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Biotechnologie

Sehnen-Ersatz aus Seide und Stammzellen

Ein Gerüst aus Seidenprotein und Hydrogel hilft Stammzellen bei der Sehnenreparatur

Achillessehne
Wenn die Achillessehne reißt, heilt sie meist nur langsam und wird nicht wieder so stabil wie zuvor. © SciePro/ Getty images

Reparatur mit Naturpatent: Wenn eine Sehne gerissen ist, heilt sie oft nur langsam und unvollständig. Abhilfe schaffen könnte aber eine Kombination aus Stammzellen und einem Gerüst aus Seidenfasern und Hydrogel. Die auf dem Gerüst heranwachsenden Zellen bilden eine Ersatzsehne, die durch die Seidenfasern die nötige Festigkeit erreicht und schnell in die verletzte Stelle einwächst, wie erste Tests mit Ratten nahelegen.

Sehnen sind ein wahres Wunder der Natur. Denn die Verbundfasern aus parallelen Kollagenfasern und eingelagerten Mineralkristallen sind flexibel und enorm haltbar zugleich. Dadurch können sie Muskeln stabil und beweglich mit Knochen verbinden und dabei enormen Kräften standhalten. Trotzdem kommt es vor, dass eine Sehne reißt. Ist dies Fall, dauert eine Heilung Wochen bis Monate und ist oft unvollständig: Die „geflickte“ Sehne ist weniger stabil und kann leichter wieder reißen als vorher.

Hilfe für die Sehnenreparatur

Einer der Gründe für die geringere Haltbarkeit der regenerierten Sehnen ist neben der Bildung von Narbengewebe auch eine gestörte Anordnung der Fasern in der neu zusammengewachsenen Sehne: Statt säuberlich parallel wachsen die Fasern quer und teils ungeordnet wieder zusammen. Abhilfe schaffen kann das Implantieren einer Spendersehne oder eines synthetischen Ersatzes, doch auch das ist aufwendig und riskant.

Einen Mittelweg zwischen natürlicher Heilung und synthetischem Ersatz könnte nun die von Yumeng Xue von der University of California in Los Angeles und seinen Kollegen entwickelte Methode bieten. Sie haben nach Wegen gesucht, um Stammzellen zur besseren Reparatur der durchtrennten Sehne zu bringen. Dafür entwickelten sie ein spezielles Gerüst, das den Zellen bei ihrem Wachstum gewissermaßen den richtigen Weg weist und gleichzeitig dem Sehnenersatz mehr Stabilität verleiht.

Die Kombination machts

Kernelement des neuartigen Zellgerüsts ist Fibroin – das Faserprotein der Seide. Diese von der Seidenraupe Bombyx mori erzeugte Nanofaser ist nicht nur bioverträglich und sehr haltbar, sie besitzt auch eine Zugfestigkeit, die mit der einer Sehne vergleichbar ist. Das Problem jedoch: Das Fibroin bietet Zellen kaum Anhaftungsmöglichkeiten. Allein ist es daher als Gerüst für eine Gewebezucht ungeeignet.

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Gewebezucht
Fasern aus Seidenprotein und ein Hydrogel bilden ein Gerüst, auf dem Stammzellen zu neuen sehnenbildenden Zellen heranwachsen. © Terasaki Institute For Biomedical Innovation (TIBI)

Deshalb haben Xue und sein Team das Seidenfibroin mit dem Hydrogel Gelatin-Methacryloyl (GelMA) kombiniert. Dieses wasserhaltige Hydrogel bietet den Stammzellen eine gute Wachstumsumgebung und vermittelt gewissermaßen zwischen Zellen und Fibroinfasern. „Die synergistische Wirkung des für die Gewebezucht günstigen Hydrogels mit den strukturellen Vorteilen des Seidenfibroins machen unser Verbundmaterial gut geeignet für die Sehnenreparatur“, sagt Xues Kollege HanJun Kim.

Schneller und stabiler „Flicken“

Erste Tests lieferten bereits positive Ergebnisse: Stammzellen wuchsen auf den Dünnschichten aus Fibroin und Hydrogel schneller und bildeten feste Verbindungen zum Gerüst. Wurden zerrissene Sehnenenden im Labor mit dem Kombigerüst verbunden und mit Stammzellen versetzt, wuchs das Ersatzgewebe schnell ein und die aus den Stammzellen differenzierten Zellen bildeten neues Sehnengewebe.

Die Forscher haben ihren Sehnenersatz auch schon bei Ratten mit durchtrennter Achillessehne getestet. Dafür pflanzten sie Tieren die mit Stammzellen versetzten Fibroin-Gerüste zwischen die Sehnenenden ein. Die Implantate wuchsen gut an und führten schneller und vollständiger zu einer Heilung als bei Kontrolltieren ohne den „Sehnenflicken“. „Histologische Analysen und Immunofluoreszenzfärbung zeigen, dass diese Gerüste auch in vivo eine verbesserte Geweberegeneration bewirken“, berichten Xue und seine Kollegen.

Noch müssen weitere Tests erfolgen, bevor diese Methode auch bei Sehnenrissen beim Menschen angewendet werden kann. Nach Ansicht des Forschungsteams ist ihr kombinierter Ansatz aber durchaus erfolgversprechend. „Die Kombination von Seidenfibroin und GelMA kann helfen, die therapeutischen Ergebnisse zu verbessern und die Schwierigkeiten des Tissue-Engineering bei der Sehnen-Regeneration zu überwinden“, erklären die Wissenschaftler. (Small, 2022; doi: 10.1002/smll.202107714)

Quelle: Terasaki Institute for Biomedical Innovation

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