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Neurologie

Übergewicht stört die Hirndurchblutung

Negativer Effekt könnte das höhere Demenzrisiko von stark Übergewichtigen erklären

Gehirn
Je höher der Body-Mass-Index, desto stärker ist die Durchblutung des Gehirns beeinträchtigt. © pixologicstudio/ iStock.com

Gestörte Versorgung: Je höher der Body-Mass-Index ist, desto stärker leidet auch das Gehirn. Denn die Durchblutung des Denkorgans nimmt mit zunehmendem Körpergewicht ab, wie nun Hirnscans von mehr als 17.000 Testpersonen belegen. Diese Minderversorgung des Gehirns könnte erklären, warum Menschen mit starkem Übergewicht ein deutlich höheres Risiko für Alzheimer und andere Demenzerkrankungen haben.

Ist der Körper nicht gesund, leiden auch das Gehirn und die geistige Leistungsfähigkeit. Studien haben bereits gezeigt, dass sich schon bei fettleibigen Jugendlichen erste Schäden an der weißen Hirnsubstanz zeigen. Im Alter haben Menschen mit Adipositas dann ein 30 Prozent höheres Demenzrisiko als normalgewichtige. Aber man kann vorbeugen: Sport und Bewegung wirken dem geistigen Abbau entgegen und steigern schon im mittleren Alter die Denkfähigkeit.

Blick ins Gehirn von 17.000 Menschen

Bisher allerdings blieb unklar, wie und warum Übergewicht auf das Gehirn wirkt. Jetzt könnten Daniel Gamen von der Amen Klinik in Kalifornien und seine Kollegen eine Antwort darauf gefunden haben. Für ihre Studie untersuchten sie die Durchblutung des Gehirns bei 17.000 Männern und Frauen, die sich einer Einzelphotonen-Emissionstomografie (SPECT) unterzogen hatten.

Bei diesem Verfahren bekommen die Probanden ein leicht radioaktives Kontrastmittel, dessen Verteilung im Gehirn über die emittierte Gammastrahlung verfolgt wird. Durch die wiederholten Scans können Mediziner nachvollziehen, ob und wie stark bestimmte Hirnareale mit Blut versorgt werden. In den Tests wurden alle Teilnehmer sowohl im Ruhezustand als auch bei einer Konzentrationsaufgabe untersucht.

Durchblutung sinkt mit steigendem BMI

Das Ergebnis: Die Forscher stellten einen auffallenden Zusammenhang zwischen dem Body-Mass-Index (BMI) der Probanden und ihrer Hirndurchblutung fest. Je höher das Übergewicht, desto weniger gut wurden wichtige Hirnbereiche mit Blut versorgt. Diese Korrelation sei sowohl in Ruhe als auch bei Denkaufgaben feststellbar und zeige eine fast lineare Abnahme der Durchblutung schon bei leichtem Übergewicht, so Amen und sein Team.

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„Besonders deutlich ist dies bei Hirnarealen, die als anfällig für Alzheimer gelten“, berichten die Forscher. Unter diesen sind die Schläfen- und Scheitellappen, aber auch der für das Gedächtnis wichtige Hippocampus und der ebenfalls am Lernen und am Gedächtnis beteiligte Gyrus cinguli. Unabhängig von Alter und Geschlecht sank die Durchblutung in all diesen Arealen mit steigendem BMI ab.

Erklärung für das höhere Demenzrisiko von Fettleibigen?

„Unsere Ergebnisse könnten damit eine mögliche physiologische Erklärung dafür liefern, warum Fettleibigkeit ein Risikofaktor für Alzheimer ist“, sagen die Wissenschaftler. Wenn bestimmte Hirnbereiche nicht mehr ausreichend durchblutet werden, kann dies auf Dauer zum Abbau der Hirnsubstanz und zu Beeinträchtigungen der Funktionalität führen.

Auf welche Weise das Übergewicht die Durchblutung stört, ob über chronische Entzündungsprozesse oder andere Mechanismen, muss allerdings noch geklärt werden. Vom Fettgewebe ist aber bereits bekannt, dass es niederschwellige Entzündungen auch der Gefäße fördern kann. Nach Ansicht der Forscher ist der Kampf gegen starkes Übergewicht in jedem Falle eine lohnende Prävention auch gegen den geistigen Abbau. (Journal of Alzheimer’s Disease, 2020; doi: 10.3233/JAD-200655)

Quelle: IOS Press

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