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Medizintechnik

Spinnenseide für Brustimplantate

Neue Beschichtung senkt das Risiko medizinischer Komplikationen

Unterschiede zwischen einem unbeschichteten und einem mit Spinnenseidenproteinen beschichteten Implantat. Ist das Implantat unbeschichtet, entwickelt sich um die Silikonoberfläche eine starke Kapsel aus Narbengewebe. Auf der dünnen Haut aus Spinnenseide ist dagegen die Zellproliferation deutlich geringer ausgeprägt, und es bildet sich weniger Bindegewebe. © Lehrstuhl Biomaterialien, Universität Bayreuth

Oberweite dank Spinnennetz? Einer deutschen Forschergruppe ist es gelungen, Brustimplantate mit einer dünnen Haut aus Spinnenseidenproteinen zu überziehen. Das Naturmaterial soll Entzündungen und im Gewebe vermeiden helfen, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal „Advanced Functional Materials“. In ersten Tests macht die neuartige Beschichtung die Implantate tatsächlich deutlich verträglicher.

Brustimplantate aus Silikon kommen seit vielen Jahren in der Chirurgie zum Einsatz. Implantate, deren Außenhülle aus Silikon besteht, dienen in vielen Fällen der plastischen Wiederherstellung einer Brust, die aufgrund einer Krebserkrankung amputiert wurde. Zudem sind sie unentbehrlich für Brustoperationen, die ohne vorherige Erkrankungen allein aus ästhetischen Gründen vorgenommen werden.

Doch obwohl Silikon für derartige medizinische Anwendungen hervorragend geeignet ist, kommt es in der Folge nicht selten zu Komplikationen. Oft tritt zum Beispiel in den ersten Monaten nach dem Einsatz eines Implantats eine schmerzhafte Kapselfibrose auf. Dabei bildet sich um das Implantat eine Kapsel aus körpereigenem Narbengewebe, die häufig verhärtet und sich zusammenzieht. Oftmals ist dann eine Operation notwendig, um das Implantat auszutauschen.

Positive Effekte von Spinnenseide schon in der Antike bekannt

Mit Hilfe von Spinnenseide wollen Thomas Scheibel und seine Kollegen am Lehrstuhl für Biomaterialien der Universität Bayreuth diese Komplikationen verhindern. „Spinnenseide mit ihren außergewöhnlichen mechanischen Eigenschaften fasziniert Forscher seit vielen Jahrzehnten“, erklärt Scheibel. „Bereits in der Antike wurden positive wundheilungsfördernde Effekte beschrieben.“ Die Arbeitsgruppe entwickelte daher Methoden, um Spinnenseide biotechnologisch herzustellen und Implantate damit zu beschichten. Die dafür genutzten Spinnenseidenproteine, sogenannte eADF4(C16)-Moleküle, produziert die Firma AMSilk GmbH in Martinsried mittlerweile im Industriemaßstab.

Die rasterkraftmikroskopische Aufnahme zeigt links die Beschichtung aus Spinnenseidenproteinen. Diese ist hier nur 900 Nanometer dick, also weniger als ein Tausendstel eines Millimeters. © Lehrstuhl Biomaterialien, Universität Bayreuth

Vorklinische Tests der beschichteten Implantate fanden in Zusammenarbeit mit Forschern des Universitätsklinikums Leipzig und der AMSilk statt. Die ersten Ergebnisse waren deutlich: Die Beschichtung aus Seidenproteinen verringert deutlich das Wachstum von körpereigenem Binde- und Narbengewebe. Die Kapsel, die um das Implantat herum entsteht, ist dadurch weniger stark und neigt auch weniger zu Verhärtungen. Darüber hinaus kommt es infolge der Seidenbeschichtung seltener zu Entzündungen oder zu Abstoßungsreaktionen des Immunsystems.

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Ergebnisse ermutigen zu weiteren Anwendungen

Diese Resultate deuten darauf hin, dass das körpereigene Gewebe die Spinnenseidenbeschichtung viel besser toleriert als eine nicht beschichtete Silikon-Oberfläche. Das Risiko medizinischer Komplikationen verringert sich dadurch erheblich. Weil die Hülle aus Spinnenproteinen nur höchstens ein bis fünf Tausendstel Millimeter dick ist, bleiben außerdem die Funktion und die chirurgische Handhabbarkeit des Implantats vollständig erhalten.

„Mit unserer neuen Studie ist es gelungen, das Potenzial biotechnologisch hergestellter Spinnenseidenproteine beispielhaft an einer Beschichtung für Silikonbrustimplantate zu zeigen,“ fasst Scheibel zusammen. „Die Ergebnisse ermutigen uns, weitere medizintechnische Anwendungen zu verfolgen.“ (Advanced Functional Materials, 2014; doi: 10.1002/adfm.201302813)

(Universität Bayreuth, 29.01.2014 – AKR)

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