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Neurobiologie

TV-Serien: Schweißausbruch bei Entzug

Forscher testen, was beim Serienschauen neurophysiologisch im Körper passiert

Enge Bindung: Serienfan beim Fernsehschauen © SXC

Für viele gehört die tägliche oder wöchentliche Serie längst zum TV-Alltag. Was aber passiert in unserm Körper und Gehirn beim Anschauen der Lieblingsserie? Und wie reagieren wir, wenn wir eine Folge nicht zu Ende schauen können? Das haben Wissenschaftler jetzt mit einem ganzen Arsenal an physiologischen und neurobiologischen Tests erforscht.

„The Big Bang Theory“, „Breaking Bad“ oder „The Walking Dead“: Für viele eingefleischte Serienjunkies gehören sie längst zum Alltag. Manche beschäftigen sich mit dem Werdegang der ihnen vertrauten Protagonisten fast schon so intensiv wie mit realen Personen. Was aber macht die Anziehung solcher Serien aus? Welche Gefühle mobilisieren sie und was passiert dabei im Gehirn? Dieser Frage sind Forscher der Neuromarketing Labs bei Stuttgart nun im Auftrag des TV-Senders Fox und Vodafone in der ersten wissenschaftlichen Studie zu diesem Thema nachgegangen.

An der Studie nahmen 74 Probanden im Alter zwischen 18 und 47 Jahren aus dem deutschsprachigen Raum statt. Bei diesen untersuchten Wissenschaftler um Markus Müller von den Neuromarketing Labs verschiedene körperliche Parameter, vor, während und nachdem sie 15 verschiedene Serien anschauten. Neben Messungen des Herzschlages, der Hirnströme, der Hirndurchblutung, des Hormonspiegels und der Hauttemperatur beobachteten die Forscher dabei auch Atemfrequenz und Augenbewegungen.

Fernsehen für die Wissenschaft: Probandin bei der Serienstudie © Fox International Channels/ Sebastian Berger

Herzklopfen und schnelle Atmung

Wie sich zeigte, reagierten die Teilnehmer auf Szenen aus ihren Lieblingsserien mit erhöhter Schweißbildung, Herzklopfen und schnellerer Atmung, während sie eine ungeliebte Serie völlig kalt ließ – selbst wenn die Handlungen turbulent waren. „Unsere Studienergebnisse zeigen: Es gibt keine Serien, die man hasst“, erklärt Studienleiter Müller. „Das Hirn zeigt vielmehr bei vermeintlichen Hass-Serien gar keine Emotion. Es reagiert gleichgültig.“

Die Untersuchung im Kernspintomographen (fMRT) zeigte, dass die Probanden Serien bevorzugten, die mindestens eine von 13 starken Emotionen in ihnen weckte – und zwar völlig unabhängig davon, ob es sich dabei um positive oder negative Emotionen handelte. Generell war eine Lust an Emotionen wie Gefahr und Angst zu beobachten, die mit Serienausschnitten geweckt werden konnte. Die Forscher interpretieren diese „Angstlust“ als die Suche nach einem Kontrastprogramm zum Alltag.

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Schweißausbruch bei plötzlichem Entzug

Geradezu orgiastisch ging es im Gehirn zu, als die Teilnehmer ihre Lieblingsfiguren über den Bildschirm flimmern sahen: mittels Elektorenzephalografie (EEG), einer spezifischen Messung der Hirnaktivität, konnten die Forscher während des Tests eine stärkere Aktivität in der linken Hemisphäre des Frontallappens ausmachen. Dieser ist mit positiven Emotionen besetzt. Auch die Hormonmessung der Probanden forderte überraschendes zu Tage: Demnach haben TV-Serien generell eine beruhigende Wirkung auf die Zuschauer, selbst wenn Horror-Szenen zu Sehen sind.

Weniger positive Reaktionen gab es dagegen, wenn die Probanden ihre Lieblingsserie nicht zu Ende sehen durften: Bei diesem Entzug zeigten die Teilnehmer Schweißausbrüche und eine sinkende Körpertemperatur – Beobachtungen, die auch in einer Vergleichsstudie mit Abhängigen gemacht wurden.

(Fox International, 02.01.2014 – NPO)

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