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Medizin

Warum nicht jeder Mann kann

Immunreaktion für Unfruchtbarkeit verantwortlich

„Kinder bekommen die Leute immer.“ Leider ist diese Aussage Konrad Adenauers heute wie damals nicht ganz zutreffend, gibt es doch zu allen Zeiten Paare, bei denen der Kinderwunsch nicht in Erfüllung geht. Bei einem Teil der unfruchtbaren Männer ist eine durch das eigenen Immunsystem ausgelöste chromische Hodenentzündung die Ursache. Wie diese zustandekommt und abläuft haben jetzt Wissesnchaftler genauer untersucht.

Beim Mann ist bekannt, dass eine akute schmerzhafte Infektion und Entzündung der Geschlechtsorgane zu Unfruchtbarkeit führen kann. Diese Patienten suchen in aller Regel den Arzt auf. Entzündungen verlaufen aber auch chronisch und schmerzfrei, so dass ein Arztbesuch dann meist ausbleibt. Daher ist weitgehend unklar, welche Auswirkungen Reaktionen des Immunsystems bei chronischen Entzündungen auf die Fruchtbarkeit des Mannes haben. Mehr Licht in dieses Dunkel bringen jetzt Untersuchungen zur Hodenentzündung, die ein Team von Wissenschaftlern der Universität Gießen durchgeführt hat.

Viele klinische Untersuchungen zeigen, dass der Hoden bei einer Krankheit mit Entzündungsreaktionen, die den ganzen Körper einbeziehen, in seiner Funktion beeinträchtigt ist. Abhängig vom Ausmaß der Störung kann dann auch die Zeugungsfähigkeit zeitweise oder ständig ausgesetzt sein; er reagiert also sehr empfindlich auf einen veränderten Immunstatus. Bekannt ist auch, dass ein Teil der unfruchtbaren Männer Antikörper gegen ihre eigenen Spermien entwickeln und dadurch unfruchtbar werden.

Die Arbeitsgruppe Reproduktionsbiologie um Professor Andreas Meinhardt, Mitglied im Hessischen Zentrum für Reproduktionsmedizin, hat in einem Tiermodell Proteine im Hoden identifiziert, gegen die eine solche Autoimmunantwort gerichtet sein kann. Bei männlichen Ratten mit chronischer Hodenentzündung verringert sich das Hodengewicht im Verlauf von elf Wochen auf nahezu die Hälfte, die Spermienproduktion wird zuletzt eingestellt. Diese Veränderungen am Hoden wurden zum ersten Mal mittels volumetrischer Computertomographie auf nicht invasive Weise verfolgt. Nach Kontrastmittelgabe sieht man in beeindruckenden Bildern, wie die Entzündung zu einer erheblich gesteigerten Durchblutung des Hodens führt.

Im Blut von Ratten, die eine Hodenentzündung entwickelt hatten, wurden dann Antikörper gefunden, die gegen eigene Hodenproteine gerichtet sind; bei gesunden Ratten sind diese Autoantikörper nicht nachzuweisen. Die Proteine, mit denen diese Autoantikörper reagierten, wurden dann im Biochemischen Institut von Dr. Monika Linder identifiziert. Unter den sieben gefundenen Proteinen waren drei besonders interessant, da sich in allen untersuchten kranken Tieren Antikörper gegen diese Proteine gebildet hatten.

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Jedes dieser drei Proteine – ein Hitzeschockprotein, das auch bei anderen Autoimmunerkrankungen eine Rolle spielt, ein Protein, das für die mRNA Reifung wichtig ist sowie ein Protein aus dem Spermienschwanz – war in der Lage, eine Hodenentzündung auszulösen, wenn es in hoher Konzentration unter die Haut von männlichen Ratten gespritzt wurde. Eine kleine Menge war dagegen in der Lage, die Entwicklung einer anschließend ausgelösten Hodenentzündung deutlich zu verlangsamen. Die Wissenschaftler sind jetzt dabei zu untersuchen, ob Antikörper gegen diese drei Proteine auch bei Patienten gefunden werden, die mit Fortpflanzungsproblemen in die andrologische Sprechstunde kommen und bei denen immunologische Auffälligkeiten oder Entzündungen im Hoden diagnostiziert werden können.

(Universität Gießen, 17.08.2005 – NPO)

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