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Medizin

Struktur des Zika-Virus entschlüsselt

Unterschiede in der Proteinhülle des Virus könnten Ansatzstellen für Gegenmittel bieten

Struktur der Außenhülle des Zika-Virus. Rot hervorgehoben sind die Glycoproteine, die für die Zellbindung wichtig sind. © Purdue University/ Kuhn und Rossmann Groups

Angriffsspunkte aufgedeckt: Forscher haben erstmals die genaue Struktur des Zika-Virus entschlüsselt. Damit schaffen sie die Voraussetzung, um Gegenmittel und Impfstoffe gegen die Infektion zu entwickeln. Denn wie sich zeigt, unterscheidet sich das Zika-Virus in nur einem Protein von verwandten Erregern wie dem Dengue-Virus. Dies könnte einen Ansatzpunkt für die Medizin liefern, wie die Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten.

Das von Stechmücken übertragene Zika-Virus war noch bis 2007 relativ unbekannt. Doch seither breitet es sich immer weiter aus, mittlerweile grassiert es in 33 Ländern. Dort steht es im Verdacht, bei Ungeborenen eine Mikroenzephalie zu verursachen, eine Fehlbildung, bei der Kopf und Gehirn anomal klein bleiben. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass das Zika-Virus Augenschäden und das Guillain-Barré Syndrom auslösen kann.

Gefriergetrocknetes Virus

Angesichts der Folgen einer Infektion und der zunehmenden Ausbreitung suchen Forscher weltweit nach Gegenmitteln und einem Impfstoff gegen das Virus. Doch bisher fehlte dafür eine entscheidende Voraussetzung: die Entschlüsselung der genauen Struktur des Zika-Virus. Einer der Gründe dafür: Die gängige Methode der Röntgen-Kristallografie funktioniert bei diesem Virus kaum, da es schwer kristallisiert.

Devika Sirohi bei der Arbeit mit dem Zika-Virus im Labor © Purdue University/ Mark Simons

Devika Sirohi von der Purdue University in West Lafayette und ihren Kollegen ist es nun gelungen, dieses Problem zu umgehen. Sie machten die Struktur des Virus stattdessen mit der Cryo-Elektronenmikroskopie sichtbar. Dabei wird eine gereinigte Virenprobe im Prinzip gefriergetrocknet und dann per Elektronenmikroskop analysiert. Die Probe stammte von einem Patienten, der sich in Französisch-Polynesien mit dem Zika-Virus infiziert hatte.

Zehn Aminosäuren sind anders

Die Strukturanalyse zeigt, dass das Zika-Virus in vielen Merkmalen anderen eng verwandten Flaviviren wie dem Dengue-Virus ähnelt. Wie sie besitzt es ein RNA-Genom, das von einer Lipidmembran umgeben ist. Dieses Paket wiederum wird von einer ikosaedrischen Hülle aus Proteinen geschützt. Vor allem diese Proteinhülle und die in sie eingelagerten Zuckermoleküle sind es, die das Verhalten des Virus und seine infektiösen Eigenschaften bestimmt.

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Das Spannende daran: Den Forschern gelang es, in der Proteinhülle die Stellen ausfindig zu machen und zu entschlüsseln, die das Zika-Virus von anderen Flaviviren unterscheiden. Demnach gibt es an den zuckerhaltigen Bindungsstellen eines Hüllproteins rund zehn Aminosäuren, die anders sind als beispielsweise beim eng verwandten Dengue-Virus. „Diese Stellen könnten entscheidend sein und müssen nun weiter untersucht werden“, sagt Sirohi.

Partikel des Zika-Virus (blau) im Gewebe. © CDC

Potenzielle Ansatzstellen identifiziert

Diese sogenannten Glycosylations-Stellen könnten möglicherweise erklären, wie und warum es dem Zika-Virus gelingt, vom Blut aus in das Gehirn vorzudringen. „Die meisten anderen Flaviviren befallen das Gehirn oder den sich entwickelnden Fötus nicht, wie die Blut-Hirn-Schranke und die Plazenta sie daran hindern“, erklärt Sirohi.

Doch das Zika-Virus kann diese Barrieren offenbar überwinden und dadurch die Mikroenzephalie und das Guillain-Barré-Syndrom auslösen. „Noch ist nicht klar, wie das Zika-Virus dabei Zugang zu den Zellen erhält, aber diese Gebiete struktureller Unterschiede könnten daran beteiligt sein“, so die Forscherin. Zudem spielen diese Ansatzstellen wahrscheinlich eine Rolle für die Infektiosität und Aggressivität der Viren.

„Ein großer Schritt voran“

Die Entschlüsselung der Zika-Struktur liefert damit wertvolle Hinweise darauf, wo ein Gegenmittel oder ein künftiger Impfstoff ansetzen könnte. „Wenn diese Glycosylations-Stellen ähnlich funktionieren wie bei Dengue und für die Bindung an die menschlichen Zellen verantwortlich sind, dann könnte das eine gute Ansatzstelle für ein antivirales Mittel sein“, sagt Koautor Michael Rossmann von der Purdue University.

Wie die Forscher erklären, könnte man dann gezielt einen Hemmstoff entwickeln, der diese Stellen blockiert und so das Eindringen des Virus in die Zellen verhindert. „Die Entschlüsselung der Struktur des Zika-Virus bringt unser Wissen über diesen Erreger weit voran – denn es handelt sich um ein Virus, von dem bisher kaum etwas bekannt ist“, konstatiert Seniorautor Richard Kuhn von der Purdue University. (Science, 2016; doi: 10.1126/science.aaf5316)

(Purdue University, 01.04.2016 – NPO)

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