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Genetik

Nanopartikel transportieren Genschere

Neues Transportvehikel für CRISPR/Cas9 erfolgreich erprobt

Statt Viren könnten künftig Nanopartikel die Genschere an ihren Zielort im Körper transportieren. © MIT News

Gezielt eingeschleust: Die Genschere CRISPR/Cas9 könnte künftig nicht nur mithilfe von Viren an ihren Zielort im Körper von Tieren und Menschen transportiert werden. Denn auch Nanopartikel eignen sich als Vehikel für das Genwerkzeug, wie eine Studie zeigt. Im Experiment gelangte die Genschere verpackt in Hüllen aus kleinsten Fetttröpfchen unversehrt in die Leberzellen von Mäusen – und reparierte dort erfolgreich einen Gendefekt, berichten die Forscher im Fachmagazin „Nature Biotechnology“.

Die Genschere CRISPR/Cas9 gilt als Durchbruch für die Gentherapie. Denn mit diesem Werkzeug lassen sich Mutationen im Erbgut einfacher und gezielter reparieren als zuvor. Forscher haben es unter anderem bereits genutzt, um Mäuse von der Muskeldystrophie Duchenne zu heilen und eine Alzheimer-Mutation in menschlichen Zellen zu korrigieren. Auch ethisch umstrittene Eingriffe in das Erbgut von Embryonen wurden mit der Genschere schon erprobt.

Damit das Werkzeug fehlerhafte DNA-Abschnitte bei Tieren oder Menschen ausschneiden und ersetzen kann, muss es zunächst seinen Wirkort erreichen. Weil seine Bestandteile alleine nicht durch die Membran einer Körperzelle gelangen und zudem im Verdauungstrakt oder in der Blutbahn zerstört würden, braucht es dafür ein spezielles Transportmittel – ein Vehikel, dass CRISPR/Cas9 direkt ins Zellinnere schleust.

Nanopartikel statt Viren

Bisher nutzen Wissenschaftler zu diesem Zweck vorwiegend Viren. Doch die Methode hat einen Nachteil: Das körpereigene Immunsystem kann Antikörper gegen die für den Transport genutzten Erreger haben oder entwickeln und einen Einsatz dann unmöglich machen. Hao Yin vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge und seine Kollegen haben deshalb nun einen neuen Vehikel-Typ erprobt: Nanopartikel in Form von kleinsten Fetttröpfchen.

In einer Hülle aus diesen Partikeln verpackte das Team beide Bestandteile der Genschere: die sogenannte Führungs-RNA, die das eigentliche Werkzeug zur richtigen Stelle im Genom führt, und eine für das Schneide-Enzym Cas9 codierende RNA. Die so beladenen Vehikel injizierten die Forscher anschließend Mäusen mit einem Defekt in dem in Leberzellen vorkommenden Gen Pcsk9. Eine Mutation in diesem am Fettstoffwechsel beteiligten DNA-Abschnitt kann beim Menschen zu einem krankhaft erhöhten Cholesterinspiegel führen.

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Erfolgreich angedockt

Spezielle Rezeptormoleküle in der Membran der Fetttröpfchen sollten sicherstellen, dass die Vehikel an die Zellen in der Leber andocken und ihren Inhalt ins Zellinnere abgeben. Doch würde die Genschere durch die Fettmembran geschützt wirklich sicher durch die Blutbahn zu den Zellen gelangen? Offenbar ja: Nach nur einmaliger Injektion hatte CRISPR/Cas9 den Fehler in rund 80 Prozent der Leberzellen permanent korrigiert, wie die Wissenschaftler berichten. Als Folge sank der Cholesterinspiegel der behandelten Nager im Schnitt um 35 Prozent – ein großer Erfolg.

„Das eigentlich Aufregende aber ist, dass wir zeigen, dass Nanopartikel für die Genreparatur bei ausgewachsenen Tieren genutzt werden können“, sagt Yins Kollege Daniel Anderson. Denn Nanopartikel werden zwar schon länger als mögliche Transportmittel für die Genschere diskutiert und auch erprobt. Bisher galten sie allerdings für einen medizinischen Einsatz als nicht ausgereift genug.

„Neue Wege der Gen-Editierung“

Die Wissenschaftler glauben, dass sich ihr neuer Ansatz nicht nur als wertvolles Werkzeug zur Editierung von Pcsk9 bewähren könnte. „Die Leber ist ein wichtiges Organ und gleichzeitig Quelle vieler auch genetisch mitbedingter Erkrankungen. Kann man die DNA der Leber umprogrammieren, können theoretisch viele dieser Krankheiten behandelt werden“, sagt Anderson. Auch in anderen Bereichen hat die Nanotechnologie dem Team zufolge das Potenzial, neue Wege der Gen-Editierung zu eröffnen. (Nature Biotechnology, 2017; doi: 10.1038/nbt.4005)

(Massachusetts Institute of Technology, 14.11.2017 – DAL)

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