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Medizintechnik

Nanostopp bei Blutungen

Selbstorganisierende Peptidlösung könnte Blutungskotrolle bei Operationen deutlich verbessern

Pflaster, Binden und Tupfer adé: Eine einfache, aus Proteinfragmenten bestehende Flüssigkeit kann Blutungen innerhalb von Sekunden vollständig stoppen. Und dies nicht etwa nur bei kleinen Kratzern, sondern auch bei Operationen, bei denen sonst ein Großteil der Zeit und der Arbeit der Ärzte darauf konzentriert ist, Blutungen zu stoppen. Das zeigten Versuche an Ratten und Hamstern, deren Ergebnisse jetzt in der Fachzeitschrift Nanomedicine veröffentlicht wurden.

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In Operationen und bei Unfällen haben Ärzte zurzeit nur wenige effektive Methoden, um schwere Blutungen zu stoppen, ohne dass Gewebe beschädigt werden. Mehr als 50 Prozent der Operationszeit verbringen Chirurgen damit, mithilfe von Klammern, Druck, Verödung oder anderen Mitteln Blutungen unter Kontrolle zu halten. Jetzt zeigen Experimenten, durchgeführt von Forschern des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Hongkong Universität hier erstmals Nanotechnologie-basierte-Alternativen auf.

Selbstorganisation schafft Barriere

In ihren Versuchen applizierten die Forscher die klare Flüssigkeit aus Peptiden in offenen Wunden verschiedenster Gewebe – Gehirn, Leber, Haut, Rückenmark und Verdauungstrakt. „In nahezu jedem Fall konnten wir die Blutung unmittelbar stoppen“, erklärt Rutledge Ellis-Behnke, Neurowissenschaftler am MIT und Hauptautor der Studie. Wenn die Flüssigkeit, bestehend aus Peptiden, kleinen Proteinbruchstücken, auf offenen Wunden gegeben wird, ordnen sich die Moleküle selbstständig zu einer Art Schutzbarriere im Nanomaßstab an, die die Wunde versiegelt und die Blutung stoppt.

Der genaue Mechanismus dieser Wirkung ist noch unbekannt, die Forscher vermuten jedoch, dass die Peptide mit der extrazellulären Matrix interagieren, die die Zellen umgibt. „Es ist ein komplett neuer Weg, Blutungen zu stoppen, ob es eine rein physikalische Barriere ist, ist zu diese Zeitpunkt noch unklar“, erklärt Ellis-Behnke. Klar scheint, dass das Material offenbar nicht die Blutgerinnung fördert, da dieser Prozess mindestens 90 Sekunden braucht, um zu greifen, die Wirkung der Peptidlösung aber schon weitaus schneller einsetzt. Zudem fanden die Forscher keinerlei Anzeichen für eine Aggregation der Blutplättchen, der Hauptakteure bei der Blutgerinnung.

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Effektiver Einsatz bei Operationen

Ist die Wunde verheilt, wird das ungiftige Gel zu Aminosäure-Molekülen abgebaut, die die Zellen als Bausteine für weitere Reparaturen einsetzen können. „Wir haben einen Weg gefunden, Blutungen zu stoppen, in weniger als 15 Sekunden, der die Kontrolle von Blutungen revolutionieren könnte“, so Ellis-Behnke. Nach Ansicht des Forschers könnte das Material gerade in der Chirurgie großen Nutzen bringen, da ein schnelleres und effektiveres Stoppen von Blutungen den Ärzten ein freieres Sichtfeld und besseren Zugang verschafft.

Zudem kann die Flüssigkeit, im Gegensatz zu den meisten anderen blutungshemmenden Mitteln, auch in nassen Umgebungen eingesetzt werden. Eine Immunreaktion scheint die neue nanomedizinische „Wunderlösung“ ebenfalls nicht auszulösen. Zu Beginn dieses Jahres hatten die Forscher bereits festgestellt, dass eine ähnliche, zu Selbstorganisation fähige Peptidlösung bei Hamstern teilweise eine zerstörte Sehfähigkeit wieder herstellen konnte. Den Tieren war zuvor der Sehnerv durchtrennt worden, doch die Peptide ordneten sich zu einer internen Matrix an, auf der Nervenzellen nachwachsen konnten.

(Massachusetts Institute of Technology, 10.10.2006 – NPO)

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