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Ernährung

Süßstoffe machen mehr Appetit

Bei Frauen und Fettleibigen sorgen kalorienfreie Süßstoffe für ein gesteigertes Verlangen nach Essen

Ob als Süßstoff im Kaffee oder als Zuckerersatz in der Limonade – zuckerfreie Süßungsmittel sind beliebt und nahezu allgegenwärtig. Aber helfen sie auch beim Abnehmen? © gilaxia/ Getty images

Trügerische Diätprodukte: Zuckerersatzstoffe haben zwar selbst keine Kalorien, können aber bei manchen Menschen den Appetit steigern und so das Abnehmen erschweren. Dies bestätigen nun Hirnscans und Verhaltenstests nach dem Genuss zuckerhaltiger oder zuckerfreier Limonade. Das süßstoffhaltige Getränk verstärkt demnach die Lust auf Kalorienhaltiges im Gehirn. Besonders deutlich ist dieser Effekt bei Frauen und bei Menschen mit ausgeprägtem Übergewicht, wie Forscher berichten.

Viele Menschen nutzen künstliche Süßstoffe, um ihre Lust auf Süßes zu befriedigen, ohne dabei Kalorien zu sich zu nehmen. Die gesundheitlichen Auswirkungen der Zuckerersatzstoffe sind allerdings umstritten. So gibt es Hinweise darauf, dass sie Diabetes fördern und das Schlaganfallrisiko erhöhen könnten. Auch der Nutzen beim Abnehmen ist unklar. Bisherige Studien haben widersprüchliche dazu Ergebnisse geliefert, welchen Einfluss Süßstoffe auf Appetit, Glukosestoffwechsel und Körpergewicht haben.

Analysen nach Geschlecht und Gewicht

Ein Team um Alexandra Yunker von der University of Southern California in Los Angeles hat nun untersucht, wie sich der künstliche Süßstoff Sucralose auf den Appetit und die Gehirnaktivität verschiedener Testpersonen auswirkt. Dabei legten die Forscher besonderes Augenmerk auf Geschlechtsunterschiede sowie Unterschiede beim Körpergewicht.

„Die Verwendung künstlicher Süßstoffe ist umstritten, weil viele Menschen sie zur Gewichtsabnahme verwenden“, sagt Yunkers Kollegin Kathleen Page. „Einige Studien deuten darauf hin, dass sie hilfreich sein können, während andere zeigen, dass sie zu Gewichtszunahme, Typ-2-Diabetes und anderen Stoffwechselstörungen beitragen können. Unsere Studie untersuchte verschiedene Bevölkerungsgruppen, um einige der Gründe für diese widersprüchlichen Ergebnisse herauszufinden.“

Zucker und Süßstoff im Vergleich

Für die Studie luden die Forscher 74 Männer und Frauen unterschiedlichen Körpergewichts dreimal ins Labor ein. Bei jedem Besuch bekamen die Teilnehmer entweder 300 Milliliter eines mit Haushaltszucker gesüßten Getränks, eines mit Sucralose gesüßten Getränks oder Wasser zu trinken. Im Verlauf der folgenden zwei Stunden entnahmen die Forscher den Probanden mehrfach Blut, das sie auf den Spiegel von Glukose, Insulin und weiteren Stoffwechselhormonen untersuchten.

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Zusätzlich präsentierten sie den Probanden Bilder von kalorienreichen Lebensmitteln wie Burgern und Donuts und zeichneten währenddessen mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRI) auf, wie stark Hirnregionen aktiviert wurden, die mit Appetit und Essensgelüsten assoziiert sind. Außerdem hielten sie fest, wie viel die Probanden am Ende der Sitzung bei einem „All-You-Can-Eat“-Buffet verzehrten.

Gehirn signalisiert mehr Appetit auf Kalorienhaltiges

Das Ergebnis: „Wenn Frauen ein Getränk mit Sucralose statt Haushaltszucker konsumiert hatten, reagierten bei ihnen Hirnregionen wie der Mittlere Frontale Cortex und der Orbifrontale Cortex deutlich stärker auf Bilder von kalorienhaltigen Nahrungsmitteln“, berichten die Forschenden. Diese Hirnregionen werden mit Heißhunger und Appetit in Verbindung gebracht. Bei männlichen Probanden war der Effekt dagegen nicht signifikant. Das könnte darauf hindeuten, dass das Gehirn von Frauen sensibler auf Süßstoffe und die von ihnen hervorgerufenen neuronalen Effekte reagiert, so das Team.

Unterschiede gab es auch in Bezug auf das Köpergewicht: Betrachteten die Forscher nur stark übergewichtige Personen, stellten sie bei beiden Geschlechtern eine ausgeprägte neuronale Reaktion auf den Süßstoff-Genuss fest. Bei bei normalgewichtigen und nur leicht übergewichtigen Personen war dies jedoch nicht der Fall. Auch von Adipositas betroffene Menschen scheinen demnach stärker auf die appetitanregende Wirkung der Süßstoffe zu reagieren.

Kein Effekt auf den Stoffwechsel

Mit Blick auf die Blutwerte fanden die Forscher dagegen keine geschlechts- oder gewichtsabhängigen Unterschiede in der Reaktion auf den Zuckerersatzstoff. Nach dem Konsum eines zuckerhaltigen Getränks stiegen Blutzucker- und Insulinspiegel wie erwartet an und der Spiegel an Hormonen, die ein Hungergefühl signalisieren, fiel. Sucralose hatte dagegen keinen dieser Effekte.

„Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit früheren Berichten, die zeigen, dass Sucralose, die im nüchternen Zustand und isoliert konsumiert wird, keine Auswirkungen auf Stoffwechselprodukte oder appetitregulierende Hormone hat“, so die Forscher.

Ansturm aufs Buffet

Beim anschließenden Buffet aßen die Testpersonen mehr, wenn sie zuvor ein Sucralose-Getränk statt eines Haushaltszuckergetränks zu sich genommen hatten. Das galt für Frauen stärker als für Männer. „Weder Männer noch Frauen glichen aber die zuvor aufgenommenen Extra-Kalorien aus dem zuckerhaltigen Getränk vollständig aus“, so die Forscher. Trotz des stärkeren Appetits würde die Süßstoff-Limonade in dieser Versuchsanordnung demnach dazu beitragen, dass die Personen insgesamt weniger Kalorien aufnehmen.

Allerdings: Anders als im Alltag wurde das Getränk beim Experiment isoliert konsumiert, ohne dass die Testpersonen dazu etwas aßen. „Ob die in dieser Studie beobachteten fettleibigkeits- und geschlechtsspezifischen Assoziationen mit unterschiedlichen Reaktionen auf Sucralose anders wären, wenn gleichzeitig Kohlenhydrate konsumiert würden, bleibt abzuwarten und sollte in künftigen Studien untersucht werden“, schreiben die Forscher.

Erklärung für gemischte Ergebnisse

Laut Page kann die Studie helfen, die gemischten Ergebnisse früherer Untersuchungen zu erklären. „Durch die Untersuchung verschiedener Gruppen konnten wir zeigen, dass Frauen und Menschen mit Fettleibigkeit empfindlicher auf künstliche Süßstoffe reagieren. Bei diesen Gruppen kann der Konsum von künstlich gesüßten Getränken dem Gehirn ein Hungergefühl vorgaukeln, was wiederum dazu führen kann, dass sie mehr Kalorien zu sich nehmen“, so Page. (JAMA Network Open, 2021, doi: 10.1001/jamanetworkopen.2021.26313)

Quelle: Keck School of Medicine of USC

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