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Medizin

Zucker gegen gefährlichen Krankenhauskeim

Möglicher Impfstoff gegen einen Antibiotika-resistentes Bakterium Clostridium difficile getestet

Gegen den Erreger einer der häufigsten Krankenhaus-Infektionen gibt es nun einen erfolgversprechenden Impfstoffkandidaten. Ein internationales Team hat auf der Basis eines Sechsfachzuckers einen Impfstoff gegen das Darm-Bakterium Clostridium difficile entwickelt. Der Impfstoff rief bei Mäusen eine spezifische und umfassende Immunantwort hervor. Die Forscher haben zudem einen deutlichen Hinweis gefunden, dass die Substanz auch das menschliche Immunsystem schützen könnte.

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Das Bakterium Clostridium difficile kann zu einer tödlichen Gefahr werden: Vor etwa acht Jahren tauchte in den USA und einigen westeuropäischen Staaten ein hochvirulenter und gegen Antibiotika resistenter Stamm des sporenbildenden Bakteriums auf. Seither bedroht es vor allem in Krankenhäusern Patienten, die mit Antibiotika behandelt werden oder die wie etwa Krebs- oder HIV-Patienten ein geschwächtes Immunsystem haben. Während C. difficile den Darm von höchstens vier Prozent der gesunden Menschen besiedelt, ist es in 20 bis 40 Prozent der Patienten in Krankenhäusern zu finden.

Wenn andere Bakterien der Darmflora durch Antibiotika zurückgedrängt werden, kann sich das Stäbchenbakterium rasant vermehren. Es produziert Giftstoffe, die zu Durchfall und einer Darmentzündung führen, häufig mit tödlichen Folgen. Stets machen sie eine sehr aufwendige Nachbehandlung der Patienten nötig. Der neue, hochvirulente Erreger produziert sogar rund 20mal mehr Toxine und deutlich mehr Sporen als die zuvor bekannten Erreger.

Sechsfachzucker aus Ausgangsstoff

Ein Kohlehydrat in der Zellwand des Bakteriums haben die Forscher um Peter H. Seeberger am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam nun zum Angriffspunkt für einen möglichen Impfstoff genommen. „In ersten Tests hat sich das zuckerbasierte Antigen, das wir dabei hergestellt haben, auch bereits als sehr aussichtsreich erwiesen“, erklärt Seeberger, Direktor am Potsdamer Max-Planck-Institut.

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Wesentlicher Bestandteil des Antigens ist ein Sechsfachzucker, für den die Chemiker des Teams zunächst eine Synthese entwickelten. Als Bausteine für den Mehrfachzucker verwendeten sie vier verschiedene Einfachzucker, die sie auf einem effizienten Weg so miteinander reagieren ließen, dass genau das Molekül mit der gewünschten Anordnung der Einfachzucker entstand. Diesen Sechsfachzucker kombinierten die Forscher mit dem Protein CRM 197, das in vielen Impfstoffen zum Einsatz kommt, um die Immunantwort auf das Konstrukt – und dann auch auf eine Infektion mit C. difficile – zu erhöhen.

Tests an Mäusen erfolgreich

Die ersten Tests verliefen erfolgreich: Das chemische Zucker-Eiweiß-Konstrukt, Impfstoffforscher sprechen von einem Konjugat, rief in Tests an zwei Mäusen eine umfassende Immunantwort hervor, nachdem die Tiere im Abstand von zwei Wochen drei Mal mit der Substanz geimpft wurden. „Dass die Mäuse dabei auch Antikörper gegen das Kohlehydrate produzierten, ist bereits ein Erfolg“, erklärt Seeberger: „Denn nicht alle Kohlenhydrate lösen die Bildung von Antikörpern aus.“ Die Antikörper, die die Mäuse dabei produzierten, banden zudem ausschließlich an den Zucker. Das Antigen kann somit keine Autoimmunerkrankung hervorrufen.

Menschliches Immunsystem reagiert auch auf den Zucker

Das Forscherteam wies zudem nach, dass Antikörper gegen den Sechsfachzucker auch Teil der menschlichen Immunantwort sind. Im Stuhl von Patienten, die mit C. difficiles infiziert waren, fanden sie Antikörper gegen den Zucker. „Wir können also erwarten, dass auch das menschliche Immunsystem bei einer Impfung Antikörper gegen den Zucker bildet“, so Seeberger. „Da schon auf den natürlichen Zucker geringe Mengen Antikörper gebildet werden, hoffen wir, dass das synthetische Zucker-Eiweiß-Konjugat eine starke Antwort Antwort hervorruft.“

Der Impfstoffkandidat muss sich nun noch in weiteren Tests bewähren. Zunächst muss geklärt werden, ob er in Tieren eine Infektion wirksam verhindern kann. „Wenn diese Tests erfolgreich sind, wird es vermutlich noch ein bis zwei Jahre dauern, ehe der Impfstoff im Menschen getestet wird “, so Seeberger. (Chemistry & Biology, 2011; DOI: 10.1016/j.chembiol.2011.03.009)

(Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, 30.05.2011 – NPO)

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