Anzeige
Umwelt

Unser Hausstaub ist voller Schadstoffe

Forscher finden große Mengen von Weichmachern, Phenolen und fluorierten Kohlenwasserstoffen

Der Hausstaub nethält nicht nur Bakterien, Milbenkot und Pilze, sondern auch viele gesundheitsschädliche Chemikalien © Mike G/ iStock.com

Gefährlicher Staub: In unseren Wohnungen und Häusern sind wir mehr gesundheitsschädlichen Chemikalien ausgesetzt als wir glauben. Denn der Hausstaub enthält teilweise hohe Konzentrationen von Schadstoffen wie Phtalaten, Phenolen, fluorierten Kohlenwasserstoffen und anderen Chemikalien, wie eine Studie belegt. Vor allem für Kinder sei die Belastung überraschend hoch, berichten US-Forscher.

Unser Hausstaub hat es in sich: In ihm tummeln sich Bakterien, Pilze und andere Organismen, die überraschend viel über die Bewohner einer Wohnung oder eines Hauses verraten. Die im Hausstaub und in unseren Betten und Polstern lebenden Hausstaubmilben wiederum können bei Allergikern Asthma und andere allergische Symptome auslösen.

Doch wie sich jetzt zeigt, kann auch der unbelebte Anteil des Hausstaubs unserer Gesundheit schaden: die im Staub enthaltenen Chemikalien. Sie stammen von Konsumprodukten im Haushalt, aus Möbeln, Teppichen und anderen Bodenbelägen, aber auch aus Reinigern oder Plastikobjekten. Wie viele und welche Schadstoffe im Hausstaub enthalten sind, haben Ami Zota vom Milken Institute der George Washington University nun untersucht.

Für ihre Metaanalyse werteten die Forscher Daten aus 27 Studien aus, in denen Staubproben aus Haushalten in 14 verschiedenen US-Bundessstaaten analysiert worden waren. „Unsere Studie ist die erste umfassende Analyse von Konsumprodukt-Chemikalien im Hausstaub“, sagt Zota.

Weichmacher mit Abstand am häufigsten

Das Ergebnis: Insgesamt wiesen die Forscher 45 verschiedene potenziell giftige und gesundheitsschädliche Chemikalien in den Proben nach. Mit Abstand am häufigsten vertreten waren Phtalate – Weichmacher, die in Kunststoffen enthalten sind. Sie erreichten im Mittel Konzentrationen von 7,7 Mikrogramm pro Gramm Hausstaub, wie die Forscher berichten.

Anzeige
Der wahrscheinlich krebserregende Phosphorsäureester TDCPP gelangt aus Flammschutzmitteln in den Hausstaub - und wird auch in der EU in großen Mengen produziert. © gemeinfrei

Viele Phtalate stehen im Verdacht, krebserregend zu sein, gleichzeitig wirken sie hormonähnlich und gelten daher als endokrine Disruptoren. Wahrscheinlich erhöhen sie zudem das Asthmarisiko bei Kindern. Werden Ungeborene den Weichmachern im Mutterleib ausgesetzt, kann dies zudem Verhaltensstörungen und geistige Defizite bei Kindern fördern, wie Studien nahelegen.

Viele krebserregende Chemikalien

Die zweithäufigste Gruppe von Schadstoffen im Hausstaub bildeten Phenole, Chemikalien, die vor allem in Reinigungsmitteln enthalten sind. An dritter Stelle standen Flammschutzmittel aus Möbeln, Bodenbelägen und Baustoffen, darunter auch polybromierte Diphenylether. Sie stehen unter anderem im Verdacht, bei Hunden die Fortpflanzung zu beeinträchtigen.

Ebenfalls unter den vier häufigsten Schadstoffklassen waren perfluorierte Kohlenwasserstoffe, darunter die besonders gesundheitsschädliche Perfluoroktansäure (PFOA). Sie gilt als krebserregend und kann sowohl den Hormonhaushalt als auch das Immunsystem beeinträchtigen. Dennoch ist diese Chemikalie noch immer in vielen Produkten enthalten, darunter vor allem Outdoorkleidung, Sportschuhen oder Antihaft-Beschichtungen.

In Kombination noch schädlicher

„Die Anzahl und Konzentration von giftigen Chemikalien, die wahrscheinlich in jedem unserer Wohnzimmer vorkommen, war selbst für mich schockierend“, sagt Koautorin Veena Singla vom Natural Resources Defense Council. Die Chemikalien im Hausstaub werden über die Atemluft, über die Haut oder durch kontaminierte Hände aufgenommen. Besonders gefährdet sind dabei vor allem Kinder, weil die oft auf dem Boden umherkriechen.

Kinder nehmen besonders viele Chemikalien aus dem Hausstaub auf, wie die Forscher feststellten. © Milken Institute

Ein besonderes Risiko dabei: Weil viele der Chemikalien ähnliche Wirkungen haben, können sich ihre gesundheitsschädlichen Effekte addieren und vielleicht sogar multiplizieren, wie die Forscher erklären. Dadurch kann eine Belastung selbst mit einzeln betrachtet nur geringen Mengen das Gesundheitsrisiko deutlich erhöhen.

Was wir tun können

Doch es gibt zumindest einige einfache Maßnahmen, mit denen man die Belastung durch diese Chemikalien verringern kann. So sollte man den Hausstaub so häufig wie möglich durch Staubsauger mit Feinfiltern wegsaugen, sich und vor allem seinen Kindern möglichst oft die Hände waschen und Konsumprodukte meiden, die besonders schädliche Weichmacher, perfluorierte Chemikalien oder Phenole enthalten.

Letzteres allerdings ist in der Praxis nicht immer leicht, denn gerade Weichmacher sind in Plastikprodukten nahezu allgegenwärtig und viele potenzielle Schadstoffe verbergen sich hinter für Laien unverständlichen Namen. Helfen können hier teilweise Apps, die die Zutatenlisten aufschlüsseln und vor Chemikalien warnen.

Die Mühe lohnt sich jedoch. Denn zum einen vermeiden wir dadurch Schadstoffe im eigenen Haushalt, zum anderen schafft unser Kaufverhalten Anreize für die Hersteller, diese Chemikalien nicht mehr zu verwenden. „Konsumenten haben die Macht. Sie können nicht nur für ihre eigenen Gesundheit Veränderungen bewirken, sondern auch den Markt zu sichereren Produkten hinbewegen“, sagt Koautor Robin Dodson vom Silent Spring Institute. (Environmental Science & Technology, 2016)

(George Washington University Milken Institute School of Public Health, 15.09.2016 – NPO)

Teilen:
Anzeige

In den Schlagzeilen

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Nanopartikel - Die unsichtbaren Helfer und ihre Schattenseiten

Umweltgifte - Neue Gefahr für die Gesundheit des Menschen?

News des Tages

Bücher zum Thema

Volkskrankheiten - Gesundheitliche Herausforderungen in der Wohlstandsgesellschaft

Die heimlichen Krankmacher - Wie Elektrosmog und Handystrahlen, Lärm und Umweltgifte unsere Gesundheit bedrohen von Lilo Cross und Bernd Neumann

Plastic Planet - Die dunkle Seite der Kunststoffe von Gerhard Pretting und Werner Boote

Top-Clicks der Woche