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Medizin

Zucker macht Antibiotika wirksamer

Neues Verfahren ermöglicht bessere Medikamente

Mediziner schlagen schon seit einiger Zeit Alarm: Antibiotika-Resistenzen sind in den letzten Jahren bedrohlich angestiegen. Pharmakologen suchen deshalb nach neuen antibiotisch wirksamen Substanzen. Im Helmholtz-Institut für Biomedizinische Forschung an der RWTH Aachen hat man nun ein Verfahren entwickelt, um mithilfe von Zuckermolekülen preiswertere und bessere Antibiotika zu produzieren.

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„Die Grundlage unserer Arbeit bilden Zuckermoleküle, die essentielle Bausteine vieler Antibiotika darstellen“, schildert Professor Lothar Elling die nunmehr acht Jahre lange Forschungsarbeit. Im Rahmen von zwei EU-Projekten veränderten er und seine Mitarbeiter gezielt die Zuckerstrukturen von Antibiotika, um so ein möglichst breites Wirkungsspektrum zu erhalten. „Durch die Kombination der modifizierten Moleküle erhalten wir vielfache Varianzmöglichkeiten, die wir derzeit auf ihre Effektivität testen“, so Elling.

Das Verfahren der so genannten kombinatorischen Biokatalyse, das vom Helmholtz- Institut mit Partnern in Cambrigde, Freiburg, Hannover und Wuppertal entwickelt wurde, besteht aus drei Enzym-Modulen. Auf der Grundlage von Sacharose – dem gewöhnlichen Haushaltszucker – erstellen die Enzymtechnologen mit Hilfe der Sucrose-Synthase (SuSy) das erste Zuckermolekül, das als Vorstufe zu weiteren Zuckermolekülen dient. Im nächsten Schritt wird diese Vorstufe durch eine Vielzahl von enzymatischen Schritten zu einem komplexen Zuckermolekül umgebaut.

Vom nachwachsenden Rohstoff zum Wirkstoff

„So entstehen ausgehend vom nachwachsenden Rohstoff Saccharose sehr komplizierte Zuckermoleküle, die als Wirkkomponente in Vorstufen von Antibiotika eingebaut werden“, erläutert Professor Elling weiter. Dies erfolgt in der dritten Phase durch enzymatischen Transfer der Zuckermoleküle auf das Grundgerüst einer antibiotischen Struktur.

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Dabei bilden die eingesetzten Glykosyltransferasen als Nebenprodukt eine Substanz, die wieder in den ersten Schritt integriert werden kann. Dazu Professor Elling: „Dadurch erhalten wir einen geschlossenen Kreislauf für die Herstellung der komplexen Zuckermoleküle und ersparen uns eine aufwändige und kostenintensive Isolierung.“ Im Gegensatz zu dem herkömmlichen Alternativ-Verfahren der kombinatorischen Biosynthese ist mit dieser Methode die Bildung von reinen Molekülstrukturen möglich, die preisgünstig in großen Mengen hergestellt werden können.

Das Verfahren wird derzeit im Helmholtz-Institut mit Enzymsäulen weiterentwickelt, die im Labormaßstab Synthesen in Größenordnungen von bis zu 500 Milligramm erreichen sollen. „Das reicht aus, um die erforderlichen Testreihen vorzunehmen“, so Elling. Vier Substanzen haben bereits die Tests durchlaufen; sie sind alle antibiotisch aktiv, aber nur genauso wirksam wie ihre Grundstruktur.

„Um Substanzen mit höherer Wirksamkeit zu entwickeln, müssen wir die Vielfalt der Möglichkeiten systematisch durchspielen“, schildert Professor Elling die nächsten Herausforderungen. „Dazu wäre ein Industriepartner sehr willkommen, der die weitere Entwicklung mitgestaltet.“ Bis jedoch aus dem enzymatischen Säulenverfahren lebensrettende Medikamente werden, dauert es nach Einschätzung des Wissenschaftlers noch gute fünf Jahre. Das ist die Zeitspanne, die in der Regel von der Entwicklung bis zur serienmäßigen Produktion eines Antibiotika vergeht.

(idw – RWTH Aachen, 01.06.2005 – DLO)

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