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Medizin

Patienten schleppen Krankenhauskeime oft selbst ein

Zehn Prozent sind schon bei Aufnahme in die Klinik mit multiresistenten Enterokokken infiziert

Kolonien multiresistenter Enterobakterien in einer Petrischale © IMMIH/ Hamprecht

Selbst mitgebracht: Eine überraschend hohe Zahl von Krankenhauskeimen wird von den Patienten selbst mitgebracht. Bei multiresistenten Enterokokken liegt die Zahl in deutschen Krankenhäusern immerhin bei zehn Prozent, wie eine Studie jetzt zeigt. Das ist für diese Bakterien unerwartet viel. Das Problem daran: So viele Patienten lassen meist nicht mehr auf einer Isolierstation unterbringen.

In Deutschland sterben nach Schätzungen des Nationale Referenzzentrums bis zu 15.000 Patienten im Jahr an Infektionen mit Krankenhauskeimen. Diese Bakterien sind in Krankenhäusern verbreitet und größtenteils gegen gängige Antibiotika resistent. Zu den häufigsten multiresistenten Erregern gehören der methicillinresistente Staphylococcus aureus (MRSA) und sogenannte ESBL-Bakterien – Keime, die durch das Enzym Beta-Lactamase gegen selbst neuere Antibiotika immun sind.

Bei multiresistenten MRSA-Stämmen beobachten Mediziner schon seit einiger Zeit, dass sich diese Bakterien zunehmend auch außerhalb der Krankenhäuser ausbreiten und vermehrt auch in Haushalten herumgereicht“ werden und so überdauern. Weniger klar war jedoch bisher die Quelle der ESBL-Keime.

Zehn Prozent bringen die Keime schon mit

Um das zu klären, haben Axel Hamprecht von der Uniklinik Köln und seine Kollegen erstmals in einer größeren Studie untersucht, ob und wie viele Patienten bereits bei der Aufnahme in die Klinik mit ESBL-Keimen infiziert sind. Im Speziellen untersuchten die Forscher dabei das Auftreten der 3. Generation der Cephalosporin-resistenten Enterobakterien (3GCREB).

Das Ergebnis: Von den 4.376 Erwachsenen, die bei Aufnahme in eine der beteiligten Kliniken auf die 3GCREB-Keime untersucht wurden, waren 416 bereits Träger dieser multiresistenten Keime. Rund zehn Prozent der Patienten bringt demnach seine Infektion bereits von zu Hause mit. „Dass fast jeder zehnte Patient mit multiresistenten Keimen besiedelt ist, wenn er in der Klinik ankommt, war für uns überraschend“, erklärt Hamprecht.

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Durch Reisende eingeschleppt

Einer der Gründe für diese relativ hohe Durchseuchung: Oft bleibt eine Infektion mit solchen ESBL-Keinem symptomlos. Durch Lebensmittel oder eine Schmierinfektion steckt man sich an, ohne etwas davon zu merken. Erst wenn das Immunsystem geschwächt ist oder die Bakterien aus dem Darm ins Blut gelangen, kann es kritisch werden – und das ist dann oft im Krankenhaus der Fall.

Aber woher hatten diese Patienten ihre Keime? Um das zu klären, hatten die Patienten einen Fragenkatalog zu bisherigen Klinikaufenthalten oder Lebensgewohnheiten beantwortet. „Patienten nach Antibiotika-Einnahme und Reisende außerhalb Europas sind gefährdeter“, sagt Hamprecht. Dass gerade Fernreisende oft resistente Bakterien mitbringen, hat erst vor Kurzem eine Studie erneut bestätigt.

„Isolieren hilft da nicht mehr“

Für die Krankenhäuser bedeutet die relativ hohe Zahl der von Patienten eingeschleppten ESBL-Keime ein Problem: „Bei so vielen Betroffenen funktioniert die Strategie einer Isolation innerhalb des Krankenhauses nicht mehr“, sagt Hamprecht. „Zudem gibt es bei 3GCREB im Gegensatz zu anderen multiresistenten Bakteriengruppen wie MRSA keine etablierten Sanierungsmöglichkeiten.“

Stattdessen empfehlen die Forscher bessere Hygienemaßnahmen in Kliniken und Arzt-Praxen, mehr Schulungen für Ärzte und vor allem einen sinnvolleren Umgang mit Antibiotika. Denn diese Mittel werden auch von Medizinern oft unnötig verschrieben, beispielsweise gegen durch Viren verursachte Erkältungen, gegen die sie ohnehin nicht wirken. (Journal of antimicrobal Chemotherapy, 2016; doi: 10.1093/jac/dkw216)

(Deutsches Zentrum für Infektionsforschung, 15.08.2016 – NPO)

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