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Medizin

Spinnenangst: Therapie ist morgens effektiver

Unterschiedlicher Cortisol-Spiegel zu verschiedenen Tageszeiten beeinflusst Therapieerfolg

Spinnenphobie? Nach erfolgreicher Therapie können viele Patienten eine Spinne sogar auf die Hand nehmen. © Tanja Michael

Panische Spinnenangst? Am besten morgens behandeln. Spinnenphobie lässt sich leicht therapieren – und besonders gut gelingt das offenbar in den Morgenstunden. Diesen Effekt haben deutsche Wissenschaftlerinnen in einer Studie bestätigt. Verantwortlich ist das Hormon Cortisol, welches am Morgen besonders stark ausgeschüttet wird, berichten die Psychologinnen im Magazin “ Behaviour Research and Therapy“.

Angst vor Spinnentieren macht vielen Menschen schwer zu schaffen: Während die meisten von uns sich lediglich kurz erschrecken oder einen leichten Ekel verspüren, geraten Menschen mit echter Spinnenphobie regelrecht in Panik und können sich unter keinen Umständen im selben Raum aufhalten wie eine Spinne. Solche und ähnliche Ängste lassen sich mit geeigneten Therapien kontrollieren oder sogar ganz überwinden. Interessanterweise hat offenbar die Tageszeit einen Einfluss darauf, wann dies besonders erfolgreich gelingt.

Einfache Phobien sind gut behandelbar

Die Psychologinnen Johanna Lass-Hennemann und Tanja Michael von der Universität des Saarlandes haben diesen Effekt in einer Studie mit 60 Spinnenphobie-Patienten untersucht. 30 der Studienteilnehmer hatten eine dreistündige Therapie-Sitzung zwischen acht und elf Uhr morgens, die anderen 30 von 18 bis 21 Uhr, also am Abend. Bei Spinnenphobie gilt eine einzelne solche Sitzung bereits als ausreichend: „Einfache, spezifische Phobien wie Spinnen- oder Höhenangst sind in einem Termin gut behandelbar“, sagt Erstautorin Lass-Hennemann.

Anhand von Speichelproben maßen die Forscherinnen außerdem den Cortisol-Spiegel der Patienten. Dieses Hormon schüttet der Körper bekanntermaßen morgens in größeren Mengen aus als am Abend. Außerdem ist es wichtig für den Therapieerfolg: „Cortisol verstärkt Lern- und Gedächtnisprozesse – und Psychotherapie ist nichts anderes als ein Lernprozess“, erklärt Angst-Spezialistin Lass-Hennemann. In früheren Untersuchungen hat verabreichtes Cortisol bereits einen positiven Effekt bei der Behandlung von Phobien gezeigt. Daher nehmen die Forscherinnen an, dass der höhere Spiegel im Körper am Morgen auch morgendliche Therapiesitzungen erfolgreicher macht.

Therapieerfolg: Spinne in die Hand nehmen

Dies bestätigte sich, als die Psychologinnen überprüften, wie effektiv die Therapie gegen die Spinnenphobie auf lange Sicht war: Nach einer Woche und erneut nach drei Monaten ließen sie die Patienten einen Raum betreten, an dessen Ende sich ein Terrarium mit einer großen Kellerspinne befand. „Vor der Therapie können einige Patienten den Raum gar nicht betreten“, sagt Lass-Hennemann, „nach der Therapie sind aber viele so weit, dass sie das Terrarium öffnen und die Spinne auf die Hand nehmen können.“ Die Patienten mit Morgentherapie hatten dabei wesentlich weniger Schwierigkeiten, sich dieser Spinne zu nähern, als die Teilnehmer der Abend-Gruppe.

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Während der Erfolg bei besagten einfachen Phobien wie der Spinnenangst offensichtlich ist, ist dies für komplexere psychische Störungen noch unklar. Ob sich das Resultat auch auf die Behandlung von beispielsweise sozialer Phobie oder Panikstörung übertragen lässt, wollen die Wissenschaftlerinnen darum in einem nächsten Schritt überprüfen.

(Behaviour Research and Therapy, 2014; doi: 10.1016/j.brat.2014.06.009)

(Universität des Saarlandes, 21.07.2014 – AKR)

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