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Medizin

Neue Hoffnung für Hepatitis-Kranke?

"Kamera-Blende" und hemmendes Peptid als Angriffspunkte für bessere Medikamente

Virus mit geschlossenem Nukleokapsid © Universitätsklinikum Heidelberg

400 Millionen Menschen weltweit leiden an Hepatitis-B – in Deutschland sind es immerhin mehr als 500.000. Wissenschaftler aus Heidelberg haben nun neue Angriffspunkte für Medikamente gegen die potentiell tödlich verlaufende Hepatitis-B-Infektion entdeckt.

Wie die Wissenschaftler in ihrer Studie feststellten, könnten Strukturmerkmale und ein Eiweißbestandteil (Peptid) des Virus Ausgangspunkte für die Entwicklung von Wirkstoffen sein.

So weist der Erreger der Leberentzündung eine erstaunliche Flexibilität in seiner Genomkapsel, dem so genannten Nukleokapsid, auf, das die Erbsubstanz umschließt. Zusammen mit der Arbeitsgruppe von Dr. Bettina Böttcher vom Europäischen Molekularbiologie Labor (EMBL) in Heidelberg haben Dr. Stephan Urban und Stefan Seitz spezielle elektronenmikroskopische Aufnahmen des Virus zu einem dreidimensionalen Strukturmodell zusammengesetzt und festgestellt: Wie eine Kamera ihre Blende öffnen kann, so kann das Virus sein Nukleokapsid durchlässig machen.

Durch diese Poren werden vermutlich Gene freigesetzt die seine Vermehrung vorantreiben. Darüber hinaus haben die Heidelberger Wissenschaftler ein Peptid des Virus entdeckt, das seine Vermehrung hemmt und bereits im Tierversuch erfolgreich getestet wurde.

Damit wurden wichtige Grundlagen für die Entwicklung künftiger Wirksubstanzen gelegt, die eine Vermehrung der potentiell tödlichen Infektion verhindern könnte.

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Bisherige Medikamente nicht wirksam genug

„Neue Erkenntnisse der Molekularbiologen sind keine Spielereien an der Laborbank, sondern wichtig für die rasche Entwicklung neuer Therapien, die wir dringend brauchen“, sagte Professor Dr. Michael P. Manns von der Medizinischen Hochschule Hannover. Denn die vier bislang zugelassenen Medikamente, die bei einer Hepatitis-B-Infektion das Fortschreiten der Erkrankung zur Leberzirrhose und zum bösartigen Lebertumor verhindern sollen, können nur bei etwa 40 Prozent der Patienten erfolgreich eingesetzt werden. Sie haben zudem zum Teil schwere Nebenwirkungen. Außerdem entwickeln – je nach Medikament – bis zu 70 Prozent der Patienten innerhalb von vier Jahren eine Resistenz gegen die Substanz.

Peptid blockiert Eindringen des Virus in die Leberzelle

Angriffspunkte für neue Medikamente, die mit verschiedenen Schritten der Virusvermehrung in der Zelle interferieren, werden derzeit von Molekularbiologen in der ganzen Welt gesucht – und gefunden. Einer dieser Schritte ist die Anheftung des Virus an die Leberzelle. Im Gegensatz zum Aidserreger HIV und zum Schwestervirus Hepatitis C sind die dafür verantwortlichen sogenannten Rezeptorproteine noch nicht bekannt.

Die Arbeitsgruppe von Urban entschlüsselt derzeit die molekularen Mechanismen, die diesem Prozess zugrunde liegen. Die Wissenschaftler entdeckten ein Peptid, dessen Bindung an die Zelle zur Blockade des Eindringens des Virus führt. In Zusammenarbeit mit der Forschungsgruppe des Hamburger Mediziners Dr. Jörg Petersen gelang es ihnen erstmals im Tierversuch eine Infektion mit Hepatis-B-Viren zu unterbinden.

(idw – Universitätsklinikum Heidelberg, 23.09.2005 – DLO)

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