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Medizin

Warum Omikron weniger krank macht

Coronavirus-Variante kann Interferon-Antwort der Zellen schlechter unterdrücken

Omikron
Die Omikron-Variante ist zwar infektiöser, macht aber weniger krank. © peterschreiber-media/ Getty images

Gute Nachrichten im Doppelpack: Laborversuche bestätigen, dass die Omikron-Variante des Coronavirus die Abwehrreaktion unserer Zellen schlechter unterdrücken kann. Das könnte erklären, warum diese Virusvariante weniger krankmacht als ihre Vorgänger. Positiv auch: Die bisher gegen Covid-19 entwickelten Medikamente wirken gegen Omikron unvermindert gut, wie das Forschungsteam berichtet. Denn an den Ansatzstellen dieser Wirkstoffe ist das Virus trotz der vielen Mutationen kaum verändert.

Die Omikron-Variante des Coronavirus SARS-CoV-2 breitet sich rasend schnell aus und ist auch hierzulande inzwischen zur dominanten Form geworden. Sie unterscheidet sich vom Wildtyp durch rund 50 Mutationen, darunter einigen, die sie infektiöser machen, und einigen, durch sie unserer Immunantwort ausweichen kann. Die durch Impfung oder frühere Infektion gebildeten Antikörper wirken dadurch schlechter, der Immunschutz durch T-Zellen bleibt hingen weitgehend erhalten.

Insgesamt ist die Omikron-Variante dadurch ansteckender und verursacht mehr Infektionen auch bei Geimpften. Dafür scheint die mutierte Form des Coronavirus auch bei Ungeimpften weniger schwerere Verläufe zu verursachen als ihr Vorgänger.

Weniger effektiv gegen Interferon

Warum das so ist, haben nun Denisa Bojkova von der Goethe-Universität Frankfurt und ihre Kollegen näher untersucht. Dafür infizierten sie Hamsterzellen sowie zwei menschliche Zelllinien mit Viren der Omikron- und der Delta-Variante. Die Zelllinien unterschieden sich darin, wie intakt die Interferon-Antwort der Zellen war. Bei dieser unspezifischen Abwehrreaktion produzieren die Zellen den Botenstoff Interferon, der antiviral wirkt und zugleich als Alarm-Botenstoff für das Immunsystem fungiert.

Die Tests ergaben: Die Omikron-Variante konnte sich nur in den Zelllinien stark vermehren, in denen die Interferon-Antwort beeinträchtigt war. Besaßen die Zellen hingegen eine intakte und starke Interferon-Abwehrreaktion, blieb die Infektionsrate deutlich hinter der der Delta-Variante zurück. Während diese die Interferon-Reaktion der infizierten Zellen weitgehend blockierte, gelang dies der Omikron-Variante nicht.

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Erklärung für mildere Verläufe

„Diese Daten deuten darauf hin, dass die Omikron-Viren die zelluläre Interferon-Antwort weniger gut unterdrücken kann als Delta“, berichten Bojkova und ihre Kollegen. Dazu passe, dass bei der Omikron-Variante mehrere Proteinstellen mutiert sind, die normalerweise zur Blockade der Interferon-Reaktion beitragen.

Nach Ansicht der Forschenden könnte dies erklären, warum Omikron weniger schwere Covid-19-Verläufe bewirkt: „Unsere Zellkulturexperimente liefern eine erste Erklärung dafür, warum Omikron-Infektionen häufiger milde klinische Verläufe nach sich ziehen: Offenbar kann Omikron im Gegensatz zu Delta nicht verhindern, dass die befallenen Zellen Interferon produzieren und ausschütten“, erklärt Koautor Martin Michaelis von der University of Kent.

Remdesivir, Paxlovid und Co wirken auch gegen Omikron

Eine weitere gute Nachricht liefert ein zweites Experiment von Bojkova und ihren Kollegen. In diesem testeten sie, wie gut acht zurzeit in klinischen Studien getestete oder schon zugelassene antivirale Medikamente gegen die Omikron-Variante wirken. Getestet wurden Remdesivir, das Molnupiravir-Derivat EIDD-1931, Ribavirin, Favipravir, der Paxlovid-Bestandteil PF-07321332 sowie die Proteasehemmer Nafamostat, Camostat und Aprotinin.

Das Ergebnis hier: Alle acht Substanzen zeigten in den Zellkulturtests gegen die Omikron- und die Delta-Variante eine vergleichbare Wirksamkeit. „Das zeigt, dass die Mutationen in der Omikron-Variante keine substanziellen Veränderungen im Wirkstoff-Sensibilitätsprofil des Virus verursacht haben“, erklären die Wissenschaftler. Das bestätigt, dass sich die für die Virusvermehrung nötigen viralen Enzyme und Replikationsprozesse bei Omikron kaum verändert haben.

„Obwohl unsere Zellkulturexperimente natürlich nicht ohne weiteres auf die ungleich komplexere Situation in Patienten übertragbar sind, geben sie Hoffnung, dass die enormen Anstrengungen zur Entwicklung von Covid-19-Medikamenten nicht vergebens waren“, sagt Bojkovas Kollege Jindrich Cinatl. „Wir können also zuversichtlich sein, dass auch gegen die neue Omikron-Virusvariante bald ein breites Spektrum an Wirkstoffen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen zur Verfügung steht.“ (Cell Research, doi: 10.1038/s41422-022-00619-9)

Quelle: Goethe-Universität Frankfurt am Main

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