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Medizin

Prostatakrebs: Bestrahlung überflüssig?

Sofortige Strahlentherapie nach einer Operation hat womöglich keine Vorteile für Patienten

Krebs
Prostatakrebs ist eine der häufigsten Tumorerkrankungen bei Männern. © Vitanovski/ iStock.com

Behandlung erspart: Eine ergänzende Bestrahlung nach der operativen Entfernung der Vorsteherdrüse bringt Prostatakrebs-Patienten nicht unbedingt Vorteile. Stattdessen könnte Abwarten eine ebenso gute Lösung sein, wie eine Studie nahelegt. Demnach machte es für den langfristigen Verlauf der Erkrankung keinen Unterschied, ob direkt routinemäßig bestrahlt wurde oder nur im Falle eines frühen Rückfalls.

Prostatakrebs ist eine der häufigsten Tumorerkrankungen bei Männern: Allein in Deutschland wird diese Krebsform bei rund 60.000 Patienten pro Jahr neu diagnostiziert. Für viele Betroffene stellt sich dann die Frage nach der besten Behandlung. Bei lokal begrenzten Tumoren kann als Therapiemaßnahme unter anderem eine Operation infrage kommen. Dabei wird die Prostata und mit ihr die bösartige Wucherung chirurgisch entfernt.

Strittig ist unter Medizinern bisher allerdings, was nach dem Eingriff folgen sollte: Unterzieht sich der Patient am besten direkt einer Bestrahlung, um möglicherweise im Körper verbliebene Krebszellen zu zerstören – riskiert damit aber auch schwere Nebenwirkungen? Oder wartet er erst einmal ab, ob der Krebs zurückkehrt?

Keine Unterschiede nach fünf Jahren

Chris Parker vom Royal Marsden NHS Foundation Trust in London und seine Kollegen sind dieser Frage nun in der bisher größten Studie zum Nutzen postoperativer Bestrahlung nachgegangen. Insgesamt 1.396 Prostatakrebs-Patienten aus Großbritannien, Dänemark, Kanada und Irland wurden dafür nach dem Zufallsprinzip einer von zwei Gruppen zugeteilt: in der einen erhielten alle Männer direkt nach der Operation eine Bestrahlung, in der anderen wurden sie lediglich engmaschig beobachtet. Kehrte der Krebs zurück, wurden auch sie bestrahlt.

Nach fünf Jahren zeichnete sich ab: In Bezug auf das Überleben der Patienten und das weitere Fortschreiten der Erkrankung gab es zwischen beiden Gruppen offenbar keine Unterschiede. So lebten in der Bestrahlungsgruppe zu diesem Zeitpunkt noch 85 Prozent der Patienten, ohne dass sich Anzeichen auf eine erneute Ausbreitung des Krebses zeigten. In der Kontrollgruppe traf dies auf 88 Prozent der Männer zu.

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Erstmal beobachten

Egal ob direkt nach der OP routinemäßig alle Männer behandelt werden oder später nur jene mit einem frühen Rezidiv: „Die Ergebnisse legen nahe, dass die Strahlentherapie in beiden Fällen gleich effektiv ist und die Beobachtung daher das Standardverfahren nach einer Prostatektomie sein sollte“, sagt Parker.

Resultate aus einer ergänzenden Meta-Analyse bestätigen diese Schlussfolgerung. Dafür kombinierten die Forscher um Claire Vale vom University College London die Daten aus der aktuellen Studie mit Ergebnissen aus zwei ähnlichen Untersuchungen. Insgesamt konnten sie so Daten von 2.151 Prostatakrebs-Patienten auswerten. „Die Ergebnisse sprechen für die routinemäßige Beobachtung und frühe Strahlentherapie im Falle eines Rückfalls“, berichtet Vale.

Nebenwirkungen erspart

„Die gute Nachricht ist, dass vielen Männern dadurch in Zukunft die Nebenwirkungen der Bestrahlung erspart bleiben könnten“, sagt Parker. Inkontinenz und andere Probleme können zwar auch durch den operativen Eingriff allein auftreten. Das Risiko dafür steigt aber, wenn zusätzlich bestrahlt wird.

Parker und seine Kollegen werden die Teilnehmer ihrer Studie in den kommenden fünf Jahren weiter beobachten. Erst dann wird sich zeigen, ob sich auch längerfristig keine Vorteile durch einen sofortigen Einsatz der Strahlentherapie als ergänzende Behandlungsmaßnahme ergeben – oder ob womöglich nur bestimmte Patientengruppen davon profitieren. (ESMO Congress, 2019)

Quelle: European Society for Medical Oncology/ The Royal Marsden NHS Foundation Trust

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