannte Anderson-Lokalisierung. Sie beruht auf einer theoretischen Vorhersage, die der US-Physiker Philip Anderson 1958 vorstellte. Nach dieser kann die Störwirkung bestimmter Strukturen – sogenannter ungeordneter Systeme – frei bewegliche Elektronen und andere Quantenteilchen schlagartig festhalten. Bei Elektronen wird dadurch ein Stromleiter plötzlich zu einem Isolator.

Seither ist diese Anderson-Lokalisierung auch für verschiedenen Formen der Strahlung und Schallwellen nachgewiesen worden. Allerdings schien dabei eine Einschränkung zu gelten: Solche Wellenfallen funktionieren demnach nur, wenn die Gittergröße der manipulierenden Struktur mit dem Spektrum und damit der Wellenlänge der Strahlung übereinstimmt. „Experimentell war die Anderson-Lokalisierung daher immer auf die spektrale Reichweite der Unordnung begrenzt“, erklären Alex Dikopoltsev vom Technion in Haifa und seine Kollegen.

Geht das auch für eine „unsichtbare“ Falle?

Doch dieses Limit haben die Physiker nun geknackt: Sie belegen, dass auch für Licht „unsichtbare“, weil außerhalb seines Spektrums liegende Strukturen die Wellen festhalten können. Theoretisch vorhergesagt hatten dies Dikopoltsev und sein Team schon 2019, jetzt ist ihnen gemeinsam mit Kollegen der Universität Rostock auch der experimentelle Nachweis gelungen.

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Für ihr Experiment konstruierten die Physiker zunächst eine photonische Struktur, die als ungeordnetes Störsystem wirkt – als Lichtfalle. „Dazu haben wir kilometerlange optische Glasfasern so mit einander verknüpft, dass die Lichtausbreitung in diesen Fasern die Bewegung von Elektronen in ungeordneten Materialien nachahmt“, erklärt Koautor Sebastian Weidemann von der Universität Rostock. Durch dieses System schickten die Forscher dann Strahlenpakete, deren Wellenzahlen deutlich über oder unter der spektralen Größe der Störstruktur lagen.

Experimenteller Nachweis geglückt

Das Ergebnis: „Wir konnten deutlich sehen, dass Lichtwellen selbst dann auf kleine Raumbereiche begrenzt werden, wenn die Unordnung für sie praktisch unsichtbar sein sollte“, berichtet Weidemann. Die Wellenpakete wurden an Ort und Stelle festgehalten und zeigten damit klare Anzeichen einer Anderson-Lokalisierung. „Wir haben damit erstmals experimentell bewiesen, dass eine Anderson-Lokalisierung auch komplett außerhalb der spektralen Reichweite der Unordnung stattfinden kann“, konstatieren die Physiker.

Ihren Analysen zufolge kommt dieser neuartige Effekt durch virtuelle Übergänge zustande: „Indem Lichtwellen mehrmals hintereinander mit der nahezu unsichtbaren Unordnung wechselwirken, kann ein unerwartet starker Effekt entstehen, der sogar solche Lichtwellen zur Anderson-Lokalisierung zwingt“, erklärt Dikopoltsev. „Dadurch können Wellen jeder Wellenzahl, selbst jenseits des Unordnungs-Spektrums eine Anderson-Lokalisierung erleben.“

Bedeutung auch für praktische Anwendungen

Damit erweitern diese Ergebnisse nicht nur das Wissen über die Wellenausbreitung in ungeordneten Systemen, sie hat auch Bedeutung für konkrete technische Anwendungen. Denn sie führt zu neuen Möglichkeiten, durch solche ungeordneten Systeme selektiv Ströme zu unterdrücken – egal, ob bei Licht, Schall oder Elektronen. (Science Advances, 2022; doi: 10.1126/sciadv.abn7769)

Quelle: Universität Rostock

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