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Medizin

Pupillenreflex verrät Autismus-Risiko

Reaktion auf Licht könnte bereits im Säuglingsalter auf die Erkrankung hindeuten

Blick ins Auge: Der Pupillenrelfex könnte bei Babys das spätere Autismus-Risiko verraten. © Andrei310/ iStock.com

Verstärkter Reflex: Künftig könnte ein einfacher Pupillentest helfen, Autismus bei Kindern schon frühzeitig zu erkennen. Denn eine Studie zeigt: Betroffene reagieren im Säuglingsalter deutlich stärker auf Lichtreize als gesunde Kinder. Dabei verengen sich die Pupillen umso mehr, je stärker später die Autismus-Symptome sind. Ob sich die Methode wirklich als frühe Diagnosehilfe eignet, müssen nun weitere Untersuchungen zeigen.

Autismus ist eine Entwicklungsstörung, die mit vielfältigen Symptomen einhergeht – von Beeinträchtigungen des Sprachvermögens, über fehlende Gefühlsregungen, bis hin zu motorischen Problemen. Diagnostizieren lässt sich die Erkrankung bisher nur über solche Verhaltensauffälligkeiten. Das Problem: Diese manifestieren sich erst ab einem Alter von zwei bis drei Jahren.

Wissenschaftler suchen daher schon länger nach Möglichkeiten, Autismus frühzeitiger erkennen und damit auch behandeln zu können. Zuletzt fanden sie dabei etwa Zusammenhänge mit einer veränderten Geruchsreaktion. Demnach scheint autistischen Kindern ein typischer Geruchsreflex zu fehlen: Anders als gesunde Kinder reagieren sie auf unangenehme Gerüche nicht mit unwillkürlichem Luftanhalten.

Fokus aufs Auge

Auch ein weiterer Reflex scheint bei Autisten anders ausgeprägt zu sein: der Pupillenreflex. „Untersuchungen mit älteren Kindern zeigen, dass ihre Pupillen weniger stark auf Licht reagieren“, sagt Terje Falck-Ytter von der schwedischen Universität Uppsala. Der Psychologe und sein Team fragten sich: Ist dieser Unterschied womöglich schon im Alter von wenigen Monaten zu erkennen – und könnte sich daher als früher Hinweis auf eine Autismus-Störung eignen?

Um das herauszufinden, untersuchten die Wissenschaftler insgesamt 147 Babys, die bereits ein älteres Geschwisterkind mit Autismus hatten, sowie 40 Babys ohne diese familiäre Vorgeschichte. Dabei testeten sie den Pupillenreflex der jungen Probanden, als diese zwischen neun und zehn Monate alt waren. Im Alter von drei Jahren folgte die Überprüfung: Welche Kinder hatten nach den geltenden Diagnose-Kriterien eine autistische Störung entwickelt?

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Umgekehrter Zusammenhang

Es zeigte sich: Kinder, deren Pupillen sich als Reaktion auf Lichtreize besonders stark verengten, erkrankten später häufiger an Autismus. „Die Wahrscheinlichkeit, mit Autismus diagnostiziert zu werden, war bei dieser Gruppe signifikant erhöht“, berichtet Falck-Ytter. Dabei galt: Je stärker sich die Pupillen verengten, desto stärker waren die Autismus-Symptome bei der Folgeuntersuchung.

Damit ist der nun bei den Säuglingen festgestellte Zusammenhang überraschenderweise genau anders herum als bei den früheren Untersuchungen mit älteren Kindern: Nicht ein schwacher, sondern ein starker Pupillenreflex deutet auf die Erkrankung hin. „Wir glauben, dass diese Ergebnisse wichtig sind, weil sie auf Unterschiede in einer grundlegenden Funktion hinweisen, die bei Kleinkindern mit späterer Autismus-Diagnose bisher noch nie untersucht worden ist“, konstatiert Falck-Ytter.

Hoffnung auf frühere Diagnose

Weitere Studien müssen nun belegen, wie aussagekräftig der neu entdeckte Zusammenhang ist. Ob die Methode künftig wirklich die Früherkennung erleichtern kann? Um dies zu beantworten, ist es den Forschern zufolge noch zu früh. „Bisher kann Autismus vor dem zweiten bis dritten Lebensjahr nicht verlässlich diagnostiziert werden. Wir hoffen aber, dass mit zunehmendem Wissen über die frühen Entwicklungsstadien der Störung in Zukunft auch eine frühere Diagnose möglich wird“, schließt Falck-Ytter. (Nature Communications, 2018; doi: 10.1038/s41467-018-03985-4)

(Uppsala University, 07.05.2018 – DAL)

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