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Medizin

Synapsen-Störung löst Schwerhörigkeit aus

„Übersetzung“ von Höreindrücken in Nervensignale funktioniert nicht

Gesprochene Worte zu verstehen ist mehr als nur Hören. Bevor das Gehirn den Sinn erfassen kann, muss das Innenohr die Höreindrücke mit höchster zeitlicher Präzision in Nervensignale umwandeln. Forscher der Universität Göttingen haben jetzt im Tierversuch einen Innenohr-Defekt entdeckt, bei dem die zeitgenaue „Übersetzung“ von Höreindrücken in Nervensignale gestört ist.

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Eine Störung der Schallkodierung an den Synapsen (Kontaktstellen) in den inneren Haarzellen der Hörschnecke verursacht die Schwerhörigkeit der in Göttingen analysierten Mäuse. Nach Angaben der Wissenschaftler erweitern die Ergebnisse das Verständnis für bestimmte Hörstörungen beim Menschen, bei denen Sprachverständnis und Richtungshören eingeschränkt sind, obwohl Höreindrücke wahrgenommen werden.

Wie die Forscher um Professor Dr. Tobias Moser des Bereichs Humanmedizin zusammen mit Kollegen aus Magdeburg und Montpellier im Wissenschaftsmagazin „Nature“ berichten, untersuchten sie Mäuse mit einer Mutation in dem Gen für das Protein „Bassoon“. Ohne funktionelles Bassoon ist die zeitgenaue Umwandlung von Schallreizen in Nervensignale an den Synapsen zwischen inneren Haarzellen des Innenohrs und dem Hörnerv gestört.

Defekte in der synaptischen Schallverarbeitung auch beim Menschen

Auch beim Menschen gibt es Hörstörungen, die durch Defekte in der synaptischen Schallverarbeitung oder in der Erregungsleitung in den Hörnerven entstehen. „Die Betroffenen haben größte Schwierigkeiten, gesprochene Sprache zu verstehen, weil sie Höreindrücke zeitlich nicht ordnen können. Hörgeräte helfen hier meist nicht weiter. Mit den „Bassoon-Mäusen“ steht uns nun ein Tiermodell mit definierter synaptischer Störung zur Verfügung. Dies ermöglicht uns ein besseres Verständnis der wenig verstandenen Krankheitsgruppe der auditorischen Synaptopathien und Neuropathien“, sagt Moser.

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Die „Bassoon-Mäuse“ sind mittelgradig schwerhörig, obwohl die äußeren Haarzellen im Innenohr der Tiere normal funktionieren. Als Ursache für die Hörstörung erwies sich ein struktureller Defekt an den Synapsen der inneren Haarzellen des Innenohrs. Den Mäusen fehlt das so genannte „synaptische Band“ an den Synapsen der inneren Haarzellen, ein mit Bläschen behafteter Proteinkomplex mit noch unverstandener Funktion.

Die Wissenschaftler haben nun erstmals die Rolle des synaptischen Bandes für das Hören direkt untersucht. Anders als vermutet, fanden sie eine selektive Störung der schnellen Transmitterfreisetzung der Haarzellen und damit der synchronen Erregung des Hörnervs. Die Forscher vermuten, dass eine solche Störung der zeitlich präzisen Schallkodierung sowohl Richtungshören als auch Sprachverstehen beim Menschen beeinträchtigt.

(idw – Universität Göttingen, 18.04.2005 – DLO)

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