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Medizin

Zika-Virus auch schuld an Augenschäden?

Zusammenhang der Virusinfektion mit Fehlbildungen bleibt weiter strittig

Von Mücken übertragenen Zika-Fälle Ende Januar 2016 © Furfur/ CC-by-sa 4.0

Neues vom Zika-Virus: Möglicherweise ist der Erreger nicht nur für Fehlbildungen des Gehirns bei Neugeborenen verantwortlich. Er könnte auch Augenschäden verursachen, wie Mediziner nun berichten. Eine Verbindung zwischen dem Virus und diesen Erkrankungen eindeutig zu beweisen, ist Forschern jedoch immer noch nicht gelungen. Licht ins Dunkel sollen nun neue Studien bringen.

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Das Zika-Virus breitet sich weiter aus. Seit Oktober 2015 werden vor allem in Mittel- und Südamerika vermehrt Erkrankungen mit dem Erreger gemeldet. Auch nach Europa und in die USA haben Reisende das Virus schon eingeschleppt. Vor einigen Tagen wurde zudem erstmals eine Infektion bei einem Patienten in China festgestellt. Insgesamt gibt es laut Robert-Koch-Institut (RKI) inzwischen Fälle in mehr als 20 Ländern weltweit.

Gibt es weitere Übertragungswege?

Ging man bislang davon aus, dass das Zika-Virus in der Regel von der Gelbfiebermücke Aedes aegypti übertragen wird, ist nicht auszuschließen, dass auch andere Mücken, wie beispielsweise die auch bei uns vereinzelt schon vorkommende Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) das Zikavirus verbreiten können. Zudem berichtet das RKI inzwischen auch in zwei Fällen von einer sexuellen Übertragung. Noch sei allerdings nicht geklärt, wie lange das Virus im Sperma überleben kann und wie groß die Ansteckungsgefahr auf diesem Wege ist.

Zwar ist eine Infektion für Betroffene meist harmlos und verläuft entweder grippeähnlich oder ohne merkliche Symptome. Doch das Virus steht im Verdacht, bei Schwangeren das Ungeborene zu schädigen. Tausende Missbildungen des Gehirns bei Neugeborenen werden allein in Brasilien mit Zika in Verbindung gebracht – insbesondere Fälle einer sogenannten Mikrozephalie, bei der Föten oder Babys einen zu kleinen Kopf und ein zu kleines Hirnvolumen aufweisen.

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Nachgewiesen ist dieser Zusammenhang allerdings noch nicht. Trotzdem hat die Weltgesundheitsorganisation WHO aufgrund dieser möglichen Verbindung Anfang Februar eine „Gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“ ausgerufen. Ihrer Ansicht nach ist der kausale Zusammenhang „stark anzunehmen, aber noch nicht wissenschaftlich bewiesen“.

Noch mehr Schäden?

Forscher haben nun einen Hinweis darauf gefunden, dass das Zika-Virus im Mutterleib neben neurologischen Erkrankungen möglicherweise auch andere Schäden verursachen könnte. Ein Team um den brasilianischen Mediziner Bruno de Paula Freitas vom Hospital Geral Roberto Santos in Salvador hat Kinder mit Mikrozephalie und einer vermutlich vorangegangenen Zika-Infektion auf Augenschäden untersucht – und ist fündig geworden.

An der Studie haben im Dezember 2015 29 Kinder und deren Mütter teilgenommen. 23 der Mütter berichteten von Zika-Symptomen während der Schwangerschaft, ein Großteil von ihnen hatte diese Beschwerden im ersten Trimester. Nachdem die Wissenschaftler andere Erkrankungen bei den Müttern ausgeschlossen hatten, untersuchten sie die Augen der Kinder.

Häufung von Augenschäden

Dabei registrierten die Mediziner bei zehn der 29 Kinder teilweise an beiden Augen auffallende Schädigungen. Zu den häufigsten gehörte die sogenannte chorioretinale Atrophie, bei der bestimmte Bereiche der Netzhaut fortschreitend zerstört werden. Bei acht Augen war zudem der Sehnerv geschädigt, ein Patient litt an beiden Augen unter einer Spaltbildung der Iris, einem Iriskolobom, und an einem Auge diagnostizierten die Forscher eine Lageveränderung der Augenlinse.

Die Mediziner gehen davon aus, dass diese Befunde auf eine Zika-Infektion zurückzuführen sind. „Die Ergebnisse zeigen, dass man insbesondere bei Neugeborenen in Ausbruchsgebieten besonders schnell entsprechende Augenuntersuchungen durchführen sollte“, sagen sie. Denn viele der festgestellten Schädigungen könnten auf Dauer einen kompletten Sehverlust bedeuten.

40 Nanometer kleine Partikel des Zika-Virus unter dem Transmissions-Elektronenmikroskop © CDC

Andere Wissenschaftler sind da vorsichtiger. In einem Kommentar zur Studie betonen Forscher um Lee Jampol von der Northwestern University Feinberg School of Medicine in Chicago: „Sowohl die Zusammenhänge zwischen dem Zika-Virus und einer Mikrozephalie als auch den hier berichteten Augenschäden sind bisher nur begründete Vermutungen.“ So hätten etwa zur Zeit des ersten Ausbruchs in Brasilien gar keine sicheren Testmethoden zur Verfügung gestanden, sodass unklar bliebe, ob die betroffenen Mütter tatsächlich mit dem Virus infiziert gewesen seien.

Es fehlt an Wissen

Die kontroversen Diskussionen machen deutlich, wie schwierig es ist, einen kausalen Zusammenhang zwischen Zika und Fehlbildungen bei Neugeborenen zu beweisen. Die Häufung von Mikrozephalie in den Ausbruchsgebieten lässt eine solche Verbindung zwar naheliegend erscheinen. Und auch die Tatsache, dass in einzelnen Fällen im Gewebe betroffener Föten und Neugeborenen und im Fruchtwasser der Mutter das Zika-Virus nachgewiesen konnte, spricht dafür.

Doch bisher wissen Wissenschaftler schlicht noch zu wenig über den Erreger – und streiten zudem über eine klare Definition für Mikrozephalie. Um mehr belastbare Daten zu generieren, startet das brasilianische Gesundheitsministerium nun groß angelegte Studien mit Tausenden schwangeren Frauen, wie das Fachmagazin Nature berichtet.

Zudem wollen Forscher den Geheimnissen des Virus auch im Labor auf die Schliche kommen. Nur wenn sie wissen, was der Erreger im Körper genau bewirkt, können sie vielleicht herausfinden, warum die Gehirne von Föten so anfällig für den Eindringling sind. (Jama Ophthalmology, 2016; doi: 10.1001/jamaophthalmol.2016.0267)

(CDC, RKI, JAMA, 11.02.2016 – DAL)

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