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Medizin

Tuberkulose: Versteck in Fettzellen

Neu entdecktes Reservoir erklärt bisher rätselhaftes Aufflammen der Krankheit

Tuberkulose-Erreger © CDC

Tuberkulose gehört noch immer zu den großen und unbesiegten Seuchen der Menschheit. Jetzt aber haben Wissenschaftler einen neuen Überlebenstrick der Tuberkulosebakterien aufgedeckt: Die Krankheitserreger verstecken sich in den Fettzellen des Patienten und sind so vor dem menschlichen Immunsystem und Antibiotikawirkungen geschützt. Diese Erkenntnis eröffnet neue Ansätze für die Therapie der Krankheit.

Jedes Jahr sterben fast zwei Millionen Menschen weltweit an der Tuberkulose. Zwar ist die Seuche in den meisten Fällen mit Antibiotika behandelbar, doch die Verbreitung resistenter Stämme wächst und die Therapie ist langwierig und belastend. Besonders gefährlich wird die Krankheit dadurch, dass bei manchen Infizierten über Jahre hinweg keine Bakterien in der Lunge nachgewiesen werden können, dann aber die Krankheit bei diesen scheinbar Gesunden plötzlich heftig ausbricht, beispielsweise wenn ihr Immunsystem durch eine HIV-Infektion oder Mangelernährung geschwächt ist. Gesundheitsexperten vermuten daher, dass der Erreger weltweit noch weitaus verbreiteter ist als angenommen. Offenbar bleibt ein Großteil der Bakterien in einem Ruhezustand im Körper, kann aber jederzeit wieder aktiviert werden.

Jetzt hat ein Forscherteam um Olivier Neyrolles am Institut Pasteur in Paris gemeinsam mit Paul Fornès vom Hôpital Européen Georges Pompidou herausgefunden, wo sich diese „Schläfer“ unter den Tuberkelbazillen verstecken. In Zell- und Gewebskulturen konnten die Wissenschaftler erstmals nachweisen, dass Fettzellen dem Erreger Mycobacterium tuberculosis als Schutzzone und Reservoir dienen. Der Aufenthalt innerhalb dieser Zellen bewahrte die Bakterien selbst vor der Wirkung des Antibiotikums Isoniazid.

In einem nächsten Schritt testeten die Forscher an Probanden aus Paris und einem stark durchseuchten Gebiet in Mexiko, ob die Bakterien sich auch beim Menschen in den Fettzellen aufhielten. Mittels komplexer Nachweisverfahren, darunter auch Genanalysen, fanden die Forscher heraus, dass rund ein Viertel der scheinbar gesunden Probanden tatsächlich Tuberkulosebakterien in den Fettzellen hatte. Diese Ergebnisse bestätigten damit die in den Laborversuchen gefundenen Ergebnisse: Die Tuberkel „lauern“ in den Fettzellen.

Für den weltweiten Kampf gegen die Seuche eröffnet dies wertvolle neue Erkenntnisse, mit deren Hilfe auch neue Therapieformen entwickelt werden können. So muss bei der Suche nach neuen Antibiotika nun darauf geachtet werden, dass diese Wirkstoffe auch die schützende Umhüllung der Fettzellen passieren können. Denn nur dann lassen sich auch die „schlafenden“ Tuberkel erwischen. Gleichzeitig gibt diese Studie auch Hinweise darauf, warum das Antibiotikum Isoniazid, das normalerweise Verwandten und anderen Personen aus dem engen Umfeld von Tuberkulosekranken als Schutz gegeben wird, manchmal nicht wirkt.

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(Institut Pasteur, 22.12.2006 – NPO)

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