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Medizintechnik

Schlagende Herzkammer aus dem 3D-Drucker

Neue Methode verbessert Auflösung und Präzision von Organen und Geweben aus dem Labor

Herzkammer
Dies ist eine funktionsfähige linke Herzkammer, hergestellt mittels 3D-Druck aus Herzmuskelzellen und Kollagen. © Carnegie Mellon University College of Engineering

Bis ins kleinste Detail: US-Forscher haben eine Technik entwickelt, die die Organzucht im Labor deutlich voranbringen könnte. Denn mit ihrer Form des biologischen 3D-Drucks lassen sich menschliche Organe und Organteile noch bis in die feinsten Mikrostrukturen erzeugen. Als ersten Test produzierten die Forscher eine linke Herzkammer aus Kollagen und Herzmuskelzellen, die nach wenigen Tagen von selbst begann zu schlagen, wie sie im Fachmagazin „Science“ berichten.

Der 3D-Druck hat nicht nur der Technik, sondern auch der Medizin zu entscheidenden Fortschritten verholfen. Denn damit ist es möglich, auch Organe und Gewebestrukturen im Labor zu erzeugen. Meist wird dabei ein Organgerüst aus Kollagen oder speziellen Zellulosegelen gedruckt, auf dem sich dann Zellen ansiedeln und so die gewünschten Gewebe bilden. Neben menschlicher Haut, Eierstöcken und einer Ohrmuschel haben Forscher vor kurzem sogar ein menschliches Herz mittels 3D-Druck produziert  -wenn auch im Mini-Format.

Das Problem der Auflösung

Doch es gibt einen Haken: Die Auflösung und Präzision der bisherigen Verfahren reichen nicht aus, um auch die Mikrostrukturen menschlicher Gewebe und Organe realitätsgetreu nachzubilden. Genau sie sind aber für die Funktion der meisten Organe von entscheidender Bedeutung. Eines der Probleme besteht darin, das für das Grundgerüst nötige Kollagen in die richtige Form zu bringen, denn zu Beginn der Prozedur ist es flüssig.

FRESH-Adern
Auch feine Gefäßstrukturen können mit FRESH erzeugt werden. © Carnegie Mellon University College of Engineering

„Kollagen ist ein beim 3D-Druck besonders wichtiges Material, weil es in buchstäblich jedem Gewebe unseres Körpers enthalten ist“, erklärt Andrew Hudson von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh. Beim 3D-Druck jedoch droht es zu zerlaufen. Das Team um Hudson und seinen Kollegen Andrew Lee hat nun eine Methode entwickelt, die die Herstellung selbst feinster Mikrostrukturen aus Kollagen erlaubt.

Damit gelang es den Forschern, Organgerüste aus Kollagenfasern von nur 25 Mikrometern Dicke zu drucken. Aber auch zellbesetzte Organteile haben sie mit der FRESH (Freeform Reversible Embedding of Suspended Hydrogels) getauften Methode produziert.

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Hydrogel als Stützgerüst

Der Clou an der Methode ist ein Bad aus zähem Hydrogel in dem der 3D-Druck stattfindet. Dies sorgt dafür, dass die winzigen Kollagenstrukturen nicht aus der Form geraten und ermöglicht auch das Drucken von Hohlräumen und Poren. Indem die Forscher die Moleküle dieses Hydrogels bis auf 25 Mikrometer verkleinerten, erhöhten sie die Auflösung der druckbaren Teile bis auf diesen Bereich, wie sie berichten.

Ist das Organmodell fertig gedruckt, härtet die Kollagenlösung langsam aus. Anschließend wird das gesamte Ensemble auf 37 Grad erwärmt, um das Hydrogel wegzuschmelzen. Übrig bleibt das fertige Organgerüst. Mit der FRESH-Methode lassen sich aber nicht nur die reinen Kollagenstrukturen drucken, sondern auch komplette Organteile und Organe mitsamt Zellen und anderen biologischen Materialien. Auch die feinen Verästelungen von Gefäßen haben die Forscher damit reproduziert.

Eine schlagende Herzkammer

„Wir haben gezeigt, dass wir Teile des Herzens aus Zellen und Kollagen drucken können, die wirklich funktionieren, wie beispielsweise eine Herzklappe oder eine kleine, schlagende Herzkammer“, berichtet Co-Autor Adam Feinberg. „Indem wir Daten von Magnetresonanztomografien eines echten menschlichen Herzens genommen haben, konnten wir die patientenspezifische anatomische Struktur akkurat reproduzieren“, berichtet Feinberg.

Die Herzkammer druckten die Forscher aus zwei Lösungen gleichzeitig – Kollagen und einer Lösung aus Herzmuskelzell- Stammzellen. Das fertige Gebilde wurde in einer speziellen Nährlösung kultiviert. „Nach vier Tagen begannen die Ventrikel sichtbar zu kontrahieren und nach sieben Tagen schlugen sie synchron“, so Lee und seine Kollegen. Nähere Analysen ergaben, dass die Zellen eine dichte Schicht aus miteinander vernetzten Muskelzellen gebildet hatten und dass sie die Herzkammer bei Kontraktion wie beim Pumpen dehnten und zusammenzogen.

Plattform für eine breite Palette von Organen

Doch das Herz ist nur der Anfang: „Der FRESH-Druck ist eine Plattform, mit der fortgeschrittenen Gewebegerüst für eine breite Palette von Organsystemen hergestellt werden können“, betonen Lee und sein Team. „Wir haben nun die Möglichkeit, Konstrukte zu erzeugen, die die strukturellen, mechanischen und biologischen Eigenschaften natürlicher Gewebe rekapitulieren.“

Noch allerdings steht die Organproduktion mittels FRESH erst am Anfang. Bis man ein komplettes, funktionsfähiges Herz drucken könne, seien noch einige Jahre der Forschung nötig, betont Feinberg. „Aber wir machen echte Fortschritte hin zu künstlich hergestellten Organgeweben und Organen – und unsere Studie ist ein Schritt auf diesem Weg“, so der Forscher. (Science, 2019; doi: 10.1126/science.aav9051)

Quelle: Carnegie Mellon University, College of Engineering

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