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Medizin

Schnelltest ermittelt individuelles Brustkrebsrisiko

Molekularbiologische Analyse gibt Aufschluss über mögliche Gefährdung

Gentest zur Brustkrebsdiagnose © Universität Bonn

Bonner Mediziner entwickeln momentan einen kostengünstigen Schnelltest, mit dem sie künftig das individuelle Brustkrebsrisiko jeder Frau genau abschätzen möchten. Dazu identifizieren sie mit einer eleganten molekularbiologischen Methode die wichtigsten Gene, die bei der Entstehung der Erkrankung eine Rolle spielen.

Wenn alles nach Plan läuft, sollen sich in etwa zwei Jahren die ersten Frauen am Universitätsklinikum untersuchen lassen können. Die Testergebnisse sollen dann auch helfen, die individuell beste Behandlungsstrategie zu finden, falls eine Patientin tatsächlich an einem Tumor erkrankt.

„Wir suchen völlig unvoreingenommen“, sagt Olga Golubnitschaja, „das ist unser großer Vorteil.“ Viele Arbeitsgruppen konzentrieren sich bei ihrer Suche nach den Erbanlagen, die eine Krankheit auslösen können, auf bereits bekannte Gene. „Da weiß man beispielsweise: Das p53-Gen spielt bei der Entstehung verschiedener Krebserkrankungen eine Rolle – schauen wir mal, ob es nicht auch Brustkrebs auslösen kann.“ So konzentriere man sich meist auf die üblichen Verdächtigen und lasse viele mögliche Kandidaten außen vor.

Umfassender Gentest

„Wir gehen einen anderen Weg“, erklärt die Privatdozentin nicht ohne Stolz: „Mit unserer Methode können wir einfach und elegant all diejenigen Erbanlagen identifizieren, die bei Frauen mit Brustkrebs eine andere Aktivität haben als bei Gesunden, also häufiger oder seltener abgelesen werden. Dabei beschränken wir uns nicht auf bestimmte Gene, sondern gehen blind objektiv vor.“

In Deutschland erkranken zwölf Prozent aller Frauen im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs, jeder dritte bösartige Tumor stammt aus einer weiblichen Brust. 19.000 Deutsche sterben pro Jahr an der Erkrankung. Es ist bekannt, dass Fehler in den Erbanlagen Brustkrebs auslösen können. So konnten Molekularbiologen inzwischen zwei Erbanlagen identifizieren, die, wenn sie fehlerhaft sind, bei Frauen mit ziemlicher Sicherheit zu Brustkrebs führen. Mutationen in diesen so genannten BRCA-Genen sollen für bis zu zehn Prozent aller Brustkarzinome verantwortlich sein. „Es gibt aber mit Sicherheit noch weitere Gene, die das Risiko für einen Tumor erhöhen“, so die „Europäerin mit deutschem Pass“, deren Lebensweg sie von der Ukraine über Russland und die damalige Tschechoslowakei in die Bundesrepublik führte. „Und diese Erbanlagen wollen wir finden.“

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RNA-Fäden als Indikatoren

Jede Körperzelle produziert rund um die Uhr zahlreiche Proteine. Der Zellkern verschickt die entsprechenden Bauanleitungen, indem er die im Erbmolekül DNA hintereinander aufgereihten Informationen in kurze RNA-Fäden übersetzt – ein Faden enthält die Bauanleitung eines einzigen Proteins. Zu jeder Zeit schwimmen in der Zelle viele von diesen RNA-Fäden herum. Sie zeigen, welche Gene gerade aktiv sind, also in Proteine übersetzt werden.

Dr. Golubnitschaja hat nun zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen im Institut für experimentelle Radiologie aus weißen Blutkörperchen von 13 Patientinnen und 13 gesunden Frauen die gesamte RNA isoliert und miteinander verglichen. „Wir konnten schon eine Reihe von RNA-Fäden identifizieren, die bei unseren Brustkrebskranken viel häufiger oder seltener vorkamen als bei den gesunden Probandinnen“, freut sich die Medizinerin. Derartige Gene könnten bei der Entstehung der Krankheit eine Rolle spielen. Gleichzeitig hat sie auch die Protein-Ausstattung der beiden Gruppen miteinander verglichen – da RNA die „Bauanleitung“ für die Zelleiweiße darstellt, müssten sich Unterschiede auf RNA-Ebene auch in der Protein-Zusammensetzung der Zellen wiederfinden.

Erster Test an 150 Frauen

An einem Patientinnen-Kollektiv von 150 Frauen mit Brustkrebs wollen die Mediziner nun überprüfen, wie häufig die gefundenen Unterschiede bei Brustkrebskranken wirklich vorkommen. Außerdem wollen sie so diejenigen Gene identifizieren, die nur im Zusammenspiel mit bestimmten Umwelteinflüssen das Tumor-Risiko erhöhen – etwa bei starken Raucherinnen oder bei Frauen mit besonders stressigen Lebensumständen. „Unser Ziel ist ein kostengünstiger Schnelltest, mit dem wir zehn oder fünfzehn Risikogene auf einmal checken können.“ Am Ende soll dann eine Aussage über das individuelle Risiko stehen, aber auch die Empfehlung, wie häufig die entsprechende Frau zur Voruntersuchung kommen soll oder welche Risikofaktoren sie meiden soll.

Bessere Diagnose und individuellere Therapie

Selbst über die geeignetste Diagnose-Methode könnte der Test Aufschluss geben: So sind manche Erbanlagen sehr wichtig für die DNA-Reparatur; die BRCA-Gene sind dafür prominente Beispiele. Defekte in diesen Erbanlagen machen besonders anfällig für Mutationen und damit für Krebs. Eine zusätzliche Strahlenbelastung, wie sie zum Beispiel bei einer Mammographie auftritt, sollte man bei diesen Frauen daher vermeiden und stattdessen eher zu Methoden wie der Magnetresonanz-Tomographie greifen, die keine Mutationen auslösen kann. „Unsere Untersuchungen zeigen auch, dass manche Frauen besonders empfindlich auf eine Strahlentherapie reagieren“, erklärt Olga Golubnitschaja. „Bei diesen Patientinnen sollte man bei der Behandlung die Strahlenbelastung reduzieren.“ Nicht jeder Patient reagiere halt auf die Behandlung gleich. „Wir müssen zu individuelleren Methoden in Diagnose und Therapie kommen!“

(Universität Bonn, 16.04.2004 – NPO)

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