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Medizin

Wie unsere Körpergröße das Krankheitsrisiko beeinflusst

Gene für Größenwachstum beeinflussen auch Herz, Kreislauf und periphere Nerven

Körpergröße
Unsere Körpergröße beeinflusst auch das Risiko für einige Krankheiten. © RichLegg/ Getty images

Es kommt doch auf die Größe an: Wie groß wir sind, beeinflusst auch das Risiko für bestimmte Krankheiten, wie nun eine Genomstudie bestätigt. Demnach sind große Menschen anfälliger für Neuropathien, Vorhofflimmern, Krampfadern, Cellulite und Erektionsstörungen, dafür leiden sie seltener unter Bluthochdruck oder Herzinfarkten. Große Frauen haben genbedingt zudem ein höheres Risiko für Asthma und einige unspezifische Nervenleiden, wie das Forschungsteam in „PLoS Genetics“ berichtet.

Ob Krebs, Diabetes oder Haarausfall: Einige Krankheiten kommen bei großen und kleinen Menschen unterschiedlich oft vor, wie Studien belegen. Auch das Demenzrisiko von Männern scheint von der Körpergröße beeinflusst zu sein. In einigen Fällen ist die Ursache dafür bekannt. So ist Krebs bei großen Menschen häufiger, weil sie einfach mehr Zellen besitzen, die entarten können. Bei vielen anderen Krankheiten die Verknüpfung aber weniger klar. Denn sowohl die Leiden als auch die Körpergröße werden von einem komplexen Wechselspiel von Umweltfaktoren mit einer Vielzahl verschiedener Genvarianten bestimmt.

Zusammenhang mit 127 Erkrankungen festgestellt

Mehr Klarheit bringt nun eine genomweite Vergleichsstudie mit gut 280.000 Veteranen des US-Militärs. In ihr haben Sridharan Raghavan von der University of Colorado und sein Team das Erbgut dieser Teilnehmenden sequenziert und nach Zusammenhängen zwischen den 3.290 bekannten größenbestimmenden Genvarianten und dem Gesundheitszustand gesucht. Konkret ermittelten sie dafür, ob es signifikante Häufungen bestimmter Krankheiten bei Trägern dieser Genvarianten gab.

Zusammenhang
Zusammenhang von Genvarianten für große Körpergröße und einigen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. © Raghavan et al. / PLoS Genetics, doi: 10.1371/journal.pgen.1010193

Tatschlich wurden die Forschenden fündig. Demnach ist das Risiko für 127 verschiedene Erkrankungen signifikant mit größenbestimmenden Genvarianten verknüpft. Eine große oder kleine Körpergröße kann demnach beeinflussen, wie hoch die Anfälligkeit für diese Erkrankungen ist. „Für diese medizinischen Leiden kann die Körpergröße das Risiko unabhängig von anderen Einflussfaktoren erhöhen oder aber senken“, erklärt Raghavan.

Unterschiede bei Herz, Kreislauf und peripheren Nerven

Konkret zeigte sich: Große Menschen sind offenbar besser gegen einige Herz-Kreislauf-Erkrankungen gewappnet, darunter Bluthochdruck zu hohe Cholesterinwerte und koronare Herzkrankheit. Im Gegensatz dazu sind großgewachsene Menschen genetisch anfälliger für Vorhofflimmern und auch für Krampfadern und Venenthrombosen – unabhängig davon, ob die Betroffenen zugleich an Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden oder nicht, wie die Forschenden ermittelten.

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Ebenfalls eng mit Genvarianten für die Körpergröße verknüpft sind einige Erkrankungen, die Störungen oder Schäden der peripheren Nerven betreffen. Demnach haben große Menschen ein höheres Risiko für Neuropathien und damit für Schmerzen oder Fehlempfindungen beispielsweise in den Gliedmaßen. Dies bestätige klinische Beobachtungen, nach denen große Menschen oft stärker unter Neurophathien leiden, sagt Raghavan.

Asthma, Erektionsstörungen und Hautprobleme

Erektionsstörungen und Inkontinenz können ebenfalls auf Störungen der peripheren Nerven zurückgehen und auch für sie fanden die Wissenschaftler einen Zusammenhang mit Genvarianten für großgewachsene Menschen. Für größere Frauen ergaben die Analysen zudem ein erhöhtes Risiko für Asthma und einige unspezifische Nervenleiden. Bei Männern ließ sich dieser Zusammenhang hingegen nicht nachweisen, wie das Team berichtet.

Bei beiden Geschlechtern zeigte sich, dass größere Menschen anfälliger für Hautabzesse, Hautentzündungen und Knochenentzündungen sind, selbst wenn sie nicht unter Diabetes leiden. „Unseres Wissens nach wurde die Körpergröße bisher noch nicht als Risikofaktor für Haut- und Knocheninfektionen beschrieben“, schreiben Raghavan und seine Kollegen. „Ein plausibler Mechanismus dafür könnte ebenfalls mit der größenbedingten peripheren Neuropathie zusammenhängen.“

„Bisher unterschätzter Risikofaktor“

„Zusammengenommen schließen wir, dass die Körpergröße ein bislang unterschätzter Risikofaktor für eine breite Palette häufiger Erkrankungen sein könnte“, konstatiert das Forschungsteam. Das habe Bedeutung auch für die Einschätzung des Krankheitsrisikos von Patientinnen und Patienten. Das Wissen um die Rolle der Körpergröße und der genetischen Verbindungen zu bestimmten Gesundheitsproblemen könnte bei der Vorbeugung, aber auch Behandlung helfen.

“Unsere Ergebnisse sind ein erster Schritt dahin zu erkennen, für welche Krankheiten die Körpergröße eine Rolle spielt und warum“, sagt Raghavan. Gerade in Bezug auf die dahinterstehenden Mechanismen sei aber noch einiges an Forschung nötig. (PLoS Genetics, 2022; doi: 10.1371/journal.pgen.1010193)

Quelle: PLOS, Veterans Affairs Research

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