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Physik

Ein Möbiusband aus Licht

Photonische "Flüstergalerie" zwingt Licht auf eine verdrehte Bahn

Möbiusband
Physiker haben einen Wellenleiter konstruiert, der Licht zu einem Möbiusband verdreht. © maxkabakov/ Getty images

Verdrehtes Licht: Physiker haben einen Lichtstrahl zu einem Möbiusband verformt – einem verdrehten Band mit ineinander übergehenden Seiten. Möglich wurde dies durch eine Art „Flüstergalerie“ für Licht. Sie besteht aus einem ringförmigen Wellenleiter, in dem eine ungerade Zahl winziger Noppen auf der Innenseite die Lichtwellen dreht und abbremst. Diese neue Möglichkeit der Lichtmanipulation könnte für photonische Chips, die Quantentechnologie und andere optische Technologien nützlich werden.

Ob zur Datenübertragung, als Antrieb für Nanomotoren oder als Basis für Quantentechnologien und photonische Chips: Die Manipulation des Lichts bildet die Grundlage für viele moderne Technologien. Meist kommen dabei photonische Kristalle oder Metamaterialien zum Einsatz, die Polarisation und Phase der Lichtwellen durch physikalische Interaktion modifizieren. Sogar abbremsen, stoppen und speichern lässt sich Licht durch solche Materialien.

Flüstergalerie als Vorbild

Eine neue Form der Lichtmanipulation ist nun einem Team um Mingkang Wang vom US National Institute of Standards and Technology (NIST) gelungen. Sie haben einen Wellenleiter konstruiert, der einen Lichtstrahl zu einem Möbiusband verdrehen kann – einem Band mit ineinander übergehenden Seiten. Die Phasen des Lichts werden dabei so verschoben und gedreht, dass der Strahl zwei volle Umrundungen vollführen muss, bevor er wieder seine Anfangskonfiguration erreicht.

Anstoß für den neuartigen Wellenleiter lieferte das Prinzip der akustischen Flüstergalerien. In solchen Gewölben oder Rundbauten werden Schallwellen entlang der Wände so gebrochen und reflektiert, dass sie nahezu verlustfrei am anderen Ende ankommen – man hört dadurch selbst das leiseste Flüstern von der Gegenseite des Raums. Einen ähnlichen Effekt kann man auch bei Licht erzeugen, wenn man es entlang speziell gekrümmter Oberflächen leitet.

Bisher ließen sich in solchen optischen Flüstergalerien nur Wellen mit ganzzahligem Drehimpuls erzeugen. Dadurch hat die Lichtwelle nach einer Umkreisung einer ringförmigen Flüstergalerie wieder ihren Ausgangszustand erreicht.

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Manipulation der Wellenphasen

Doch der von Wang und seinem Team entwickelte Wellenleiter kann mehr: Er erlaubt es erstmals, Licht auch in exotischere Formen zu bringen, bei denen die Phasen erst nach zwei oder mehr Runden wieder übereinstimmen. Physikalisch ausgedrückt: Die optische Flüstergalerie kann dem Licht auch Bruchwerte des Drehimpulses aufzwingen. „Dadurch erzeugen wir erstmals Licht in Form eines Möbiusbands“, sagt Koautor Xiyuan Lu vom NIST.

STRuktur
Das Geheimnis des photonischen Wellenleiters liegt in diesen winzigen Spitzen auf seiner Innenseite. © M. Wang et al./ Phys.Rev.Let., doi: 10.1103/PhysRevLett.129.186101

Möglich wird diese Manipulation durch die spezielle Struktur des photonischen Kristalls aus dem Halbleitermaterial Siliziumnitrid. Dieses bildet einen Ring von 25 Mikrometer Durchmesser in dessen Innenseite winzige Noppen eingeätzt sind. Die Nanostruktur beeinflusst die Interaktion des Lichts mit dem Material und bremst den Lichtstrahl um das Zehnfache ab. Anders als bei einigen anderen Ansätzen nimmt dabei die Intensität des einspeisten Lichts kaum ab, wie die Physiker berichten.

Ungerade Noppenzahl zwingt Licht in exotische Windung

Der Clou jedoch: Enthält der ringförmige Wellenleiter eine ungerade Zahl von Noppen, lassen sich damit auch Bruchzahlen des optischen Drehimpulses erzeugen. Die Phase und Richtung des Lichts verändern sich dabei so, dass die Welle nach einer Umkreisung noch nicht wieder in ihren Ausgangszustand zurückgekehrt ist. „Das Licht muss daher in diesem Flüstergalerie-Modus zwei Umkreisungen vollführen, bevor die Phase wieder passt“, erklären Wang und sein Team.

Im Experiment nutzten die Physiker einen Ring mit 333 Mikronoppen auf der Innenseite und nutzten in den photonischen Chip integrierte Wellenleiter, um das Licht einzuspeisen. Die wenigen aus dem Ring herausstreuenden Photonen erzeugten ein Muster heller und dunkler Flecken entlang des Rings, die Phase und Ausrichtung der Lichtwelle verrieten. Demzufolge hatte das Licht im Ring einen Gesamtdrehimpuls von N/2, wie Wang und seine Kollegen berichten.

Neue Anwendungsmöglichkeiten

Nach Ansicht der Physiker eröffnet diese Lichtmanipulation neue Möglichkeiten für photonische Anwendungen, sowohl in der Quantentechnologie, der Optomechanik oder der nichtlinearen Photonik. Anders als bei einigen früheren Ansätzen zur Erzeugung exotischer Lichtmodi lässt sich ihr Wellenleiter zudem gut in gängige photonische Chips integrieren, was die praktische Anwendung vereinfacht. (Physical Review Letters, 2022; doi: 10.1103/PhysRevLett.129.186101)

Quelle: American Physical Society (APS)

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