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Medizin

Wie Ebola die Abwehr der Zellen blockiert

Forscher finden neue Ansatzstelle für Medikamente

Raffinierte Blockade: US-Forscher haben entschlüsselt, wie das Ebolavirus die Immunantwort der Zellen hemmt. Demnach blockiert ein Virenprotein gezielt eine „Notfall-Route“ in den Zellkern – und das verhindert die Abwehrreaktion. Die Identifizierung dieses Blockadeweges eröffnet nun neue Ansatzstellen für antivirale Medikamente gegen das tödliche Ebolafieber – für die Menschen in Westafrika kommt dies allerdings zu spät.

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Das Ebola-Fieber grassiert in Westafrika noch immer nahezu ungehindert. Mehr als 1.000 Menschen sind bereits daran gestorben, knapp 2.000 sind infiziert und es kommen ständig neue Fälle dazu. Mit einer Todesrate von bis zu 90 Prozent ist das Ebolavirus einer der tödlichsten Erreger überhaupt. Ein wirksames Mittel gegen den Erreger gibt es bisher jedoch nicht – auch wenn jetzt in Westafrika aus Not auch experimentelle Medikamente, darunter das auf Antikörpern basierende Mittel „ZMapp“ und ein noch nicht zugelassener Impfstoff zum Einsatz kommen sollen.

Virus hemmt Interferon-Wirkung

Was aber macht das Ebolavirus so tödlich – und so schwer zu bekämpfen? „Einer der Hauptgründe dafür ist, dass das Ebolavirus die Immunantwort auf die Infektion stört“, erklärt Koautor Christopher Basler von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York. Normalerweise schüttet der Körper als erste Verteidigungslinie auf einen Erreger spezielle Botenstoffe aus, die Interferone. Diese docken an der Zellmembran an und bewirken damit, dass im Zellinneren ein Transkriptionsfaktor, das Molekül STAT1, aktiviert wird.

Das STAT1 wird über eine besonders schnelle „Notfall-Route“ direkt in den Zellkern eingeschleust. Dort verursacht es über mehrere Schritte die Aktvierung hunderter Gene, die die Bauanleitung für verschiedenste Abwehrmoleküle enthalten. Doch das Ebolavirus blockiert die Interferonwirkung und entgeht so dieser Abwehrreaktion. Wie, war bisher unklar. Wei Xu von der Washington University in St. Louis und seine Kollegen haben dies nun mit Hilfe von Zellkulturen untersucht.

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„Notfall-Route“ versperrt

Wie die Forscher feststellten, nutzt das Ebolavirus eine ganz gezielte Blockade-Methode: Eines der Virenproteine, eVP24, verhindert den Zutritt des STAT1 zum Zellkern. Statt aber alle Ein- und Ausgänge des Kerns zu blockieren, setzt eVP24 gezielt nur an der „Notfall-Route“ des STAT1 an, wie die Wissenschaftler berichten. Dadurch setzt das Virus die erste Immunreaktion der Zellen gegen die Infektion wirksam außer Kraft, hält sich aber gleichzeitig die Möglichkeit offen, die für seine Vermehrung nötigen Informationen ungehindert in den Zellkern einzuschleusen.

Chance für neue Medikamente

Die neuen Erkenntnisse könnten dabei helfen, neue, wirksame Mittel gegen die Ebola-Krankheit zu entwickeln, hoffen die Forscher. „Denn wir wissen schon seit langem, dass Ebola das Interferon blockiert. Jetzt aber wissen wir aber auch wie und können auf dieser Basis neue Medikamente entwickeln“, sagt Seniorautor Gaya Amarasinghe von der Washington University School of Medicine.

Ein vielversprechender Weg wäre nach Ansicht der Forscher beispielsweise ein Mittel, das an das Virenprotein eVP24 bindet und so verhindert, dass dieses die „Notfall-Route“ des STAT1 blockiert. Dafür allerdings muss die Wirkungsweise des Proteins noch genauer erforscht werden, zudem können Tests eines solchen Mittels Jahre dauern. Für die aktuelle Epidemie in Westafrika kommt dies daher in jedem Fall um Längen zu spät. (Cell Host & Microbe, 2014; doi: 10.1016/j.chom.2014.07.008)

(Cell Press, 15.08.2014 – NPO)

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